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ÖGB Tirol

Gemeinsam zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Gesellschaftliches Schlüsselthema mit Aufholbedarf

ÖGB Tirol

„Auch wenn sich in Tirol in den letzten Jahren viel getan hat, besteht nach wie vor deutlicher Aufholbedarf!“, zogen heute im Rahmen eines Pressegesprächs VertreterInnen von ÖGB und AK Tirol Resümee in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Qualitätsvolle Kinderbetreuungsangebote, ein flächendeckender Ausbau, Ausdehnung der Öffnungszeiten sowie der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag lauteten die Kernforderungen, die sich auf ein von den Sozialpartnern und der Industriellenvereinigung beschossenes Papier stützen.

 

Investitionen in Elementarbildung und Kinderbetreuung ermöglichen es nicht nur Eltern – und hier besonders Frauen – die Wahlfreiheit in Bezug auf die Jobausübung, sondern sind gleichzeitig ein wichtiger Beschäftigungs- und Konjunkturmotor. „Kinderbetreuung und Kinderbildung sind nicht der Schlüssel zur Lösung eines bestimmten Problems, sondern ein ganzer Schlüsselbund. Hier sind mehrere Bereiche miteinander verknüpft: Arbeitsmarktpolitik, Bildungspolitik und Kinderbetreuungsmaßnahmen. Die frühkindliche Betreuung und Bildung erfüllt zwei wesentliche Funktionen: Sie unterstützt die elterliche Arbeitsmarktteilnahme und fördert die Kindesentwicklung. Gleichzeitig erreicht sie mehrere Ziele: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, mehr Fachkräfte am Arbeitsmarkt und faire Chancen für jedes Kind“, verweist Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth auf den gesamtgesellschaftlichen Kontext. Zusätzlich könne gerade jetzt ein wichtiger Beschäftigungseffekt erzielt werden und die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen speziell im ländlichen Raum ermöglichen. „Für die Kinderbetreuung fordern wir die 3-G-Regel: ganzjährig, ganztägig, gratis!“, betont der Tiroler ÖGB-Chef.

 

Dem schließt sich auch Verena Steinlechner-Graziadei, Vizepräsidentin der Tiroler Arbeiterkammer, an: „Frauen sind besser gebildet als jemals zuvor und unverzichtbar für den Arbeitsmarkt. Mit gut ausgebauter Kinderbetreuung kehren sie schneller an den Arbeitsplatz zurück und sind zeitlich flexibler. Vor allem die weiblichen Beschäftigten bekommen damit die Chance auf stabile Erwerbskarrieren, gute Einkommen und später eine entsprechend höhere Pension.“

 

Daniela Meichtry, Landesfrauensekretärin des ÖGB Tirol, unterstreicht die Bedeutung eines flächendeckenden Kinderbetreuungsangebotes in Tirol: „Nur etwas mehr als 11% der Kindergärten sind derzeit das ganze Jahr über geöffnet. Fast die Hälfte schließt zudem um spätestens 14 Uhr, bei den Kinderkrippen sind es überhaupt vier von fünf Einrichtungen. Auch da spießt es sich beim Angebot während der Ferien: Im Sommer können Eltern nur auf etwas mehr als ein Drittel der Einrichtungen zurückgreifen, in den Weihnachtsferien haben überhaupt nur knapp 12% geöffnet.“ Die Konsequenz sei die hohe Teilzeitquote vor allem bei Frauen. „Laut Statistik Austria arbeiten rund 80% der Mütter mit Kindern unter 15 Jahren in Teilzeit. Die Folgen sind Teilzeiteinkommen, deutlich schlechtere Karrierechancen und später die Gefahr von Altersarmut aufgrund der deutlich geringeren Pensionshöhen. Es braucht daher unbedingt einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag – und das darf kein leerer Anspruch sein, sondern muss auch in der Realität funktionieren.“

 

Die Corona-Krise hat einmal mehr gezeigt, wie problematisch die uneinheitlichen Regelungen im Elementarbereich und Kinderbetreuung sind. „Es braucht daher gemeinsame Anstrengungen und Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, statt Hürden durch die Kompetenzverteilung zwischen diesen Ebenen. Absolut notwendig ist daher die Festlegung einheitlicher, hoher Mindeststandards für die pädagogische Qualität in Form eines Bundesrahmengesetzes. Darüber hinaus sind mehr Personal und mehr Räumlichkeiten wichtig. Außerdem ist eine einheitliche und bessere Ausbildung der unterstützenden Kräfte anzustreben – wiewohl diese Beschäftigten hervorragende Arbeit leisten!“, so Steinlechner-Graziadei. Kinderbetreuung könne zudem über Betriebskindergärten angeboten werden: „Mithilfe eines zielgerichteten und unbürokratischen Fördersystems könnte auch hier ein wichtiges Netz entstehen, in Gewerbegebieten beispielsweise auch firmenübergreifend. Auch Tageseltern sind eine wichtige Stütze in Bezug auf flexible Kinderbetreuung. Auch hier sollten bundesweit einheitliche Qualitätskriterien vorgesehen werden, die an die Ausbildungsstandards der pädagogischen Berufe anschließen und somit eine schrittweise Höherqualifizierung ermöglichen.“