Pflege und Gesundheit
Pflegeprotest geht weiter!
Gewerkschaft und Betriebsrät:innen aus dem Pflege- und Gesundheitsbereich haben erneut auf die schwierige Situation in Spitälern und Pflegeeinrichtungen aufmerksam gemacht. Beim ÖGB Haus in Bregenz, an der vielbefahrenen Rheinstraße, wurden öffentlichkeitswirksam Würfel mit Forderungen aufgehängt. „Wir wollen nicht nur die Politik, sondern auch die Bevölkerung über die schwierigen Arbeitsbedingungen aufklären, unter denen das Pflegepersonal zu leiden hat“, erklärt der Landesvorsitzende der GÖD-Gesundheitsgewerkschaft, Thomas Steurer. An die Landesregierung soll die Aktion ein neuerliches Signal sein, dass die Gewerkschaft nicht locker lassen wird. „Das Personal ist am Limit! Wir stehen vor einer akuten Versorgungskrise im Gesundheits- und Pflegesystem“, warnt Steurer. Die jüngste Bedarfsanalyse bestätigt den dringenden Handlungsbedarf.
In Vorarlberg wird es bis zum Jahr 2030 fast 1.500 neue Pflegekräfte brauchen. Das ergab die jüngste Bedarfsanalyse im Auftrag der Landesregierung. Damit musste die Prognose aus dem Jahr 2017 deutlich korrigiert werden. Damals ging das Land noch von 400 fehlenden Pflegekräften aus. „Passiert ist seither nichts, darum stehen wir nun vor einer akuten Versorgungskrise im Gesundheits- und Pflegesystem“, kritisiert Steurer. „Wir brauchen dringend mehr Personal! Es sollte zudem alles dafür getan, werden, dass jene, die im Beruf sind, gehalten werden!“ Fast jede zweite Pflegekraft in Österreich denkt ans Aufhören. Die Gewerkschafts-Umfrage aus dem letzten Jahr wurde nun von einer Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) im Auftrag der Arbeiterkammer bestätigt. „Wenn sich nichts ändert, könnte es zu einer Kündigungswelle beim Pflegepersonal kommen“, verdeutlicht Steurer.
„Die große Frustration muss alle Alarmglocken schrillen lassen, denn bereits jetzt herrscht Personalmangel und eine Pensionierungswelle steht an.“ Die Gründe für die hohe Unzufriedenheit sind die vielen Überstunden und die hohe Belastung. „Immer wieder kommt es bei Pflegepersonal auch zum Burnout. Es gibt kaum Dienstplansicherheit und ‚Einspringen‘ ist schon fast der Normalfall“, kritisiert Steurer. Die Gewerkschaft fordert deshalb nun dringend „Akutmaßnahmen“. „Die Politik muss sich dabei mit betroffenen Pflegekräften und uns Arbeitnehmervertreter:innen an einen Tisch setzten, um Lösungen zu finden, wie der Problematik entgegengewirkt werden kann.“ Um die Arbeitszufriedenheit zu steigern, müssten auch die Gehälter erhöht werden.
Mittel- bis langfristig brauche es eine Gehaltsreform, mehr Freizeit und eine Ausbildungsoffensive. „Um den Kollaps zu vermeiden und die immer größer werdende Lücke zu schließen, ist eine Vielzahl an Maßnahmen notwendig.“ Es brauche einen besseren Personalschlüssel, die Ausbildungsplätze an der Fachhochschule müssten erhöht und der Lehrgang durch finanzielle Abgeltung attraktiviert werden, die Diplomausbildung an den Krankenpflegeschulen müsse verlängert und das Angebot für Quereinsteiger:innen finanziell besser gestaltet werden. „Die Pflegelehre lehnen wir klar ab, da sie das System nur zusätzlich belastet. Stattdessen sollte über eine Fachschule diskutiert werden, die mit Matura abgeschlossen werden kann, um in der Fachhochschule weiter studieren zu können.“