Krisenprofiteure
Banken schreiben Rekordgewinne
Die schnellsten und stärksten Zinserhöhungen in der Zweiten Republik werden kaum an Sparer:innen weitergegeben. Kreditzinsen steigen jedoch sofort.
Österreichs Banken schreiben bereits das zweite Jahr in Folge unglaubliche Rekordgewinne. 2022 betrug der Jahresgewinn 10,2 Mrd. Euro und damit um über 4 Mrd. mehr als im Vorjahr. Das Jahr 2023 scheint die Kassen noch stärker klingeln zu lassen: Alleine in den ersten drei Quartalen 2023 wurde mit 11,5 Mrd. Euro der Rekordwert aus 2022 noch einmal übertroffen. Möglich machen das die hohen Zinsen, mit denen die Europäische Zentralbank (EZB) die Teuerung bekämpfen will. Banken nützen das derzeitige Zinsumfeld beinhart aus, unter anderem, indem sie Kreditzinsen sofort, Zinsen für Sparer:innen aber nur in Schneckentempo anheben. Österreichs Banken zählen somit zu den Krisengewinnern. Diese Übergewinne müssen abgeschöpft werden, außerdem muss eine faire Weitergabe der Sparzinsen sichergestellt werden.
Ein Rekordgewinn jagt den nächsten
Ab Mitte Juli 2022 erhöhte die EZB schrittweise die Zinsen – und das so schnell und stark wie noch nie zuvor in Österreich seit Beginn der zweiten Republik. In der Folge stiegen die Gewinne der österreichischen Banken 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast zwei Drittel. Auch gegenüber dem Vorkrisenniveau (Durchschnitt 2015 bis 2019: 6,1 Mrd. Euro) ist ein Anstieg um zwei Drittel zu beobachten. Doch damit nicht genug: Kürzlich wurden die Gewinn-Zahlen der Banken für die ersten drei Quartale 2023 von der Oesterreichischen Nationalbank veröffentlicht, die darauf hindeuten, dass das Rekordjahr 2022 noch weiter übertroffen wird. Mit 11,5 Mrd. Euro machten die Banken in einem Dreivierteljahr bereits mehr Gewinn als im gesamten Rekordjahr 2022.
Die Profite steigen außerdem nicht nur in absoluten Werten, also beispielsweise, weil mehr investiert wurde. Auch die Profitabilität – also der Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Kapital („Return on Assets“) – steigt. Diese Kennzahl für Profitabilität hat sich in den ersten drei Quartalen 2023 im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt (2004 bis 2022: 0,56 Prozent) mehr als verdoppelt und betrug zuletzt 1,35 Prozent. Auch die Nationalbank kam in einer Analyse, die im zuletzt veröffentlichen Finanzmarktstabilitätsbericht erschien, für das erste Halbjahr 2023 auf ein ähnliches Ergebnis.
Wie entstehen die Gewinne?
Im Wesentlichen haben Österreichs Banken die rasant gestiegenen Zinsen auf zwei Wegen in höhere Profite umgemünzt. Einerseits werden die Zinsen an Kreditnehmer:innen und an Sparer:innen unterschiedlich schnell weitergegeben. Zinsen für variable sowie für neu vergebene Kredite werden sofort angehoben, Sparzinsen jedoch nur zögerlich und verspätet oder müssen erst von den Kunden und Kundinnen mühevoll verhandelt werden. Die größer gewordene Zinsspanne, also der Unterschied zwischen den Einnahmen durch die Kreditvergabe und den Ausgaben für Spareinlagen beschert den Banken einen hohen zusätzlichen Gewinn.
Andererseits erhalten die Banken für das Geld, das sie bei der EZB täglich verfügbar und risikolos anlegen mittlerweile vier Prozent an Zinsen. Haushalte erhalten für täglich fällige Einlagen zuletzt durchschnittlich 1,04 Prozent, also gerade einmal ein Viertel. Auch diese Zinsdifferenz trägt zu den Rekordgewinnen bei. Dabei handelt es sich im Endeffekt um eine Subvention an die Banken durch den Staat (via Nationalbank).
