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Grenzüberschreitender gewerkschaftlicher Schulterschluss:

Faire Mobilität auf Europas Straßen

„Mobilität ist grenzenlos, umso wichtiger ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich des Verkehrs und um bessere Arbeitsbedingungen für die LKW-Fahrenden zu erreichen“, begründet Benjamin Praxmarer, Präsident des Interregionalen Gewerkschaftsrates Tirol, Salzburg, Oberösterreich, Bayern (IGR TiSOBa) und Landesgeschäftsführer des ÖGB Tirol, die staatenübergreifende Zusammenarbeit zwischen Österreichischem Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB). Die Gewerkschaften wollen gerechte Einkommen und faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte aus den mittel- und osteuropäischen EU-Staaten durchsetzen und werden dafür ihr Beratungsangebot ausbauen.

 

Auch auf Tirols Autobahnrastplätzen wird die Gewerkschaft vida die LKW-Fahrenden informieren und beraten. Hintergrund sind die äußerst prekären Bedingungen, unter denen die Beschäftigten nicht nur arbeiten, sondern auch leben müssen. Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth konkretisiert die schwierige Situation: „Wir erleben Fahrer:innen, sehr oft aus südosteuropäischen Ländern, deren Leben von wochenlangem Leben und Campieren auf den Autobahnen und im LKW geprägt ist. Das bedeutet konkret eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 60 Stunden die Woche mit teils unbezahlten Überstunden und einem Stundenlohn von nicht einmal 3 Euro, noch dazu eine wochen- und teilweise monatelange Abwesenheit von den jeweiligen Familien.“  Südosteuropäische Fahrer:innen erhalten rund 600 Euro im Monat und müssen darüber hinaus noch eventuelle Verkehrsstrafen selbst begleichen.

Fahrer:innen leben über Monate im Führerhaus.

Philip Wohlgemuth, ÖGB-Vorsitzender Tirol

 

Essen auf Rädern als Lebensrealität

„In den Medien ist immer wieder von Sklaverei und Kabotage osteuropäischer Länder zu hören. ‚Essen auf Rädern‘ bekommt eine völlig neue Bedeutung: Fahrer:innen die über Monate im Fahrerhaus leben, mit Gaskocher ihr Essen wärmen, kein Geld haben um Wäsche im Waschsalon zu waschen, Handtücher am Beifahrersitz trocknen und ihr hart verdientes Geld zu ihren Familien in die Heimat schicken um selbst über Monate hinweg nur von Taggeldern leben. Sehr oft hört man zurecht Bedenken aus der Bevölkerung in Bezug auf Tiertransporte und das Wohl der Tiere - für die Arbeitsbedingungen der Fahrenden interessieren sich oft weit weniger“, beschreibt Wohlgemuth die bittere Realität.

 

Stärkere Kontrollen gefordert

„Wir brauchen effizientere Kontrollen auf allen Ebenen!“, fordert Praxmarer. Die aktuell in Verwendung befindlichen digitalen Kontrollgeräte lassen zu viel Spielraum für Manipulationsmöglichkeiten. „Nur eine schärfere EU-Verordnung in Bezug auf Kabotage, strengere Kontrollen im Allgemeinen, mehr Personal bei der Finanzpolizei und beim Arbeitsinspektorat können endlich dazu führen, dass die LKW-Fahrenden besser geschützt sind. Unbedingt notwendig ist auch eine bundesweite Stelle, die alle Strafen bündeln und kontrollieren sowie zwischenstaatliche Abkommen oder Strafen auch tatsächlich vollziehen kann“, so der Präsident des IGR TiSOBa. Dabei geht es auch um Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten – völlig übermüdete Lenker:innen sind eine Gefahr für sich und alle anderen Verkehrsteilnehmenden. Hier konnte die Gewerkschaft mit dem intelligenten Fahrtenschreiber bereits einen ersten Erfolg erzielen. Dieser kommt ermöglicht bereits ab dem Jahr 2025 – anstatt ursprünglich anvisiert 2035 – genaue Kontrollen gegen illegale Kabotage und Lenkzeitüberschreitungen.

Der Verkehr wird weiter zu Lasten von Umwelt und Bevölkerung zunehmen.

Benjamin Praxmarer, Präsident IGR TiSOBa

 

Kritik übt Praxmarer auch an der vor einigen Tagen beschlossenen Novelle des Bundesstraßen-Mautgesetzes, basierend auf der neuen EU-Wegekostenrichtline. „Der neue, billigere Mauttarif ist eine bittere Niederlage für die verkehrseindämmenden Maßnahmen in Tirol, für den öffentlichen Verkehr und für den Klimaschutz!“, so Praxmarer. Eigentlich hat die von der EU ermöglichte Änderung der LKW-Maut ja einen positiven klimafreundlichen Hintergrund: Erstmals erlaubt die EU Mautaufschläge, welche die Mitgliedsländer für den Ausbau des klimafreundlichen Verkehrs verwenden können. In Österreich ist die Maut allerdings viel zu niedrig angesetzt. „Damit vergünstigt sich im Endeffekt nur die Lkw-Maut. Der Schwerverkehr wird weiter zu Lasten der Umwelt und der Bevölkerung zunehmen. Auch auf den besonders belasteten Transitrouten wie auf der Brenner Autobahn durch Tirol wird die Lkw-Maut durch das Bundesstraßenmautgesetz billiger!“, so Praxmarer.

Um bessere Arbeitsbedingungen für die LKW-Fahrenden zu erreichen, setzt die Gewerkschaft daher verstärkt auf überregionale Zusammenarbeit. „LKW-Fahrende sind auf allen Straßen Europas unterwegs. Daher wird es uns auch nur auf internationaler Ebene gelingen, hier für weitreichende Verbesserungen zu sorgen und der Ausbeutung der Beschäftigten endlich einen Riegel vorzuschieben!“, sind sich die beiden Gewerkschafter einig. 

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