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Corona-Pandemie trifft Frauen härter

Die Arbeitslosigkeit in Österreich hat aufgrund der Corona-Pandemie einen neuen Rekordwert erreicht. Mit Anfang Mai sind in Österreich über eine halbe Million Menschen arbeitslos. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) beschrieb kürzlich in einer aktuellen den aktuellen wirtschaftlichen Einbruch in Österreich als historisch nahezu einzigartig – seit Beginn der Zweiten Republik sind die Arbeitslosenzahlen hierzulande nicht mehr so hoch gewesen. Im Gegensatz zur Wirtschaftskrise 2008/2009, wo die Arbeitslosigkeit in erster Linie Geringqualifizierte und den männerdominierten Produktionssektor traf, sind jetzt laut WIFO allerdings vor allem die frauendominierten Branchen und hochqualifizierte Arbeitnehmerinnen betroffen.

Stille Heldinnen des Alltags

Zwei Drittel der unbezahlten Arbeit wurden bereits vor Corona von Frauen erledigt, und bezahlte Arbeit wird bei Frauen nach wie vor als „Zuverdienst-Job“ gesehen, während Männer oft als „Ernährer“ der Familie gelten. Diese Ungleichheiten haben sich während der Corona-Krise weiter verstärkt, berichten auch Volkswirtin Katharina Mader und Politikwissenschafterin Birgit Sauer gegenüber Ö1. Aktuelle Umfragen bestätigen das: Drei Viertel aller befragten Frauen befürchten aufgrund von Corona berufliche Verschlechterungen, und ihre Lebenszufriedenheit ist weit drastischer gesunken als die der Männer. Ein Viertel aller Eltern blickt jetzt schon sorgenvoll auf die kommenden Sommerferien, da sie nicht wissen, wie die Kinderbetreuung bewerkstelligt werden soll.

Weniger Einkommen, dafür mehr unbezahlte Arbeit 

Eine aktuelle deutsche Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung warnt ebenfalls davor, dass sich Geschlechterungleichheiten weiter verfestigen.

27 Prozent der Frauen hätten laut Studie während Corona ihre Arbeitszeit reduziert, um die Kinderbetreuung zu stemmen, allerdings nur 16 Prozent der Männer. Bei Haushalten mit geringerem oder mittlerem Einkommen sei die Diskrepanz noch größer.

Die ökonomischen Folgen der Krise wären laut Studie noch länger spürbar und somit könne eine Rückkehr zur vorherigen Arbeitszeit unter Umständen für Frauen nicht möglich sein. Das hätte drastische langfristige Folgen für das Erwerbseinkommen von Frauen.

"Die Politik darf Frauen nicht alleine lassen”

Insgesamt haben aufgrund der Corona-Pandemie zwar mehr Männer ihren Job verloren – der Beschäftigungsrückgang betrifft aber vor allem frauendominierte Branchen wie Tourismus, Gastronomie und persönliche Dienstleistungen. „Die Politik ist jetzt gefragt, Frauen bei den Maßnahmen zur Bewältigung der Krise stärker zu berücksichtigen und sie mit der Situation nicht alleine zu lassen“, fordert ÖGB-Vizepräsidentin und –Frauenvorsitzende Korinna Schumann.

Wir dürfen nicht zulassen, dass sich aufgrund von Corona die Lohnschere wieder weiter öffnet, weil Frauen überproportional betroffen sind.

Korinna Schumann

Korinna Schumann fordert daher dringend die Wiedereinführung der Verwendung von 50 Prozent des AMS-Förderbudgets für Frauen und eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent der Nettoersatzrate im Zuge des von den Sozialpartnern geforderten umfassenden Arbeitsmarktpakets.

AMS-Förderbudget für Frauen:
Bis 2019  wurde vom Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz jahrelang die explizite Vorgabe an das Arbeitsmarktservice (AMS) formuliert, zumindest 50 Prozent der arbeitsmarkpolitischen Fördermittel für Frauen zu verwenden.

Damit wollte man folgende Ziele erreichen:

  • Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen
  • Reduktion der Frauenarbeitslosigkeit
  • Verringerung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern
  • gleicher Zugang zu allen Berufen und Positionen mit dem Ziel einer existenzsichernden Beschäftigung

​Unter der ehemaligen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) wurde diese Förderung abgeschafft.

Geschlechterungleichheiten verschärfen sich

Während Kinderbetreuung in Österreich grundsätzlich tendenziell nach wie vor Frauenarbeit ist, hat die abrupte Schließung der Betreuungs- und Bildungsinstitutionen aufgrund von Corona die Geschlechterungleichheit weiter verschärft, unterstreicht das WIFO. Die häusliche Verantwortung liegt aktuell in erster Linie bei den Frauen.

Auch die UN-Frauenorganisation bestätigt, dass das wirtschaftliche und soziale Leben von Frauen durch die Corona-Krise überproportional und lanfristigbeeinträchtigt wird – weltweit verdienen Frauen weniger, haben weniger sichere Arbeitsplätze, sind eher im informellen Sektor beschäftigt und bilden die Mehrheit der Alleinerziehenden. Die UN fordert  daher, die Pandemie dürfe die ohnehin begrenzten Fortschritte der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht wieder rückgängig machen.

„In der Not wird Gleichstellung hintangestellt“, betonte auch Ulrike Zartler, Familiensoziologin an der Universität Wien, kürzlich gegenüber den Salzburger Nachrichten:  „Frauen stecken zurück, damit das Familienleben überhaupt irgendwie funktioniert.“ und auch Katharina Mader, Gender-Ökonomin an der Wirtschaftsuniversität Wien, erklärt: „Gleichstellung wird als Luxusproblem angesehen, Frauenrechte müssen warten.“

Frauen halten Gesellschaft in der Krise am Laufen

Dabei hätte  die Versorgung der Menschen in Österreich während der Corona-Krise ohne den Einsatz von Frauen kaum aufrechterhalten werden können. Rund 70 Prozent der Beschäftigten in systemrelevanten Branchen wie dem Handel, dem Pflege- und Gesundheitsbereich und der Produktion sind weiblich. Die Bezahlung in diesen Branchen ist allerdings meist schlecht und die Beschäftigten erhalten nicht die Wertschätzung, die sie verdienen. Dazu kommen noch Kinderbetreuung und Bildungsarbeit, die großteils Frauen leisten.

 „Wir stünden jetzt vor einem Kollaps, wenn Frauen diese Jobs an vorderster Front nicht wahrnehmen würden. Gerade Frauen haben mehr als nur ein danke verdient. Gerade in dieser schwierigen Zeit, wäre eine finanzielle Anerkennung durch den Corona-Tausender für alle Frauen eine wichtige Unterstützung“, so die ÖGB-Vizepräsidentin.

Unterstütze jetzt die Corona-Tausender-Petition.