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Steuerfreie Überstunden zum Nachteil für Frauen!

ÖVP-Bundesparteichef Karl Nehammer hat es schon in seinem „Österreichplan“ kundgetan: Überstunden sollen steuerfrei werden. „Nur weil Landeshauptmann Markus Wallner die Forderung nun nachkaut, wird der Vorschlag nicht besser“, betont ÖGB-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer. „Bevor man über die Steuer bei Überstunden spricht, muss erst dafür gesorgt werden, dass die rund 50 Millionen Überstunden ausgezahlt werden, die den Arbeitnehmer:innen im vergangenen Jahr vorenthalten wurden. Wir wehren uns zudem dagegen, dass wir mit einer solchen Maßnahme bei der Einkommensgerechtigkeit meilenweit zurückgeworfen werden und althergebrachte Rollenbilder einzementiert werden“, stellt Stemmer klar. Außerdem würde die Gesundheit der Beschäftigten aufs Spiel gesetzt.

Männer (24%) leisten laut Statistik Austria häufiger Überstunden als Frauen (13%). „Damit ist ein Wegfall der Besteuerung auf Überstunden zum klaren Vorteil für Vollzeitbeschäftigte und Männer“, so Stemmer und stellt klar, dass sich der ÖGB heftig dagegen wehren wird. Wer Teilzeit arbeitet – und das sind vor allem Frauen – bekommt für Mehrarbeit laut Arbeitszeitgesetz zudem niedrigere Zuschläge von 25 Prozent statt 50 Prozent wie bei Vollzeit. Stemmer betont, dass das Streichen der Besteuerung von Überstunden klar zu Lasten der Frauen geht. „Es kann niemand ernsthaft eine Benachteiligung von Hunderttausenden Frauen durchsetzen wollen!“ Stemmer erinnert auch daran, dass Frauen, insbesondere mit Kindern, weniger Überstunden machen. „Sie finanziell für die unbezahlte Arbeit auch noch zu bestrafen, ist unsolidarisch.“

Wenn Männer noch mehr Anreize bekommen würden, mehr Überstunden zu leisten, lande die Verteilung der unbezahlten Arbeit wie Kinderbetreuung und Pflege wiederum verstärkt bei den Frauen. „Das wirft uns bei der Gleichstellung meilenweit zurück“, kritisiert Stemmer. Außerdem würden Frauen zukünftig einen größeren Anteil des Steuertopfes finanzieren. Für Stemmer macht es grundsätzlich mehr Sinn, eine Arbeitszeitverkürzung in den Fokus der Überlegungen zu stellen. „Die Nachteile für die körperliche und psychische Gesundheit von Beschäftigten wegen überlanger Arbeitszeiten sind wissenschaftlich ausreichend erwiesen.“ Außerdem müsse Arbeit fairer verteilt werden. „Es ist unverständlich, dass auf der einen Seite Menschen so viel arbeiten, dass ihre Gesundheit darunter leidet - während andere keine Arbeit haben bzw, in der Teilzeitfalle festsitzen.“

Aus noch einem Grund ist der ÖVP-Vorschlag zum Nachteil von Frauen: Der Anteil an unbezahlt geleisteten Überstunden ist bei Frauen (23%) höher als bei Männern (14%). „Im Vorjahr wurden wieder einmal Millionen an Überstunden geleistet, ohne dass die Beschäftigten eine Gegenleistung dafür gesehen haben“, kritisiert der ÖGB-Landesvorsitzende mit Blick auf Zahlen der Statistik Austria. Insgesamt soll es sich um fast 47 Millionen Überstunden ohne Geld- oder Zeitausgleich gehandelt haben. „Jede vierte Überstunde ist unbezahlte Gratisarbeit, den Beschäftigten entgehen damit insgesamt 1,45 Mrd. Euro Bruttoentgelt.“ Stemmer fordert, anstatt Maßnahmen für noch mehr Überstunden einzuführen, „dass man sich darum kümmert, dass zuerst jene Überstunden korrekt abgegolten werden, die eh schon gemacht werden.“

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