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Franz Preschern 2023

Wohlgemuth warnt vor Zunahme von Gewalt am Arbeitsplatz:

Tätlicher Angriff auf Buslenker in Nassereith kein Einzelfall - viele von Gewalt Betroffene kämpfen mit langfristigen psychischen Folgen

„Bei Gewalt am Arbeitsplatz gilt: Null Toleranz!“, so Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth anlässlich des jüngsten Vorfalls, bei dem eine Frau einen Busfahrer in Nassereith aufgrund einer 17minütigen Verspätung tätlich angegriffen hatte. Wohlgemuth verweist auf eine von der Gewerkschaft vida Tirol im Vorjahr durchgeführte Umfrage. Demnach gehören aggressive Fahrgäste zu den größten Belastungsfaktoren für Buslenker:innen. Knapp ein Drittel der Befragten gab an, den Beruf nicht mehr ausüben zu wollen. Wohlgemuth sieht die Erarbeitung eines Sicherheitskonzepts gemeinsam mit Betroffenen als wichtiges Instrument gegen Gewalt am Arbeitsplatz, verweist auf das ILO-Übereinkommen und fordert die Möglichkeit einer Reha für Betroffene.

 

„Gewalt darf niemals als Berufsrisiko abgetan werden. Arbeit soll keine Gefahrenzone sein. Arbeitnehmer:innen dürfen nicht zur Zielscheibe von Attacken und Aggressionen werden!“, zeigt Wohlgemuth auf und verweist auf die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber. Immer wieder sind Beschäftigte in ihrem Arbeitsumfeld physischen oder verbalen Attacken ausgesetzt. Die Branchen, in denen Beschäftigte am häufigsten mit Gewalt konfrontiert sind, betreffen den Dienstleistungssektor – konkret: den öffentlichen Verkehr, die Gastronomie sowie Gesundheits- und Pflegeberufe. Die Folgen von Gewalt am Arbeitsplatz sind äußerst schwerwiegend. Neben den erheblichen Folgen für die Betroffenen entstehen auch volkswirtschaftliche Nachteile beispielsweise in Form von langen Krankenständen infolge von Burn-Out.

 

Aggressive Fahrgäste massiver Belastungsfaktor für Buslenker:innen

Speziell Buslenker:innen sind mit trauriger Regelmäßigkeit verbalen oder gar physischen Attacken ausgesetzt. Die Gewerkschaft vida Tirol hatte erst vergangenes Jahr gemeinsam mit den Sozialpartnern und der Fachgruppe für Autobus-, Luftfahrt und Schiffahrtsunternehmungen eine Umfrage unter Tiroler Buslenker:innen durchgeführt, an der sich insgesamt 234 Fahrer:innen aus Tirol beteiligten. Knapp 40 % der Befragten gaben dabei schwierige Fahrgäste als Belastungsfaktor an. Demnach verwundert es wenig, dass über 30% angaben, ihren Beruf nach zwei Jahren nicht mehr ausüben zu wollen.

 

Verheerende Folgen für Betroffene

Für Wohlgemuth sind die Ergebnisse der Umfrage „äußerst alarmierend“: „Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, droht uns eine ähnliche Situation wie in der Pflege – immer mehr Beschäftigte verlassen die Branche und gleichzeitig findet man keine neuen Mitarbeiter:innen. Zudem ist die Mobilitätswende damit in Gefahr, denn ohne Lenker:innen wird es auch keine öffentlichen Verkehrsmittel geben.“ Die Vorschläge der Gewerkschaft liegen auf dem Tisch. „Um gegen verbale und tätliche Angriffe besser geschützt zu werden, braucht es ein Sicherheitskonzept, das am besten unter Einbeziehen der betroffenen Buslenker:innen erarbeitet werden soll.“ Für von Gewalt am Arbeitsplatz Betroffene fordert Wohlgemuth die Möglichkeit einer Reha. „Ein solcher Angriff hinterlässt Spuren und kann zu längerfristigen psychischen Folgen führen. Weit verbreitet sind hier vor allem Angstzustände, Schlafprobleme, posttraumatische Symptome, erhöhtes Stressempfinden und natürlich auch sinkende Motivation“, konkretisiert Wohlgemuth. Er verweist auf die dramatischen Ergebnisse einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz aus dem Jahr 2011: Etwas über 80 Prozent der Frauen und über 70 Prozent der Männer, die von psychischer Gewalt betroffen sind, haben langfristige psychische Folgen.

 

Österreich könnte beim Schutz vor Gewalt noch nachbessern. „Das ILO-Übereinkommen 190 muss in Österreich endlich ratifiziert werden, da sind wir als eines der wenigen Länder noch säumig!“, zeigt der Tiroler ÖGB-Chef weiteren Handlungsspielraum auf. Diese erste internationale Arbeitsnorm betont, dass jede Person das Recht auf eine Arbeitswelt ohne Gewalt und Belästigung hat.

 

Betriebsrät:innen als erste Anlaufstelle

Wichtige Ansprechpartner:innen im Unternehmen können zudem Betriebsräte sein. „Die gewählten Vertreter:innen innerhalb der Belegschaft können hier eine wichtige Vermittlerrolle zur Chefetage einnehmen. Schlussendlich haben nämlich der Arbeitgeber:innen ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmer:innen nachzukommen und sie vor solchen Angriffen bestmöglich zu schützen!“, so Wohlgemuth. Die Gewerkschaft vida macht mit der Initiative „Tatort Arbeitsplatz“ gegen Gewalt am Arbeitsplatz mobil. Dabei informiert sie über Formen der Gewalt und berät im richtigen Umgang im Ernstfall.

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