Zum Hauptinhalt wechseln

Interview

Lohnnebenkosten sind Arbeitgebersozialbeiträge

Interview mit ÖGB-Landesgeschäftsführer Marvin Kropp

Der ÖGB Salzburg macht derzeit im ganzen Bundesland Aktionen unter dem Motto „Sie nennen es Lohnnebenkosten, meinen aber Arbeitgebersozialbeiträge“. Mit dieser Informationsoffensive wird vor Kürzungen bei Sozialleistungen gewarnt.

Interview mit ÖGB-Landesgeschäftsführer Marvin Kropp

Wie ist die Idee zu der Info-Kampagne entstanden?

Von mehreren Seiten wird in letzter Zeit wieder vermehrt gefordert, dass Lohnnebenkosten gesenkt werden sollen. Und sie versprechen den Arbeitnehmer:innen, dass ihnen dann mehr Netto vom Brutto übrig bleibt. Das stimmt aber nicht. Mit der Info-Kampagne wollen wir mit möglichst vielen Menschen im ganzen Bundesland ins Gespräch kommen, um dieser Forderung mit sachlichen Informationen entgegenzutreten.

Warum sprecht ihr von Arbeitgebersozialbeiträgen?

Der Begriff „Lohnnebenkosten“ ist irreführend. Denn es geht ja nicht darum, wie viel Geld Unternehmen für Arbeitsplätze ausgeben müssen. Es geht darum, dass auch sie einen gerechten Beitrag zu unserem Sozialstaat leisten. Arbeitnehmer:innen zahlen ja auch einen Beitrag. Wieso sollen Unternehmen nicht auch einen gerechten Anteil dazu zahlen?

Immerhin stammen rund 55 Prozent der Ausgaben des Sozialstaates aus den Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer:innen. Weitere 39 Prozent stammen aus Lohn-, Einkommens- Mehrwert- und Verbrauchersteuern. Der Rest wird von Selbstständigen und Pensionist:innen beigetragen. Wenn die Lohnnebenkosten, also die Arbeitgebersozialbeiträge, gesenkt werden, dann steht dem Sozialstaat weniger Geld zur Verfügung. In weiterer Folge werden dann entweder Leistungen gekürzt, oder das fehlende Geld wird anderswo eingehoben.

Welche Leistungen des Sozialstaats sind dadurch gefährdet?

Gefährdet sind dadurch vor allem wichtige Versicherungsleistungen für Arbeitnehmer:innen. Denn die Arbeitgebersozialbeiträge fließen z.B. in Leistungen aus der Kranken-, Unfall-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung. Die Beiträge fließen auch in den Insolvenz-Entgelt-Fonds, der garantiert, dass Arbeitnehmer:innen ihr Einkommen ausbezahlt bekommen, auch wenn das Unternehmen, in dem sie arbeiten, Konkurs anmelden muss. Hinzu kommt, dass diese Beiträge auch für die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld verwendet werden. Auch die Wohnbauförderung wird dadurch mitfinanziert. Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, wie wichtig diese Beiträge sind. Und wir haben ja in der Vergangenheit oft genug erlebt, was wirklich passiert, wenn Lohnnebenkosten gesenkt werden.

Was ist denn in der Vergangenheit passiert. Kannst du hier Beispiele nennen?

2016 hat die damalige Bundesregierung zum Beispiel im Rahmen des Arbeitsmarktpaketes den Familienlastenausgleichsfonds (=FLAF) um 0,4 Prozentpunkte gekürzt. 2018 wurde nochmal eine Kürzung um 0,2 Prozentpunkte durchgeführt. In Summe handelt es sich dabei um 800 Millionen Euro jährlich, die fehlen, um das Kinderbetreuungsgeld und die Familienbeihilfe zu finanzieren. Ausgeglichen hat die Regierung das mit Mitteln aus dem Steuertopf.

Besonders drastisch waren auch die Kürzungen bei der Unfallversicherung. 2014 hat die Bundesregierung den Beitrag auf 1,3 Prozentpunkte gekürzt. Zwei weitere Kürzungen führten dazu, dass der Beitrag jetzt bei 1,1 Prozent liegt. 130 Millionen weniger Einnahmen stehen dadurch zur Verfügung, die nun über die ÖGK ausgeglichen werden muss. Man sieht also, dass die Einsparungen für Unternehmen durch eine Senkung ihrer Sozialbeiträge dazu führen, dass das Geld woanders eingehoben werden muss.

Bleib informiert über deine Arbeitswelt!
Jeden Freitag: Das Wichtigste aus einer Woche