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ÖGB

Die Strahlkraft des einstigen „sozialen Familienunternehmens“ Swarovski ist laut Philip Wohlgemuth schon länger getrübt.

Kurzarbeit

Swarovski: Profitgier im Familienunternehmen

ÖGB-Tirol Vorsitzender Philip Wohlgemuth über die Hintergründe der Massenkündigungen beim Kristallkonzern

Das Traditionsunternehmen Swarovski hat angekündigt, 1.800 der gesamt 4.800 Beschäftigten in Tirol abzubauen. Während der Corona-Krise hatte Swarovski zwar Kurzarbeitsgelder in Millionenhöhe bezogen – zu Kündigungen kommt es jetzt trotzdem. Der ÖGB-Tirol Vorsitzende Philip Wohlgemuth berichtet über die Hintergründe. 

oegb.at: Seit gestern ist bekannt, dass 1.800 MitarbeiterInnen bei Swarovski in Tirol ihren Job verlieren werden. War das absehbar?

Philip Wohlgemuth: In diesem Ausmaß nicht. Die Anzahl der betroffenen MitarbeiterInnen wurde gestern ja quasi im Stundentakt erhöht – waren es in der Früh noch 200, waren es am Nachmittag bereits 1.200 und am späteren Abend 1.800 MitarbeiterInnen, die gekündigt werden sollen.

Die Strahlkraft des einstigen „sozialen Familienunternehmens“ ist allerdings schon länger getrübt. Am Standort Wattens in Tirol wurden in den letzten Jahren bereits einige Male Stellen abgebaut und mehrere Bereiche wie Finanzen oder Fertigung in andere Länder wie Liechtenstein und Polen ausgelagert. Diese Menge an Kündigung kommt aber für uns alle überraschend. 

Swarovski hat während der Corona-Krise Kurzarbeit beantragt, die ja eigentlich dazu dienen sollte, Kündigungen zu vermeiden. Wieso hat das in diesem Fall nicht funktioniert?

Swarovski hat Kurzarbeitszahlungen in Millionenhöhe vom Staat erhalten. Allerdings stand das Retten der Arbeitsplätze wohl weniger im Fokus als die Gewinnmaximierung, denn bei erster Gelegenheit nach Auslaufen der Kurzarbeit kam es zu Kündigungen.  

Auf der einen Seite Kurzarbeitsgelder in Millionenhöhe beziehen und als Dank MitarbeiterInnen auf die Straße setzen – das ist nicht in Ordnung.

Die Geschäftsleitung hat wohl bereits im Frühjahr Kündigungen geplant, die Corona-Krise aber dann noch schnell genutzt, um Kurzarbeitsgelder zu kassieren. Das ist moralisch höchst verwerflich. Die Profitgier war hier wohl stärker als die Sorge um die Zukunft der Beschäftigten.

Der ÖGB Tirol fordert daher jetzt die Rückzahlung der Kurzarbeitsgelder..

Genau. Die ArbeitnehmerInnen, die bei Swarovski in Kurzarbeit geschickt wurden, haben auf Teile ihres Lohnes verzichtet und gleichzeitig wurde ihnen falsche Hoffnung auf den Erhalt ihres Arbeitsplatzes vorgetäuscht. Dieses Vorgehen ist verantwortungslos und unverständlich.

Auf der einen Seite Kurzarbeitsgelder in Millionenhöhe beziehen und sich auf Kosten des Staates, also der SteuerzahlerInnen, sanieren, und als Dank MitarbeiterInnen auf die Straße setzen –  das ist einfach nicht in Ordnung! Kurzarbeitsanträge müssen hier genauer geprüft werden, damit Arbeitsplätze auch wirklich erhalten bleiben können.

Swarovski Kristallwelt in Wattens, Tirol

Welche Rolle spielt Swarovski als Arbeitgeber in Tirol?

Viele der betroffenen Arbeitskräfte sind bereits über 50 Jahre alt und haben nur mehr wenige Jahre bis zur Pension – teilweise sind sie seit ihrer Lehrzeit im Unternehmen beschäftigt. Das zählt für Swarovski anscheinend leider alles nicht . Die Infrastruktur am Standort Wattens wird immer mehr abgebaut und dafür in Billiglohnländer verlagert. Aber das Unternehmen hat auch eine soziale Verantwortung gegenüber seinen Beschäftigten und dem Land Tirol, das Swarovski immer unterstützt hat.

Wie kann man die betroffenen ArbeitnehmerInnen jetzt unterstützen?

Die Menschen stehen jetzt vor einer ungewissen Zukunft, gerade in dieser schwierigen Zeit. Wir sichern daher allen Beschäftigten als Gewerkschaft unsere vollste Unterstützung zu. Wir werden alles tun, um möglichst viele Arbeitsplätze erhalten zu können.

Betroffene ArbeitnehmerInnen im Gespräch mit dem ORF-Tirol: