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©Beatrix Boros/Stocksy - stock.adobe.com

Ein gutes Leben für alle, nicht nur für wenige

Auf Reisen gehen, genug Zeit für Hobbys und Familie haben oder einfach in einem schönen Zuhause entspannen – so stellen sich viele ArbeitnehmerInnen ihre Zukunft im Alter vor. Für viele bleibt aber ein solches Szenario oft leider nur eine Traum. Sie müssen schauen, wie sie über die Runden kommen, und sparen, um unerwartete Rechnungen zu bezahlen und die Wohnung angemessen heizen zu können. Besonders betroffen sind Frauen, wie zum Beispiel die 70-jährige Helene P. Deshalb setzt sich der ÖGB für ein gutes, selbstbestimmtes und unabhängiges Leben in allen Lebensphasen ein. Um Altersarmut und massive Ungleichheit zu verhindern, müssen alle arbeitsmarkt- und frauenpolitischen Maßnahmen viel früher in Gang gesetzt werden. 

Aus Arbeitslosigkeit in Pension

Bis auf zwei Unterbrechungen hat Helene ihr ganzes Leben lang gearbeitet, aufgrund von Kinderbetreuungspflichten jedoch viele Jahre nur in Teilzeit. Dass sie kurz vor ihrer Pension ihren Job verlor, führte dazu, dass sie aus der Arbeitslosigkeit in die Pension ging, die Pensionshöhe sich deutlich verringerte und sie heute zu der Gruppe Frauen zählt, die besonders von Altersarmut bedroht sind. „Ich habe schon immer gerne gelesen, aber heute kann ich mir nur selten ein neues Buch leisten. Das erinnert mich stark an die Zeit, als meine Kinder klein waren und ich jeden Cent sparen musste, um ihnen ab und an eine Freude machen zu können und ihnen die Möglichkeit zu bieten, an Schulausflügen teilzunehmen“, erzählt Helene im Gespräch mit der „Solidarität“.

Auch heute bleiben Frauen auf einem Großteil der unbezahlten Arbeit sitzen, wie etwa Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Haushalt. Aus diesem Grund gehen viele nur einer Teilzeitbeschäftigung nach - mit finanziellen Auswirkungen auf ihr Einkommen und die spätere Pension. 80 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten sind weiblich.

Von armen und reichen Eltern

Wenn ein Kind auf die Welt kommt, kann es sich nicht aussuchen, in welches Land, in welche Familie und in welche finanziellen Verhältnisse es hineingeboren wird. Um ein gutes Leben führen zu können, braucht es daher von Anfang an gleiche Chancen – sei es in der Bildung, in der Gesundheit oder am Arbeitsmarkt. Die Realität sieht jedoch anders aus: Die Bildung eines Kindes hängt nach wie vor wesentlich vom Bildungsniveau und vom Einkommen der Eltern ab. Sind die Eltern wohlhabend, haben auch die Kinder eine bessere Chance auf Bildung und einen guten Start ins Leben.

Helene hat immer zu den NiedrigverdienerInnen gezählt. Ihre familiäre und finanzielle Situation wäre viel einfacher gewesen, wenn ihre Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Gratis-Kinderbetreuungsplatz gehabt hätten. Zum einen hätte sie Vollzeit arbeiten und somit mehr Geld verdienen können, zum anderen hätten ihre Kinder die gleichen Startvoraussetzungen wie alle anderen gehabt.

Unfaire Arbeitswelt

Gute Startvoraussetzungen und Bildungschancen sind nicht nur in ganz jungen Jahren enorm wichtig, sondern vor allem auch im jungen Erwachsenenalter. Ein Schulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung verringert das Risiko, später arbeitslos zu werden. Denn der Start ins Berufsleben gestaltet sich ohnehin oft sehr holprig. Viele junge Menschen werden in prekäre Arbeitsverhältnisse und unbezahlte Praktika gedrängt – einen fixen Arbeitsvertrag gibt es anfangs oft nicht.

Außerdem wird man im Berufsleben immer wieder mit Diskriminierungen aufgrund von Alter, Geschlecht, Behinderungen, sexueller Orientierung oder Nationalität konfrontiert. Das beginnt oft schon damit, dass BewerberInnen gar nicht erst zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden, und endet damit, dass man seinen Job an jemand Jüngeren verliert. Diese Erfahrung musste auch Helene machen: „Ich habe meine Arbeit immer gut und gerne gemacht. Warum ich gekündigt wurde, habe ich nie verstanden. Als ich erfuhr, dass ich durch eine viel jüngere Frau ersetzt worden war, hat mich das hart getroffen.“

"Ich muss immer darauf vorbereitet sein, dass die Waschmaschine oder der Fernseher repariert werden muss."

Helene P., Pensionistin

Ein Leben mit Sorgen

Statt der Kündigung hätte Helene Unterstützung gebraucht, um auch im Alter ein gutes Leben führen zu können. Denn ein gutes Leben im Alter ist nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass Krankheiten und Verletzungen ausbleiben. Im Alter gut leben können heißt viel mehr, genug Einkommen zum Leben zu haben, aktiv zu sein, sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Auch der Ort, an dem man wohnt, und die Möglichkeiten, die er bietet, sind bestimmend für die Lebensqualität im Alter. „Derzeit reicht meine Pension zwar aus, um die Miete zu bezahlen. Aber ich muss immer vorbereitet sein – darauf, dass die Waschmaschine repariert werden muss, der Fernseher nicht mehr funktioniert oder die Strom- und Mietkosten steigen. Das bereitet mir oft große Sorgen“, so Helene.

Wenn Wohnen zum Luxus wird

Sie ist aber nicht die Einzige, der die hohen Mietkosen Kopfzerbrechen bereiten. Eine Eigentumswohnung oder ein eigenes Haus können sich immer weniger Menschen in Österreich leisten und die Mietpreise sind innerhalb der letzten zehn Jahre um rund 35 Prozent angestiegen. Während die ÖsterreicherInnen vor einigen Jahren noch etwa ein Viertel ihres Einkommens für das Wohnen bezahlt haben, liegen die Kosten heute schon bei über einen Drittel – Tendenz weiter steigend. Die Suche nach einer passenden und vor allem leistbaren Wohnung wird immer schwieriger.

Die Mietpreise steigen und in Städten zu wohnen, ist für viele kaum mehr erschwinglich. Daher unterstützt der ÖGB die Europäische Bürgerinitiative "Housing for All", die mehr leistbaren Wohnraum für alle fordert.

Ziel des ÖGB

Ein gutes Leben für alle: Nichts weniger ist das Ziel des ÖGB. Dazu gehören vor allem Chancengleichheit und Selbstbestimmung für jeden Menschen in diesem Land. Notwendig dafür sind gute Ausbildungsmöglichkeiten, stabile Arbeitsverhältnissen, sichere Einkommen und Unterstützungsmaßnahmen für Menschen, die es am Arbeitsmarkt schwer haben, aber auch ein Ausbau und erleichterter Zugang zum sozialen Wohnbau – denn nur so können wir allen die gleichen Chancen für ein gutes Leben ermöglichen.