Außerdem tragen auch die höheren Bankgebühren zur enormen Gewinnentwicklung bei: Diese wurden seit Mitte 2021 um über 26 Prozent angehoben. Das spiegelt sich auch in den Daten der Oesterreichischen Nationalbank wider. Das Provisionsergebnis der österreichischen Banken legte 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 2,1 Mrd. Euro beziehungsweise um 25 Prozent zu – im Vergleich zum Vorkrisendurchschnitt (2015 bis 2019) sogar um rund 3 Mrd. Euro bzw. um 42 Prozent.
Bankengewinne: Zuwachs auch im europäischen Vergleich im Spitzenfeld
Schon für sich gesehen ist es höchst problematisch, dass von der Krise profitierende österreichische Banken enorme Gewinnsteigerungen aufweisen, während viele Menschen angesichts der Teuerung nicht wissen, wie sie ihre Miete, Lebensmittel oder Energierechnung bezahlen sollen. Aber auch im europäischen Vergleich stechen die Gewinne heraus. Bei den Gewinnen der ersten drei Quartale 2023 liegen die heimischen Banken im Vorjahresvergleich mit plus 6,5 Mrd. Euro auf dem dritten Platz in der gesamten Eurozone. Nur in Deutschland und Italien konnten die Banken noch höhere Gewinnsteigerungen in absoluten Werten verbuchen. Aber auch wenn man die Veränderung in Prozent zum Vorjahresgewinn oder die Gewinnsteigerungen in Prozent der Bilanzsumme betrachtet, ändert sich wenig – Österreichs Banken spielen in Europa unter den Krisenprofiteuren ganz vorne mit.
Die Mär vom Eigenkapitalaufbau der Banken als Argument gegen eine Übergewinnsteuer
Nicht alle sehen die Krisengewinne der Banken als problematisch an. Vor allem einer Besteuerung der Übergewinne stehen viele kritisch gegenüber und oft wird das Eigenkapital der Banken als Argument gegen eine solche Steuer herangezogen: Wenn man die Finanzinstitute um ihre hohen Gewinne bringt, nimmt man ihnen die Möglichkeit damit Eigenkapital aufzubauen. Das Argument lässt sich aber leicht mit den vorhandenen Daten zum Eigenkapitalaufbau entkräften.
Einerseits zeigt der AK-Dividendenreport, dass zumindest die Rekordgewinne des Jahres 2022 nicht einbehalten wurden, um die Banken krisenfester zu machen, sondern in Form von ebenfalls rekordverdächtigen Dividenden an die Eigentümer:innen ausgeschüttet wurden. Im Jahr 2023 (in dem die Gewinne des Jahres 2022 ausgeschüttet wurden) fanden sich auf Platz 3, 4 und 5 der höchsten Dividendenzahlungen von ATX-Unternehmen an Österreichs Börse drei Bankinstitute. Andererseits zeigen Daten der Oesterreichischen Nationalbank, dass Österreichs Banken im Jahr 2023 ihr Eigenkapital kaum merklich erhöht haben.
Österreichs hoher Anteil an variabel verzinsten Krediten: Gut für die Banken, schlecht für Häuslbauer und die Stabilität des Finanzsystems
Stark steigende Kreditzinsen sind vor allem für jene Kreditnehmer:innen ein Problem, die einen (zumindest teilweise) variabel verzinsten Kredit aufgenommen haben, beispielsweise um ein Haus zu finanzieren. Aber auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht können die (nur für Banken erfreulichen) Zinssteigerungen ein Problem darstellen. Denn kommen zu viele Kreditnehmer:innen in Zahlungsnot und können ihre Kredite nicht mehr bedienen, kann dies im schlimmsten Fall das gesamte Finanzsystem gefährden. Derzeit haben rund 500.000 Haushalte einen variabel verzinsten Immobilienkredit.
Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) erarbeitet regelmäßig Empfehlungen für Österreichs Bankenhüter und hat bereits im März 2022 darauf hingewiesen, dass der hohe Anteil variabel verzinster Wohnbaukredite in Österreich bei steigenden Zinsen problematisch ist. Österreichs Banken haben sich davon allerdings nicht beirren lassen. Der Anteil der variabel verzinsten Kredite am Neugeschäft stieg sogar an – von zwischen 30 und 40 auf über 50 Prozent. Zwischen März 2022 und Dezember 2023 wurden insgesamt bis zu 22,3 Mrd. Euro an variablen Wohnbaukrediten vergeben.
