Zum Hauptinhalt wechseln
ÖGB

Robert Schwarzbauer, Betriebsrat Radatz, und Erwin Kinslechner, Gewerkschaft PRO-GE

Kollektivvertrag

Gibt’s bald kein Schnitzel mehr?

Fleischer fordern höhere Löhne: „Arbeitgeber müssen endlich einlenken!“

„Mit der von den Arbeitgebern angebotenen Lohnerhöhung können wir uns in Zukunft nicht einmal mehr unsere eigenen Produkte leisten – keine Leberkässemmel und keine Knackwurst“, sagt Robert Schwarzbauer, Betriebsrat bei der Firma Radatz. Derzeit laufen die Kollektivvertragsverhandlungen für Fleischerwarenindustrie und Fleischergewerbe. Am 25. Juli wurde bereits die dritte Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgeber- und Gewerkschaft erfolglos abgebrochen. Der nächste Verhandlungstermin ist für 4. September angesetzt.

Arbeitgeber nicht bereit für Kompromisse

„Wir haben 13 Forderungen für bessere Mindeststandards formuliert, die von den Arbeitgebern kompromisslos abgeschmettert wurden. Sollte es auch bei der dritten Verhandlungsrunde keinerlei Entgegenkommen geben, steht ein Arbeitskampf im Raum“, so Schwarzbauer. Nach dem 25.7. wird es jedenfalls Betriebsversammlungen geben, bei denen alle MitarbeiterInnen über den aktuellen Stand der Dinge und die weitere Vorgangsweise informiert werden.

Erwin Kinslechner von der Gewerkschaft PRO-GE unterstützt die Fleischer in ihren Forderungen: „Betriebe müssen nicht nur in Maschinen und Hallen investieren, um Arbeitsplätze nachhaltig abzusichern. Sie müssen auch in Löhne und gute Arbeitsbedingungen investieren, um den Beruf für junge Menschen attraktiv zu machen."

Die wichtigsten Forderungen der Fleischer:

  • Eine Lohnerhöhung von 4 Prozent
  • Höhere Zuschläge für das Arbeiten ab der 10. Stunde (bzw. nach der 50. Stunde pro Woche)
  • Zuschläge für Arbeiten in extremen Temperaturen (Selcherei, Kühlhaus)
  • Bezahlte Pausen bei längeren Arbeitszeiten
  • Erhöhung der Lehrlingsentschädigung

Arbeitsbedingungen werden immer härter

Die Arbeitsbedingungen für die insgesamt 13.000 Beschäftigten in Fleischgewerbe und Fleischwarenindustrie werden zunehmend härter und es fehlt immer mehr an qualifiziertem Personal. Der Mindestlohn in der Fleischwarenindustrie liegt bei nur 1.500 Euro brutto, im Fleischergewerbe bekommen die MitarbeiterInnen sogar noch 100 Euro weniger – die Aufstiegsmöglichkeiten sind begrenzt. Starke Temperaturschwankungen, von über 30°C in der Selcherei bis zu -18°C im Kühlhaus, sind Arbeitsalltag und belasten die Gesundheit.

Dazu herrscht in der Produktion permanent Zeitdruck, das An- und Ausziehen von Schutzkleidung und die Einhaltung der hohen Hygienestandards kosten zusätzlich Zeit. „Die Verantwortung für die Qualität der Lebensmittel und die Einhaltung der Hygienestandards liegt ausschließlich auf den Schultern der ArbeitnehmerInnen", so der Radatz-Betriebsrat anlässlich der dritten Verhandlungsrunde am 25. Juli.

100 % Lebensmittelqualität für 1 % Lohnerhöhung ist uns zu wenig – damit es auch in Zukunft ein Schnitzel am Teller gibt, müssen die Arbeitgeber jetzt endlich einlenken!

Robert Schwarzbauer, Betriebsrat Radatz

Seit der Einführung des 12-Stunden-Tages unter der ehemaligen schwarz-blauen Bundesregierung sind auch Arbeitstage über 10 Stunden in der Branche keine Seltenheit – ganz im Gegenteil. Laut Kinslechner wird das längere Arbeiten in Spitzenproduktionszeiten von den MitarbeiterInnen erwartet: „Freiwilligkeit ist hier kein Thema. Früher gehen darf nur wer Pflege- oder Betreuungstätigkeiten hat und auch die Arbeitsunfälle häufen sich.“

ÖsterreicherInnen lieben ihr Schnitzel

Im Schnitt werden in Österreich pro Jahr 60 kg Fleisch pro Person gegessen. Trotz eines leichten Anstiegs an VeganerInnen und VegetarierInnen auf etwa 10 Prozent bleibt die Fleischproduktion relativ konstant. Das liegt auch am großen Anteil an Export, beispielsweise nach China. Die Vorlieben der ÖsterreicherInnen ändern sich allerdings schon. Während weißes Fleisch wie Geflügel immer beliebter wird, nimmt der Genuss von rotem Fleisch wie Rind oder Schwein etwas ab.