Gesundheit
Es ist 5 nach 12!
Rund 350 Beschäftigte aus dem Gesundheitsbereich haben heute erneut ein eindrückliches Zeichen gesetzt und vor allen Vorarlberger Spitälern gegen die Untätigkeit der Politik im Kampf gegen den akuten Personalmangel protestiert. „Wir werden uns so lange bemerkbar machen, bis endlich etwas passiert“, gibt sich der Zentralbetriebsrat der LKH und Vorsitzender der GÖD Gesundheitsgewerkschaft, Thomas Steurer, kämpferisch. Österreichweit wurden erneut unter dem Motto „Achtung Gesundheit – es ist 5 nach 12“ vor Spitälern und Pflegeeinrichtungen Protestaktionen abgehalten. Die „Offensive Gesundheit“, ein Zusammenschluss der Gesundheitsgewerkschaften, ÖGB sowie AK und Ärztekammer hat dazu aufgerufen. Nun wird auch die Bevölkerung um Unterstützung gebeten. Mit einer Unterschriftenaktion soll der Druck auf die Politik weiter erhöht werden.
„Nachdem sich Landes- und Bundesregierung offenbar taub und blind stellen, müssen wir wieder auf die Straße gehen, um auf unsere prekäre Situation aufmerksam zu machen“, erklärt LKH-Zentralbetriebsrat und Vorsitzender der GÖD Gesundheitsgewerkschaft, Thomas Steurer. Nach der letzten Aktion im November letzten Jahres habe es keinerlei Reaktion von Seiten der Politik gegeben. „Wir steuern auf den Pflegekollaps zu. Eine Pensionierungswelle steht an und schon jetzt sind die anfallenden Überstunden vom Personal kaum noch zu bewältigen“, so seine Warnung. „Das Zeitfenster angemessen zu handeln, hat sich bereits geschlossen. Die Politik muss die richtigen Taten setzen, und zwar jetzt und nicht irgendwann, sondern noch in diesem Jahr“, betont der Gesundheitssprecher der younion, Wolfgang Stoppel.
Krankes System, krankes Personal
„Die Kolleg:innen leiden massiv unter der enormen Belastung durch ständiges Einspringen. Die Dienstplanunsicherheit erhöht auch die Gefahr, dass Kolleg:innen den Beruf verlassen“, warnt der Betriebsratsvorsitzende des LKH Feldkirch, Markus Kohler. Gerade auch weibliche Kolleg:innen nach einer Schwangerschaft würden sich oft neuorientieren, weil zu erwarten sei, dass ständig zusätzliche Dienste dazukommen. Kohler weist zudem daraufhin, dass ohne Personal auch nicht mehr alle Leistungen erbracht werden könnten. „Körperlich und mental sind viele Kolleg:innen weit über ihrem Limit. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie krankheitsbedingt oder resignierend diesen eigentlich schönen Beruf an den Nagel hängen“, warnt Steurer. "Die dünne Personaldecke droht bald zu zerreißen. Land und Bund steuern das Gesundheitssystem durch ihr Nichtstun mit Vollgas in den Kollaps!“
Parlamentarische Bürgerinitiative
Um den Druck auf die Politik zu erhöhen wurde die parlamentarische Bürgerinitiative „Achtung Gesundheit! Es ist 5 nach 12!“ gestartet, die gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung für alle Mitarbeiter:innen im Gesundheits- und Langzeitpflegebereich einfordert. Ab sofort kann jede interessierte Person durch ihre Unterschrift das Gesundheitspersonal unterstützen, indem sie auf der Website www.offensivegesundheit.at das entsprechende Formular herunterlädt und danach unterschrieben postalisch retourniert. In einem zweiten Schritt, sobald die Bürgerinitiative mit diesen ersten Unterstützungen beim Parlament eingereicht wurde, wird die Unterschrift digital möglich sein. „Uns ist viel in den letzten Jahren versprochen worden, nun ist es Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen. Da die Politik nicht auf unsere Not eingeht, müssen wir unser Begehren durch die Bürgerinitiative noch sichtbarer machen“, so Steurer.
Gesundheitskrise endlich beenden
„Es braucht nicht noch mehr schöne Worte der Politik, sondern endlich dringend mehr Personal, Dienstplansicherheit und Möglichkeit zur Erholung. Eine grundlegende Ausbildungsreform muss sofort angegangen werden“, fordert Steurer. Um den Kollaps zu vermeiden und die immer größer werdende Lücke zu schließen, ist eine Vielzahl an Maßnahmen dringend notwendig:
- ein Personalschlüssel, der menschengerechte Pflege ermöglicht und Dienstplansicherheit gewährleistet, die den Mitarbeiter:innen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglicht
- Ausbau der Ausbildungsplätze für den gehobenen Dienst in der Fachhochschule
- bis zu einer adäquaten Quote an Absolvent:innen aus der Fachhochschule muss die Diplomausbildung an den Krankenpflegeschulen, die 2024 ausläuft, um mindestens fünf Jahre verlängert werden
- eine existenzsichernde Ausbildungsentschädigung, die sich an der Entlohnung der Polizeischüler:innen orientiert
- bessere finanzielle Unterstützung für Quereinsteiger:innen
- eine generelle bessere Entlohnung, um den Beruf zu attraktivieren und dem Personal die notwendige Wertschätzung für seine harte Arbeit entgegenzubringen
- Überlegungen zu einer Fachschule aufnehmen, die mit Matura abgeschlossen werden kann, um in der Fachhochschule weiter studieren zu können
- Anerkennung der Pflege als Schwerarbeit
- Einführung eines Überbrückungsmodells für Menschen, die aufgrund permanenter Belastungen etwa durch Nachtarbeit ein Regelpensionsalter von 65 Jahren schwer erreichen können
- flächendeckende Umsetzung der Nachtschwerarbeitsstunden im Krankenhaus sowie in stationären Pflege- und Betreuungseinrichtungen
- keine Schnellschüsse wie eine Pflegelehre, durch die nur wenig Entlastung zu erwarten ist und die das System zusätzlich belastet