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HyejinKang

Last der Krise verteilt sich nicht auf alle gleich

Nach der Krise ist vor der Krise – vor allem für viele ArbeitnehmerInnen, die jetzt ihr Einkommen verlieren. Auch wenn Kurzarbeit viele vor dem Allerschlimmsten bewahrt, befeuern Krisen, wie die aktuelle, immer auch Verteilungs- und Einkommensungerechtigkeit. Niedrigverdienende trifft es also wieder einmal am härtesten - in einem wohlhabenden Land wie Österreich ist das besonders bitter. 

Update: 15. April

Während jene, die Homeoffice machen können, meist schon zu den besser Verdienenden gehören und in der Krise finanziell weniger einbüßen müssen, sind es die GeringverdienerInnen, die entweder ihren Job verlieren oder in Kurzarbeit gehen müssen und so erneut finanziell verlieren. Darüber berichtet auch der ORF in der ZIB2 am 14. April (verfügbar bis 21.4.2020)

Zahl der Haushalte, die mit sehr wenig auskommen müssen, seit Beginn der Krise gestiegen

Zu dieser Einschätzung kommen auch Fabian Kalleitner und David Schiestl vom Institut für Wirtschaftssoziologie der Uni Wien nach einer Umfrage in der Frühphase der Corona-Krise. Wie sich herausstellte, sind die bisherigen Einkommenseinbußen ungleich verteilt. Die Zahl der Haushalte, die mit sehr wenig auskommen müssen, ist seit Beginn der Krise gestiegen.

Die, die vor der Krise schon wenig hatten, haben jetzt noch weniger. Die Haushalte, die mit maximal 1.100 Euro im Monat auskommen müssen, sind seit der Krise gestiegen. Damit trifft die Krise vorläufig vor allem die Personen am härtesten, die schon vor der Corona-Krise wenig Einkommen hatten.

Sozial Schwächere trifft es härter

Studien Co-Autorin der Uni Wien, Christine Zulehner, die über die Arbeitssituation von ÖsterreicherInnen seit der Corona -Krise geforscht hat, findet es auch gesellschaftlich durchaus relevant, wie sich die Krise auf Menschen auswirkt, "weil es ja in gewisser Weise nicht fair ist und man als Gesellschaft schauen sollte, dass man bei etwas, das alle unverschuldet trifft, einen Ausgleich schaffen kann." Etwa, dass das Arbeitslosengeld an die Entlohnung der Kurzarbeit angepasst wird. Die Krise werde jedenfalls langfristige Folgen haben, so die Co-Autorin.

Bildung wird mit der Krise noch stärker vererbt

Krise trifft vor allem die Personen am härtesten, die schon vor der Corona-Krise wenig Einkommen hatten.

Homeoffice korreliert stark mit der Bildung. "Für diese Haushalte könnte es daher leichter sein, die Kinderbetreuung zu organisieren. Das wiederum könnte den Bildungsunterschied weiter vergrößern", erklärt Zulehner, denn Bildung würde in Österreich weiterhin vererbt. "Akademikerkinder ergreifen eher einen akademischen Beruf – das könnte sich verschärfen."

Forderung nach Millionärssteuer

Zur Finanzierung der Krise – aber nicht nur – sollen genau deshalb auch Reiche ihren Beitrag leisten. Die Rufe nach einer Millionärssteuer wurden daher Mitte April erneut lauter. Während Vizekanzler Werner Kogler einen „rigorosen Beitrag von Millionen- und Milliardenerben“ forderte, hat attac eine Reichensteuer von bis zu 60 Prozent vorgeschlagen. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian betonte bereits Ende März, dass jene mit dem ganz großen Vermögen auch einen ganz großen Beitrag leisten müssen.

ÖGB-Community mit klarer Position

Bei einer Befragung der ÖGB-Facebook-Community sagen auf die Frage „Soll zur Finanzierung der Corona-Krise eine Millionärssteuer eingeführt werden?“ 91 Prozent und damit neun von zehn Personen „Ja“. Neun Prozent verneinen die Frage. 

Toni M. unterstützt die Forderung des ÖGB nach einer Reichensteuer eindeutig. In den Kommentaren schreibt er: „Schon lange überfällig! Und die ausländischen Großkonzerne mehr zu Kasse bitten. Sie versteuern fast gar nichts in Österreich! Google, Facebook, Amazon und so weiter.“

Auch Daniela S. spricht sich für eine Millionärssteuer aus, allerdings „Nicht nur zur Corona-Krise“. Derselben Meinung ist auch Philipp B.: „Ja, aber nicht nur zur Finanzierung der Corona-Krise (die ja irgendwann wieder vergeht; hoffentlich).“ Christian S. meint, es „würde schon viel bringen, wenn die Reichen ihre Steuerschulden bezahlen müssten“.

Vermögensverteilung in Österreich ungerecht

Ewald E. unterstreicht die Forderung nach einer Millionärssteuer mit der ungerechten Verteilung von Vermögen in Österreich: „Längst überfällig! Derzeit besitzt allein das reichste Prozent im Land über 40 Prozent des Gesamtvermögens Österreichs (ca. 535 Milliarden Euro), während sich die unteren 50 Prozent zusammen mit nur etwa 2,5 Prozent zufriedengeben müssen. Vermögensverteilung in Österreich: www.verteilung.at/#/vermoegen-besitz“.

Kostas B. kritisiert in seinem Kommentar das kapitalistische System insgesamt: „Die Tatsache, dass der Anlass für die eigentliche und immanente Einführung von fairen und angebrachten steuerlichen Maßnahmen eine Pandemie und 300 Todesfälle war, zeigt wie unmenschlich und barbarisch das wahre Gesicht von Kapitalismus ist.“Erben ist keine Leistung

 

Ablehnende Kommentare sind bei dieser ÖGB-Umfrage auf Facebook kaum zu finden. Selbst wenn z. B. Hannes K. vorschlägt, mit den Steuern in die Breite zu gehen, also Steuern alle treffen sollen, um die Krise finanzieren zu können, werden Gegenargumente vorgebracht. David S., entgegnet, dass das absolut nicht notwendig sei, wenn wir große Vermögen und Konzerne entschlossen in die Pflicht nehmen.“

Und, dass Erben keine Leistung ist, stellt schließlich auch Helmut R. klar: “Bevor manche wieder in Versuchung kommen, die wirklich Reichen zu beschützen, bitte nicht vergessen: Erben ist keine Leistung!