Zum Hauptinhalt wechseln
ÖGB/ AKhodi-adobe.stock.com

Die ungenutzte Steuerquelle

„Wirtschaftspolitischer Mumpitz“, „Unintelligent, anachronistisch und ein europäisches Auslaufmodell“, „Wäre das völlig falsche Signal!“ – das sind nur drei Aussagen, mit denen die Finanzminister der vergangenen zwanzig Jahren, die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer beim Thema „vermögensbezogene Steuern“ in Österreich die Stopp-Taste gedrückt haben. Zugleich haben WirtschaftsvertreterInnen vielfach argumentiert, dass vermögensbezogene Steuern Österreich in den finanziellen Abgrund reißen würden. Doch die Analyse zeigt: Das stimmt nicht. 

Paradies für Reiche 

Ein weltweiter Vergleich macht sicher: Im Ranking der 37 OECD-Mitgliedstaaten ist Österreich bei der Besteuerung von Vermögen unter den Schlusslichtern. Lediglich 1,3 Prozent des gesamten Steuereinkommens kommen aus vermögensbezogenen Steuern. Nur in Estland, Litauen und der Slowakei ist es noch weniger. 

Verglichen mit den Top 3 in dieser Liste entpuppt sich Österreich regelrecht als „Steueroase“. In Großbritannien, den USA und Kanada zahlen vermögende BürgerInnen einen bis zu neunmal höheren Beitrag zum Gesamtsteueraufkommen als bei uns. Auch in Frankreich, der Schweiz oder Spanien werden Vermögen nicht verschont. 

Würde Österreich seine vermögensbezogenen Steuern auf den OECD-Schnitt von 5,5 Prozent anheben, könnte das pro Jahr bis zu fünf Milliarden Euro ins Budget spülen. 

Mythen entzaubert  

Gegner der Besteuerung von privatem Reichtum trommeln stets dieselben Argumente, warum Österreich die Finger von Vermögenssteuern lassen sollte: Neue Steuern würden „die Mittelschicht“ belasten, dem Standort schaden und Arbeitsplätze vernichten. So weit, so falsch. 

Richtig ist nämlich: Beschließt der Staat, ab einem Besitz oder einer Erbschaft von einer Million Euro Steuern einzuheben, treffen diese nur vier bis fünf Prozent aller Haushalte in Österreich. Von „Mittelschicht“ kann also keine Rede sein. 

Wenig zu befürchten hat auch der Wirtschaftsstandort. Denn „nicht die Unternehmensvermögen sollen besteuert werden, sondern nur private Vermögen“, erklärt Georg Kovarik, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft im ÖGB. „Sind Vermögenssteuern zudem mit großzügigen Freibeträgen ausgestattet, treffen sie kleinere und mittlere VermögensbezieherInnen nur geringfügig.“ 

"Trotz Vermögenssteuer gibt es dort weder Kapitalflucht noch Massenabwanderung." Georg Kovarik, ÖGB-Chefökonom

Auch ein Blick in die Schweiz zeige, so Kovarik: „Trotz Vermögenssteuer gibt es dort weder Kapitalflucht noch Massenabwanderung.“ Zudem sei von Österreich aus „das Ausweichen auf Länder mit noch günstigeren steuerrechtlichen Bestimmungen für Vermögen schwer möglich. Außerdem besteht ein großer Teil vieler Vermögen aus Immobilien – und diese sind nun einmal nicht mobil“, so der ÖGB-Chefökonom. 

Und die Arbeitsplätze? Angesichts der Tatsache, dass Arbeit in Österreich mit Steuern und Abgaben extrem hoch belastet ist, hätte eine Verschiebung des Steuerbeitrags vom Faktor Arbeit auf Vermögen sogar positive Wettbewerbseffekte, ist Kovarik überzeugt. 

Tax the Rich 

Während Österreich ein Steuer-Eldorado für Menschen mit Vermögen ist, gibt es in den USA eine Gegenbewegung. „Besteuert uns stärker“, ist der Aufruf von über 20 Milliardären in den USA. Sie wollen damit die Chancenungleichheit verkleinern. Derartiges ist in Österreich nicht zu hören – zumindest noch nicht.