Maßnahmen nach Bankengipfel? Fehlanzeige
Im August 2023 wurde von Finanzminister Brunner ein Bankengipfel einberufen, der aber wohl eine reine PR-Maßnahme war. Für Kreditnehmer:innen gab es gerade einmal das vage Bekenntnis des Bankensparten-Obmanns der WKO in „Härtefällen ein Jahr lang keine Mahn- und Verzugszinsen in Rechnung zu stellen“ und „potenziell“ Stundungen einzuräumen. Außerdem kam ein von Finanzminister Brunner angekündigtes Zinsvergleichsportal der Oesterreichischen Nationalbank, das es aber dank Arbeiterkammer bereits im Vorhinein gab. Ansonsten passierte seit dem vor über einem halben Jahr stattfindendem Gipfel nichts. Die Ankündigung von Brunner, dass der Staat über die Bundesfinanzierungsagentur wieder Bundesschatzscheine anbietet, wurde bis heute nicht umgesetzt. Bis 2020 konnte man nämlich direkt vom Staat spesenfrei kurzfristige festverzinsliche Wertpapiere (Bundeschatzscheine) zu einem fixen Zinssatz erwerben. Die Idee dahinter: Mit der Reaktivierung der Bundesschatzscheine würden die Banken Konkurrenz erhalten und in der Folge die Zinsen für täglich fällige Anleihen und Sparprodukte anheben müssen, um nicht Einlagen Richtung Bundesschatzscheine zu verlieren. Von diesem durchaus zu begrüßenden Vorschlag war seither allerdings nichts mehr zu hören.
Unsere Forderungen:
Es ist höchste Zeit für die Bundesregierung endlich Maßnahmen zu setzen, um von Krisenprofiteuren einen gerechten Beitrag einzufordern. Deshalb braucht es eine
- Weitergabe der EZB-Leitzinserhöhungen an die Spareinlagezinsen: Banken müssen verpflichtet werden, ein attraktives Sparprodukt mit garantierten (z.B. inflationsdeckenden) Zinsen für den „Notgroschen“ anzubieten. Das soll für Einlagen bis zu einer bestimmten Einlagengrenze (z.B. 10.000 Euro) gelten und nur für Personen bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe angeboten werden. So wird sichergestellt, dass nicht nur einseitig die Kreditzinsen angehoben werden und sich die Banken damit eine goldene Nase verdienen. Anleihe nehmen könnte man dabei am französischen Modell – dort werden verschiedene Formen solcher regulierten Sparprodukte angeboten.
- Beschränkung der Zinssätze für neu abzuschließende Konsum- und Überziehungskredite: Infolge der Preissteigerungen und der schwierigen ökonomischen Lage müssen immer mehr Haushalte zur Finanzierung wichtiger Anschaffungen auf Konsumkredite zurückgreifen. Die Zinssätze variieren stark von Bank zu Bank, im Durchschnitt betragen sie derzeit aber fast 9 Prozent. Hier müsste eine Grenze eingezogen werden, ebenso für die horrend hohen Überziehungskredite. Insbesondere Letzteres ist gängige internationale Praxis und kein unzulässiger Markteingriff, wie oft behauptet.
- Gewinnabschöpfung: Die Bundesregierung muss die Zufallsgewinne der Banken abschöpfen. Es darf nicht sein, dass Banken einen Rekordgewinn nach dem anderen präsentieren, während die Teuerungskrise hunderttausende Menschen vor eine existenzielle Krise stellt und sich viele Häuslbauer ihre Kredite nicht mehr leisten können. Dies kann durch eine Übergewinnsteuer und/oder durch eine Erhöhung der ohnehin bereits bestehenden Stabilitätsabgabe (Bankenabgabe) erreicht werden. Mit einem Teil des Aufkommens könnte etwa die Einrichtung eines Kreditkosten-Ausgleichfonds finanziert werden, der Härten bei jenen Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern abfedern soll, die Kredite mit variablen Zinssätzen aufgenommen haben und diese nicht mehr bedienen können.