Schockierender Rechnungshofbericht als Alarmsignal
KV-Mindesteinkommen und Arbeitszeitverkürzung für mehr Geschlechtergerechtigkeit
„Tirolerinnen bilden in Bezug auf die Einkommenshöhe einmal mehr in Österreich das traurige Schlusslicht. Schockierend ist, dass sich hier seit Jahren so gut wie nichts verbessert!“, kommentiert Tirols ÖGB-Frauenvorsitzende Sonja Föger-Kalchschmied den neuen Rechnungshofbericht. Für sie sind ein kollektivvertragliches Mindesteinkommen von 2.000 Euro brutto sowie eine Verkürzung, um die Arbeitszeit auch innerhalb einer Partnerschaft besser aufteilen zu können, wichtig zu mehr Einkommensgerechtigkeit.
Das durchschnittliche Bruttoeinkommen der Tiroler kommt laut dem Rechnungshofbericht auf 38.191 Euro, die Tirolerinnen verdienen im Schnitt lediglich 21.779 Euro. Damit schneidet Tirol deutlich schlechter ab als die meisten ÖsterreicherInnen, dort liegen die Bruttoeinkommen der Männer bei 37.707 Euro, jene der Frauen bei 24.309 Euro. „Einmal mehr erschreckend ist der eklatante Einkommensunterschied in Tirol zwischen Männern und Frauen. Sie verdienen durchschnittlich satte 16.412 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen – und das jährlich! Darum würden vor allem Frauen von kollektivvertraglichen Mindesteinkommen von 200 Euro brutto ganz entscheidend profitieren“, ist Föger-Kalchschmied einem überzeugt. Für sie ist der aktuelle Rechnungshofbericht ein deutliches Alarmsignal: „Die Politik muss sofort handeln! „Die Lage ist auch angesichts der überdurchschnittlich hohen Lebenserhaltungskosten in Tirol äußerst prekär, hier fällt vor allem das teure Wohnen ins Gewicht. Mittlerweile liegt laut „immoverkauf24“ der Quadratmeterpreis für eine Mietwohnung in Tirol bei 16,10 Euro und entspricht dem höchsten Mietpreis in ganz Österreich.
Aufhebung der Teilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit
Ein wichtiger Hebel für die Geschlechtergerechtigkeit ist auch eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung bei einem vollständigen Lohnausgleich. „Eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung bei erheblichem Lohnausgleich würde den Spielraum für die Gestaltbarkeit der Arbeitszeit erhöhen. Damit könnte dem Trend der Aufteilung bei Paaren mit Kindern in ‚Vollzeit Männer' und ‚Teilzeit Frauen' entgegengewirkt werden. Würde dies zu einer hohen Aufwertung von Teilzeitarbeit führen“, betont die Gewerkschafterin, die als positives Beispiel Frankreich anführt. Dort hatte beispielsweise die Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden den Effekt, dass die Vollzeitarbeit von Frauen anstieg und die sogenannte unbezahlte Arbeit besser aufgeteilt wurde. „Gerade in einer gesellschaftlichen Realität, in der mehrheitlich beide Elternteile bzw. Alleinerziehende erwerbstätig sind, weist eine Arbeitszeitverkürzung besondere Dringlichkeit auf. Schon eine geringe Verkürzung der Normalarbeitszeit würde den Zeitdruck für erwerbstätige Eltern oder pflegende Angehörige verringern, mehr Zeit für Versorgungsarbeit ermöglichen und zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Aufteilung dieser Arbeit führen“, so Föger-Kalchschmied. Für sie ist klar, dass die Arbeitszeit nicht ausschließlich unter dem Aspekt der Beschäftigungseffekte diskutiert werden sollte, auch die positiven Auswirkungen auf die Qualität des Lebens sollten stärker in den Fokus gerückt werden.
Schlusslicht auch bei Kindergarten-Öffnungen
Weitere Forderungen des ÖGB sind mehr Einkommenstransparenz, verbindliche Einkommensberichte auch in kleinen Betrieben, familienfreundliche Arbeitszeitmodelle und mehr Anreize für Väterkarenz. Auch der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz dürfte kein leeres Wahlversprechen sein, so die ÖGB-Landesfrauenvorsitzende.
Da in Tirol vor allem in den ländlichen Regionen immer noch keine flächendeckende, ganzjährige Kinderbetreuung garantiert werden kann, kehren Mütter nach der Geburt des Kindes selten oder zumindest spät in ihren Vollzeitjob zurück. Damit gehen ein schlechter Aufstiegs- und Gehaltseinbußen. Der ÖGB fordert einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz ab dem 1. Geburtstag des Kindes und Öffnungszeiten, die mit den Arbeitsrealitäten im Einklang stehen. Hier besteht vor allem in Tirol noch Aufholbedarf: Im Bundesländervergleich sind wir in Tirol mit durchschnittlich 38 Schließtagen in Kindergärten das traurige Schlusslicht.