Fachkräftemangel
Fokus auf Kräfte im Erwerbsalter!
Im Kampf gegen den Fachkräftemangel will die ÖVP Pensionist:innen mittels steuerlichen Begünstigungen dazu motivieren, in der Pension weiterzuarbeiten. ÖGB-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer spricht von „Themenverfehlung“, denn er sieht bei anderen Gruppen deutlich mehr Potential. „Die ÖVP sollte sich vielmehr Gedanken darüber machen, wie die über eine Million Frauen in Teilzeit und ältere Arbeitssuchende in Beschäftigung gebracht werden können. Auch die Lehrausbildung gehört reformiert und gefördert, denn der Fachkräftemangel ist zum Teil hausgemacht!“ Nicht zuletzt gehe es darum, altersgerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen, um ältere Arbeitnehmer:innen länger im Job zu halten.
„Die ÖVP-Seniorenvertreter:innen, die in ihrem Erwerbsleben überwiegend gut verdienende Angestellte oder Selbstständige waren, rufen natürlich nach steuerlichen Begünstigungen, um ihre Pensionen aufzufetten.“ Stemmer weist damit daraufhin, dass nur eine kleine Minderheit von etwaigen steuerlichen Begünstigungen profitieren würde. „Wer in schwer physisch und psychisch belastenden Jobs gearbeitet hat, kann meist gar nicht mehr in den Job zurück.“ Es würden damit nicht nur Berufsgruppen gegeneinander ausgespielt, sondern auch Jung gegen Alt. Außerdem sei das Potential bei aktuell rund 20.000 arbeitenden Pensionist:innen in ganz Österreich mehr als überschaubar. „Bevor die ÖVP wieder ihrer eigenen Klientel ein Neujahrsgeschenk bereitet, sollte sie sich mehr Gedanken darüber machen, wie der Fachkräftemangel mit dem bestehenden Potential an Arbeitskräften in den Griff bekommen werden kann.“
Der Fokus müsse vielmehr auf die vernachlässigten Menschen im Erwerbsalter gelegt werden. „Es geht um jene – vor allem Frauen – die aufgrund von Kinderbetreuung oder Pflegeaufgaben nur Teilzeit arbeiten können. Oder um die vielen älteren Langzeitarbeitslosen, die so gut wie keine Chancen mehr am Arbeitsmarkt haben.“ Es gehe um den Ausbau einer qualitativen Kinderbildung und um passende Angebote im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Auch die Lehrausbildung gehöre reformiert und gestärkt – vor allem die überbetriebliche Lehrausbildung. „Denn jahrelange Vernachlässigung in diesem Bereich ist mitschuld am aktuellen Fachkräftemangel.“ Außerdem müssten über altersgerechte Arbeitsbedingungen bessere Rahmenbedingungen für das Arbeiten im Alter geschaffen werden. „Damit mehr Arbeitnehmer:innen bis zur Pension durchhalten und das tatsächliche Pensionsantrittsalter an das gesetzliche herangeführt wird.“
Die ÖVP und die Bundesregierung seien aufgefordert, an den wichtigen großen Hebeln zu ziehen, die den Fachkräftemangel effektiv und nachhaltigen bekämpfen würden. „Es gilt die Hausaufgaben im Rahmen der Arbeitsmarktreform zu machen. Unternehmen und Beschäftigte warten schon lange auf einen großen Wurf, der den Arbeitsmarkt in Österreich nach vorne bringt“, betont Stemmer.