Österreich
Hohe Teuerung durch falsche Regierungsmaßnahmen
Die Bundesregierung weigerte sich in die Preise einzugreifen und ermöglichte so die profitgetriebene Rekord-Teuerung.
Österreich weist weiterhin im internationalen Vergleich eine sehr hohe Teuerung auf. Im März lag die heimische Inflationsrate laut Verbraucherpreisindex (VPI) bei 4,2 Prozent (der international vergleichbare Wert laut harmonisiertem Verbraucherpreisindex (HVPI) lag ebenso bei 4,2 Prozent). Nur zwei Länder hatten eine noch höhere Inflationsrate als Österreich und im Durchschnitt der Eurozone ist sie mittlerweile schon auf 2,4 Prozent gesunken. Das Preisniveau stieg hierzulande seit Jänner 2021 um über 23 Prozent, im Durchschnitt der Euroländer hingegen nur um 19 Prozent und in Finnland gerade einmal um rund 14 Prozent.
Hohe Teuerung vor allem bei Grundbedürfnissen
Kaum wo hatte die Bevölkerung so stark mit gestiegenen Preisen für Grundbedürfnisse wie Wohnen oder Heizen zu kämpfen wie in Österreich. Allein seit Jahresbeginn 2022 stiegen die Mieten in Österreich um 16 Prozent und damit so stark wie beinahe in keinem anderen Land in Westeuropa. Mit ein Grund ist, dass viele Mieten an die allgemeine Preisentwicklung gekoppelt sind. Steigen also die Preise, steigen die Mieten mit. Da die Mieterhöhungen aber Teil der allgemeinen Preissteigerungen sind, erhöhen sie wiederum die Inflationsrate. Dadurch wurde eine Mietpreisspirale in Gang gesetzt und die Bundesregierung weigerte sich, mit Preisbremsen in diese Teufelsspirale einzugreifen.
Bei den Energiepreisen sticht Österreich vor allem bei der Teuerung für Gas negativ hervor. Ausgehend von Jänner 2021 zeichneten sich vor allem ab Jahresbeginn 2022 stärkere Preissteigerungen als im Durchschnitt der Eurozone ab. Ab Herbst 2022 sanken in vielen Ländern die Gaspreise sogar wieder – nur in Österreich stiegen sie weiter stark an und verharren seit dem Frühjahr 2023 auf einem extrem hohen Niveau. Plus 200 Prozent beträgt die Gaspreissteigerung in Österreich im Vergleich zu Jänner 2021 mittlerweile, das entspricht einer Verdreifachung des Preisniveaus. Die bisher veröffentlichten Rekordgewinne der österreichischen Energieimporteure und -versorger deuten darauf hin, dass die hohen Gaspreise nicht ausschließlich in die Taschen der russischen Energieexporteure fließen.
Die Teuerung wurde von Unternehmensgewinnen angeheizt
In Zeiten steigender Inflationsraten ist die Warnung vor der angeblichen Lohn-Preis-Spirale nicht weit. In Wahrheit beobachten wir aber in der aktuellen Teuerungskrise auch in Österreich eine Profit-Preis-Spirale, wie fortschrittliche Ökonomen und Ökonominnen erklären. Unternehmen erhöhen die Preise, um ihre Profitmargen konstant zu halten oder sogar auszuweiten und die Löhne hinken hinterher. Organisationen wie der Internationale Währungsfonds oder die Europäische Zentralbank bestätigen dies für die Eurozone als Ganzes. Zuletzt zeigte die Oesterreichische Nationalbank aber auch speziell für Österreich, dass nach einer Verteuerung der Importe die Unternehmensgewinne der Haupttreiber der Teuerung waren.
Falsche Regierungsmaßnahmen ermöglichten überwiegend profitgetriebene Teuerung
Ermöglicht wurde die hohe Teuerung auch durch die falsche Wahl der Maßnahmen bei der Inflationsbekämpfung. Die österreichische Bundesregierung hat vergleichsweise wenig in die Preise eingegriffen und damit der profitgetriebenen Teuerung Tür und Tor geöffnet. Insgesamt wurde nur ein Viertel der Mittel, die im Rahmen der Teuerungskrise ausgegeben wurden, verwendet, um den Preisanstieg zu stoppen oder zumindest zu dämpfen. In praktisch allen EU-Ländern war der Anteil der preisdämpfenden Maßnahmen weitaus höher. In Österreich wurde also der Bevölkerung lieber Geld in die Hand gedrückt, damit sich die Menschen die hohen Preise zumindest halbwegs leisten können, anstatt zu versuchen, den Preisanstieg zu verhindern. Denn die Regierungshilfen, bei denen es sich oft um Einmalzahlungen handelte, sind im Wesentlichen ausgelaufen – die hohen und weiter steigenden Preise bleiben aber.
Betrachtet man die westeuropäischen EU-Länder, zeigt sich auch ein eindeutiger Zusammenhang: Länder, die einen höheren Anteil der Mittel für preisdämpfenden Maßnahmen aufwendeten, hatten im Schnitt auch niedrigere Inflationsraten.
Herausfordernde Lohnverhandlungen durch Rekord-Teuerung
Die hohe Inflation macht auch die Lohnverhandlungen so herausfordernd wie schon lange nicht mehr. Denn obwohl die Teuerung nicht lohngetrieben war, häuften sich vor allem im Herbst 2023 die Rufe nach Lohnzurückhaltung und sogar nach einer Abkehr von der jahrzehntelang üblichen Lohnverhandlungsformel, was einen hohen realen Lohnverlust für die Arbeitnehmer:innen bedeutet hätte. Dabei lässt sich mit der Analyse der Inflationsbeiträge der Nationalbank abschätzen, was eine Verhinderung der profitgetriebenen Teuerung für die Inflationsrate und somit für die Lohnverhandlungen bedeutet hätte. Ohne Beitrag der Unternehmensgewinne wäre die Inflationsrate im zweiten Quartal 2023 um 3,5 Prozentpunkte niedriger gewesen. Die „rollierende Inflation“ – also die durchschnittliche Inflation der letzte 12 Monate, die Basis für die Lohnforderung ist – wäre so um bis zu 4 Prozentpunkte niedriger gewesen. Das hätte die Lohnverhandlungen seit der Herbstlohnrunde sicherlich zumindest etwas vereinfacht.
Der ÖGB hat diese Probleme schon frühzeitig erkannt und bereits Anfang 2022 Maßnahmen gegen die Teuerung gefordert. Im Sommer 2022 wurde gemeinsam mit der Arbeiterkammer ein konkretes Modell für eine Übergewinnsteuer im Energiesektor vorgelegt, das fünf Milliarden Euro gebracht hätte. (Zur Erinnerung: Das zahnlose Modell, das die Bundesregierung verabschiedet hat, bringt wohl schlussendlich nur 350 Millionen.) Außerdem muss endlich eine Anti-Teuerungskommission eingesetzt werden, die Zugriff auf eine neu geschaffene Preisdatenbank erhält, um ungerechtfertigte Preiserhöhungen oder das Unterlassen der Weitergabe von Preisvorteilen an Konsumenten und Konsumentinnen kontrollieren und sanktionieren zu können. Die wirkungslose Mietpreisbremse der Bundesregierung ist viel zu hoch angesetzt und muss reformiert werden, um auch freie Mieten zu bremsen. Außerdem muss die Bundesregierung endlich handeln und die überbordenden Zufallsgewinne im Bankensektor mit einer Übergewinnsteuer und/oder einer Erhöhung der Bankenabgabe abschöpfen und für eine faire Weitergabe der Zinsen sorgen.