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Barrieren in den Köpfen abbauen

Die aktuelle Arbeitslosenstatistik zeigt, dass neben der Anzahl an älteren Arbeitslosen erneut auch die Arbeitslosigkeit der Menschen mit Behinderung gestiegen ist. Anlässlich des Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember hat oegb.at mit Julia Moser von der Jobvermittlungsplattform „myAbility“ über Ängste, Hürden und Vorurteile zum Thema Behinderung am Arbeitsplatz gesprochen.

oegb.at: Warum zögern so viele Arbeitgeber, Menschen mit Behinderung einzustellen?

Moser: Hier gibt es viele unbegründete Vorurteile und Ängste seitens der Arbeitgeber. Man befürchtet kostspielige Umbaumaßnahmen und komplizierte Ansprüche. Oft wird angenommen, dass Menschen mit Behinderung häufig krank sind und ihre Arbeit schlecht oder zu langsam machen. Dazu kommt oft die Unsicherheit, dass man sie aufgrund des Kündigungsschutzes “nicht mehr los wird“.

Julia Moser, Senior Director bei myAbility - Jobvermittlungsplattform mit Schwerpunkt auf Stellenausschreibungen für Menschen mit Behinderung (Fotocredit: myAbility/Renée Del Missier)

Was entgegnen Sie den Arbeitgebern?

Studien zeigen, dass inklusive Teams innovativere und kreativere Lösungen erzielen. Der offene Umgang mit dem Thema Behinderung wirkt sich insgesamt positiv auf die Unternehmenskultur aus – die Mitarbeiterzufriedenheit steigt. Auch die Produktivität steigt, wenn MitarbeiterInnen ihre Behinderung offen zeigen und allfällige Anforderungen an den Arbeitsplatz offen kommunizieren können. Wichtig ist das Potential der Menschen wahrzunehmen, gemeinsame Berührungspunkte zu schaffen und sich von althergebrachten Gedankenmustern zu lösen. 

Wie sieht es aus mit Kündigungsschutz und Kosten für den Arbeitgeber?

Beim Kündigungsschutz haben viele Arbeitgeber falsche Informationen. Erstens greift der Kündigungsschutz nämlich erst vier Jahre nach Einstellung einer oder eines neuen MitarbeiterIn und zweitens ist eine Kündigung unter Vorliegen gewisser Kündigungsgründe nach wie vor möglich. Zusätzlich gibt es finanzielle Anreize für Betriebe, die Menschen mit Behinderung einstellen. Die Betriebe zahlen dann keine Ausgleichstaxe und es gibt weiters Förderungen für Arbeitsplatzadaptierungen oder beispielsweise Gebärdensprachdolmetschung.

Behindert ist man nicht - behindert wird man.


Welche Bewerbungstipps haben Sie für Menschen mit Behinderung?

Wichtig ist, die fachliche Eignung den Vordergrund zu stellen, und die eigene Behinderung nur kurz und sachlich zu erwähnen. Unbedingt gleich am Anfang erklären, welche Unterstützung gebraucht wird, um produktiv arbeiten zu können. Die Kosten für viele benötigte Anpassungen werden beispielsweise vom Sozialministeriumservice übernommen. 

Bei der Vorbereitung des Bewerbungsgesprächs und bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen am besten von ExpertInnen beraten lassen, wie beispielsweise beim ÖGB Chancen Nutzen Büro oder von NEBA, dem Netzwerk für berufliche Kompetenz. Wichtig ist dabei, sich von den positiven Erfahrungen anderer ermutigen zu lassen.

Job-Vermittlungsplattformen wie myAbility zu nutzen, ist immer eine gute Idee, da Unternehmen hier ihre Stellenausschreibungen gezielt an Jobsuchende mit Behinderung richten.

Der ÖGB fordert:

  • Rücknahme der Verlängerung der Warteizeit zum Kündigungsschutz im Behinderteneinstellungsgesetz.
  • Änderung der Ausgleichstaxe im Behinderteneinstellungsgesetz. Diese muss die Höhe durchschnittlicher Lohnkosten erreichen, damit es für Unternehmen unattraktiv wird, sich mittels Taxe der Beschäftigung Behinderter zu entziehen.
  • Senkung der Voraussetzungen für die Einstellungspflicht für begünstigte Behinderte von derzeit 25 auf 20 DienstnehmerInnen
  • Stärkung der Behindertenvertrauensperson