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Tourismus

Personalmangel ist hausgemacht!

In Lech stehen offenbar wegen Personalmangels Liftanlagen still. Liftbetreiber Michael Manhart führte dies in einem Interview auf arbeitsunwillige Arbeitnehmer:innen zurück und fordert, dass das Saisonierkontingent noch weiter erhöht wird. ÖGB-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer sieht dagegen die Schuld für den Personalmangel ganz klar bei den Liftbetreiber:innen selbst. „Die Tourismusbetriebe sollten endlich die Arbeits- und Rahmenbedingungen hinterfragen, anstatt den Arbeitnehmer:innen ständig Arbeitsunwilligkeit vorzuwerfen. Das ist Steinzeitrhetorik und unfair gegenüber allen arbeitssuchenden Menschen, die unverschuldet ihren Job verloren haben.“ Einer Erhöhung des Saisonierkontingents erteilt Stemmer neuerlich eine klare Absage. „Das Problem mit Billigarbeitskräften lösen zu wollen, ist ein Schuss ins Knie!“

„Jedes Jahr werden Millionenbeträge in die Infrastruktur investiert, gespart wird dafür beim Personal. Sitzheizungen in Sesselliften sind offenbar wichtiger, wie heimische Arbeitskräfte, die mit Leidenschaft für die Gäste da sind“, fordert Stemmer die Touristiker:innen auf, die Arbeits- und Rahmenbedingungen endlich zu hinterfragen. „Das Problem bei Saisonniers im Tourismus- und Gastgewerbe ist, dass über Jahrzehnte die Arbeitsbedingungen immer weiter verschlechtert worden sind. Deshalb immer mehr Arbeitskräfte aus Drittstaaten anzuwerben, ist ein verfehlter Ansatz und verschärft das Problem von fehlenden heimischen Arbeitskräften nur. So werden Lohn- und Sozialdumping Tür und Tor geöffnet.“ Vollzeitarbeit müsse ein gutes Leben ermöglichen – dies sei im Tourismus derzeit zumeist nicht der Fall. „Der vielbejammerte Personalmangel existiert nicht. Wir haben vielmehr einen Attraktivitäts-, Ausbildung- und Bezahlmangel in der Branche.“ Betriebe, die ihre Fachkräfte wie etwa Seilbahntechniker:innen selbst ausbilden und gute Arbeitsbedingungen bieten, hätten kaum Personalprobleme.

Stemmer wirft Manhart zudem vor, die Augen vor der Realität zu verschließen, „oder er bekommt in seiner Nobelskiortblase einfach nicht mit, wie es den Menschen unten im Tal geht“. „Wer Arbeitslosgengeld bezieht und damit mit der Hälfte seines vorherigen Einkommens auskommen muss, lebt sicher nicht in Luxus. Die Realität ist, dass 70.000 Menschen in Vorarlberg – darunter 18.000 Kinder – armutsgefährdet sind. Deren Einkommen reicht kaum zum Leben – d.h. sie haben zu wenig Geld, um die Miete zu zahlen, oder die Wohnung zu heizen. Den arbeitssuchenden Menschen – die meisten sind völlig unverschuldet in die Arbeitslosigkeit gerutscht – zudem pauschal vorzuwerfen, dass sie Sozialschmarotzer:innen sind, ist unterste Schublade und einfältiges Stammtisch-Gegröle.“

„Die Betriebe beschweren sich seit Jahren über zu wenig Personal und fordern regelmäßig die Erweiterung des Saisonierkontingents. Die Arbeitsbedingungen zu verbessern und den Menschen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt Perspektiven zu geben, daran denkt bei den Arbeitgeberverter:innen aber offenbar niemand“, kritisiert Stemmer und betont: „Ein Vollzeitjob muss so viel Einkommen bringen, dass ein gutes Leben möglich ist. Das ist in Vorarlberg besonders schwierig.“ Auch der Arbeitsmarkt sei ein Markt mit Angebot und Nachfrage.

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