Klare Regelungen gegen Scheinselbständigkeit!
Lieferando-Kündigungen als Weckruf gegen prekäre Arbeit
„Es ist höchste Zeit, prekärer Beschäftigung den Kampf anzusagen!“, sind sich Tirols geschäftsführende ÖGB-Landesvorsitzende Sonja Föger-Kalchschmied und Emanuel Straka, Landesgeschäftsführer der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, einig. Fast 1.000 Arbeitnehmer:innen bei Lieferando stehen plötzlich ohne reguläre Anstellung da. Ihnen bleibt nur der Weg in die prekäre Scheinselbständigkeit. „Ein Geschäftsmodell, das auf der Ausbeutung von Menschen beruht“, stellt Föger-Kalchschmied klar. Die Gewerkschaft fordert daher von der Politik klare Rahmenbedingungen gegen Scheinselbständigkeit.
Ein monatlicher Bruttomonatslohn von lediglich 1.730 Euro war wohl für den Lieferdienst „Lieferando“ dennoch zu viel – die knapp 1.000 Mitarbeiter:innen werden in den kommenden Wochen und Monaten gekündigt. Hintergrund ist auch die mangelnde Konkurrenzfähigkeit, denn andere Anbieter arbeiten schon längst mit fragwürdigen Anstellungsmethoden. „Die Beschäftigung als ‚freie Dienstnehmer‘ ist höchst problematisch: kein Urlaub, kein 13. und 14. Monatsentgelt und Gehaltseinbußen bei Krankenstand. Auf Grund der Selbständigkeit greifen weder das Arbeitszeitrecht noch ein Mindestentgelt und auch nicht die Bestimmungen des Arbeitnehmer:innenschutzes. Dieses Modell entzieht sich jeder Verantwortung“, erklärt Straka die umfassende Problematik.
Auch Föger-Kalchschmied findet deutliche Worte: „Wenn Firmen nur dann konkurrenzfähig sind, wenn sie auf Ausbeutung von Menschen setzen, müssen alle Alarmglocken schrillen.“ Die Politik sei hier in der Pflicht, Lohn- und Sozialdumping durch Scheinselbständigkeit ein für alle Mal zu unterbinden. „Wir brauchen klare Regelungen für faire Beschäftigung und ein Ende von Konstruktionen, die nur darauf abzielen, Arbeitnehmer:innen um ihre Rechte zu bringen!“, fordert die geschäftsführende ÖGB-Landesvorsitzende.
Systematische Ausbeutung kein Einzelfall
„Lieferdienste, Betreuung, Paketbot:innen – die Liste der Branchen, in denen Menschen systematisch ausgebeutet werden, ist lang“, zeigt Föger-Kalchschmied auf. Ohne gesetzliche Regelungen sei eine Änderung in weiter Ferne. Ein entscheidender Hebel für Verbesserungen wäre die sogenannte Beweislastumkehr: „Das Gesetz sollte davon ausgehen, dass jemand, der für einen Lieferdienst oder eine Betreuungsplattform arbeitet, ein regulär angestellter Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin ist – es sei denn, das Unternehmen kann das Gegenteil beweisen. Das wäre ein wichtiger Schritt hin zu faireren Arbeitsbedingungen.“
Der ÖGB und die Gewerkschaft vida Tirol fordern die Politik auf, endlich wirksame Maßnahmen gegen Scheinselbständigkeit zu setzen und damit Arbeitnehmer:innen vor prekären Arbeitsverhältnissen zu schützen. „Arbeit muss fair bezahlt und sozial abgesichert sein – alles andere ist moderne Ausbeutung!“, so Föger-Kalchschmied und Straka unisono.