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ÖGB Tirol / Halbwirth

1. Mai: Dritter Tag der Arbeit in Folge, der unter die Haut geht

Teuerung, steigende Armut, Pflege am Limit

„Die Verunsicherung der ArbeitnehmerInnen ist groß. Das ist bereits der dritte Tag der Arbeit in Folge, der unter die Haut geht - zuerst die Gesundheitskrise, dann eine Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise. Darauf folgte eine Sozialkrise, in der wir uns bis heute befinden“, umreißt Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth die aktuell schwierige Situation, in der sich vor allem ArbeitnehmerInnen aufgrund der enormen Teuerung befinden. Er fordert von den zuständigen PolitikerInnen anlässlich des Tags der Arbeit am 1. Mai mehr Initiativen zur Armutsbekämpfung. Die Pflege sei für die Landespolitik nach wie vor ein „Stiefkind“.

Der wöchentliche Einkauf ist um 14% teurer geworden!

Philip Wohlgemuth

 

Kritik an schleppenden Maßnahmen der Politik

Unverständnis zeigt Wohlgemuth angesichts der fehlenden Maßnahmen gegen die aktuelle Preisexplosion: „Die aktuelle Preissteigerung trifft jene mit kleinen und mittleren Einkommen besonders. Der wöchentliche Einkauf ist um über 14% teurer geworden! Mit schönen Worten wird der Einkauf im Supermarkt auch nicht günstiger – die Menschen haben sich einen schnellstmöglichen Teuerungsausgleich und weitere zielgerichtete Maßnahmen verdient!“. Kritik übt er am schleppenden Vorgehen der Politik: „Die Gespräche und Verhandlungen ziehen sich wie ein Strudelteig. Krisenstäbe dürfen keine zahnlosen Tiger sein, sondern müssen angesichts der höchst besorgniserregenden Situation schnell und unbürokratisch handeln!“

Wir benötigen einen sozialpolitischen Booster!

Philip Wohlgemuth

 

Armutsanstieg befürchtet

In die Pflicht nimmt Wohlgemuth auch das Land Tirol: „Die Höhe der Sozialleistungen kann mit der aktuellen Teuerung längst nicht mehr Schritt halten und hinkt massiv hinterher. Es ist Aufgabe der Politik, Armut zu verhindern, und zwar alle Arten von Armut: Kinderarmut, Familienarmut, Frauenarmut, Altersarmut. Wir fordern seit Monaten die Erhöhung der Sozialleistungen und eine Anhebung der Einkommensgrenzen zur Inanspruchnahme. Die Regierung reagierte zu spät und dann oft mit falschen Maßnahmen oder zu wenig Geld, dabei wäre die Politik gut beraten, auf uns zu hören. Andernfalls wird bald jeder von uns jemanden kennen, der sich das Leben nicht mehr leisten kann!“ Er befürchtet einen weiteren Anstieg an Armutsbetroffenen: „Viele Menschen in unserem Land sind an der Schwelle zur Armut und wissen nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Wenn sich nicht bald etwas tut, wird sich die Situation weiter zuspitzen. Die prekäre Lage reicht mittlerweile bis weit in die Mittelschicht hinein. Wenn sich die Menschen das Leben nicht mehr leisten können, gerät der Wirtschaftskreislauf ins Stocken. Die Tiroler Sozialpolitik benötigt schnellstens einen Booster!“

Höhere Löhne garantieren Wachstum, Beschäftigung und Stabilität.

Philip Wohlgemuth

 

Sozialleistungen hinken Teuerungen hinterher

Laut einer Analyse des Momentum Instituts haben Familienbeihilfe, Studienbeihilfe, Mindestsicherung, Pflegegeld, Arbeitslosengeld und Ausgleichszulage seit Jahresbeginn 36 Mio. Euro an Kaufkraft durch die hohe Inflation eingebüßt. Um die Kaufkraft wieder auf das Niveau von 2000 zu heben, müsste die Familienbeihilfe demnach um mindestens 42 Euro, das Pflegegeld um 53 Euro und die Studienbeihilfe um 184 Euro angehoben werden. Die von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Überarbeitung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes sei dabei „ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings liegt bis zu einem guten sozialen Netz noch ein weiter Weg vor uns“, so Wohlgemuth. Für Alleinlebende und Alleinerziehende beträgt die Höhe der Sozialhilfe im Jahr 2022 maximal rund 978 Euro. Für Paare wurde ein Maximalbetrag von rund 1.369 Euro festgelegt. Die Beträge werden 12x jährlich gewährt. „Dieser Betrag reicht in Tirol schon allein wegen der hohen Lebenserhaltungskosten bei weitem nicht aus!“, zeigt der Tiroler ÖGB-Chef auf. Um die Kaufkraft zu sichern, brauche es auch faire und angemessene Kollektivvertragsabschlüsse. „Höhere Löhne und Gehälter treiben nicht die Preise an, sondern garantieren Wachstum, Beschäftigung und Stabilität!“, stellt Wohlgemuth klar.

3-M-Regel in der Pflege: mehr Personal, mehr Freizeit, mehr Geld!

Philip Wohlgemuth

 

Untragbare Zustände in der Pflege

Von „mittlerweile untragbaren Zuständen“ spricht Wohlgemuth auch angesichts der Situation in der Pflege: „Das ‚Pflege-Fiasko‘, in dem wir uns befinden, ist nicht nur der Corona-Situation geschuldet, sondern aus jahrelangen Versäumnissen resultiert. Wie viele Pflege-Beschäftigte sollen noch ins Burn-Out schlittern, wie viele sollen noch kündigen, bis die Tiroler Landespolitik endlich wirkliche Verbesserungen auf Schiene bringt? Vom Pflege-Stipendium haben die derzeitig Beschäftigten nichts und beim Corona-Bonus schauen viele durch die Finger. Seit Jahren fordern alle ExpertInnen Verbesserungen, seit Monaten gehen wir gemeinsam mit Beschäftigten regelmäßig auf die Straße. Die Beschäftigten haben sich Wertschätzung und Perspektiven verdient. Es braucht die sogenannte 3-M-Regel: mehr Personal, mehr Freizeit, mehr Geld!“ Die nächste große Kundgebung für Verbesserungen in der Pflege – WIR mit der Pflege – organisieren der ÖGB und die zuständigen Gewerkschaften für den 12. Mai in Innsbruck.

Von einem Betriebsrat profitieren alle!

Philip Wohlgemuth

 

Gewerkschaft sorgt für soziale Sicherheit

Als „wesentliche Player in der Arbeitswelt“ sieht Wohlgemuth BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen: „Auf unsere engagierten KollegInnen ist auch in Krisenzeiten immer Verlass, ebenso wie auf die Sozialpartnerschaft. Gemeinsam haben wir in den vergangenen zwei Jahren hunderttausende Jobs und Existenzen mittels Kurzarbeit gerettet. Wir, die Gewerkschaftsbewegung, sind der Garant für Stabilität, Verlässlichkeit und soziale Sicherheit!“ Er ruft jene Beschäftigten, in deren Unternehmen noch keine innerbetriebliche Interessensvertretung besteht, zur Gründung auf und betont: „Von einem Betriebsrat profitieren alle!“

 

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