Löhne und Gehälter
vida fordert Sonderkollektivvertragsverhandlungen
KV-Verhandlungen auf Herbst 2022 vorziehen
Der heiße Herbst nimmt Fahrt auf: Die Gewerkschaft vida fordert vom Sozialpartner Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sofort Sonderkollektivvertragsverhandlungen für die Beschäftigten in allen für die vida relevanten Branchen aufzunehmen. Neben den sowieso für Herbst anstehenden Verhandlungen, sollen KV-Verhandlungen, die erst 2023 terminisiert wären, bereits auf den kommenden Herbst vorgezogen werden. „Die Entlastungsmaßnahmen der Regierung gegen die Teuerung verpuffen bei ganz vielen Menschen sehr schnell – Einmalzahlungen decken keine laufenden Kosten. Das Bestreiten des täglichen Lebens darf nicht zum Luxus werden“, stellt vida-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer fest. „Die Löhne müssen daher jetzt steigen, die Beschäftigten müssen mit ihren Einkommen gut auskommen und leben können.“ Die vida hat heute Briefe mit entsprechenden Aufforderungen zu raschen teuerungsbedingten Sonder-KV-Verhandlungen an Wirtschaftskammerpräsident Mahrer und die zuständigen Fachverbände in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) verschickt.
Lassen uns mit Einmalzahlungen nicht abspeisen: Löhne müssen nachhaltig steigen
„Die anstehenden Lohnrunden werden eine harte Auseinandersetzung. Aber es braucht jetzt steigende Löhne. Lohnabschlüsse, die unter der rollierenden Inflation liegen (zwischen 6 und 7 Prozent), werden wir nicht akzeptieren – die vida wird keine Arbeitskonflikte scheuen. Es braucht eine deutliche Reallohnerhöhung für alle“, bekräftigt Stemmer. Die Gewerkschaften verhandeln im Herbst den Ausgleich für die zurückliegenden Monate, und da wurde überhaupt keine Teuerung ausgeglichen. Im Gegenteil, da gab es Kurzarbeit und nicht selten auch Kündigungen. Die staatlichen Maßnahmen gegen die Teuerung und die geplante Abschaffung der kalten Progression sind keine Argumente für niedrigere KV-Abschlüsse. Steuerfreie Prämienzahlungen sind nicht nachhaltig und daher kein Ersatz für KV-Erhöhungen. „Prämien sind nur zusätzlich ‚obendrauf‘ auf den KV-Abschluss willkommen. Mit Einmalzahlungen, die nicht nachhaltig wirken, lassen wir uns nicht abspeisen!“, so Stemmer entschlossen.
Kaufkraft stärken: 2.000 Euro KV-Mindestlohn gefordert
„Die Kaufkraft der Menschen muss jetzt gestärkt werden. Es müssen wieder wirtschaftliche Stabilität und Zuversicht im Land geschaffen werden“, betont Stemmer. Daher fordert die vida auch die Verankerung von 2.000 Euro Bruttomindestlohn in den Kollektiverträgen für Branchen, die noch unter diesem Wert liegen: „Die Beschäftigten brauchen eine rasche, verlässliche und nachhaltige Lohnerhöhung. Es muss selbstverständlich sein, dass man von Vollzeitarbeit auch ohne Nebenjob leben kann: Wenn wir von 2.000 Euro brutto sprechen, dann entspricht das netto etwas mehr als 1.500 Euro“, macht Stemmer klar. Zudem müssen auch die Lehrlingseinkommen flächendeckend und so rasch als möglich auf mindestens 1.000 Euro brutto im 1. Lehrjahr angehoben werden. Denn auch sie haben mit der Preisexplosion gerade bei Lebensmitteln und Mobilität zu kämpfen.
1.500 Euro netto im Monat für bescheidenes Leben benötigt
„Allein 1.060 Euro betragen die Mehrkosten im Jahr 2022 aufgrund der Teuerung. Für ein bescheidenes Leben braucht in Österreich eine Person inflationsbereinigt zumindest 1.500 Euro Nettoeinkommen im Monat“, sagt Stemmer. Dieser Betrag entspricht dem sogenannten Referenzbudget, das in Österreich von der staatlich anerkannten Schuldnerberatung erstellt wird. Es zeigt die finanzielle Untergrenze dessen, was es braucht, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Menschen vor Abrutschen in die Armut schützen
Die vida ist für Kollektivverträge zuständig, da verdient man im Monat für Vollzeitarbeit in vielen Berufen noch keine 1.500 Euro netto als Basislohn. Konkret betrifft dies u.a. Reinigungskräfte (1.360 Euro netto im Monat), Friseur:innen (1.290 Euro netto im Monat), Arbeitskräfte im Hotel- und Gastgewerbe (1.325 Euro netto im Monat), in der Bewachung (1.373 Euro netto im Monat), in privaten Gesundheitseinrichtungen (1.407 Euro netto im Monat) genauso wie auch in der Pflege (1.383 Euro netto im Monat). In der Reinigung verdienen gar 99 Prozent der Beschäftigten unter 2.000 Euro brutto. „Das macht deutlich, dass 2.000 Euro brutto im Monat keine unverschämte Forderung sind, sondern bitter benötigt werden, um im Jahr 2022 sich in Österreich das Leben noch leisten zu können und um nicht unter die aktuelle Armutsgrenze von knapp 1.400 Euro netto im Monat zu rutschen“, so Stemmer.
Beispiel Bewachung: Wenig Lohn und schwierige Rahmenbedingungen
Im Bereich Bewachung verdienen 90 % unter € 2.000 davon sind 60 % Männer betroffen. Dies bei Vollzeitarbeit von 40 Stunden pro Woche. 1.700 € Mindestlohn wurden für heuer erreicht. „Das für eine Dienstleistung, die rund um die Uhr das ganze Jahr verfügbar sein sollte. Viele Mitarbeiter:innen machen Überstunden, um über die Runden zu kommen. 48-Stundenwochen und mehr sind die Regel“, weiß Peter Grebenz, vida-Vorstand und zuständig für den Bereich „Bewachung“. Aufgrund der schwierigen Arbeitsbedingungen – gerade im Alleindienst – besteht zudem eine sehr hohe Fluktuation, da Verantwortung zu Bezahlung in keiner Relation steht!
„Gerade in Zeiten wie diesen müssen die Arbeitsbedingungen dringend an die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter:innen angepasst werden. Die große Verantwortung, die ihre Aufgabe mit sich bringt, muss sich zudem in der Bezahlung widerspiegeln. Die Beschäftigten in dieser Branche haben mehr Wertschätzung und Anerkennung durch Unternehmen und Auftraggeber:innen verdient. Ein Mindestlohn von 2.000 ist das Mindeste!“
Menschen müssen ihre laufenden Kosten decken können
„Die Teuerung trifft jeden. Wir alle haben unsere Ausgaben auf unser Einkommen ausgelegt. Bei gleichbleibendem Einkommen konnte man sich im letzten halben Jahr immer weniger damit leisten. Viele Betroffene können die Teuerung bei Produkten und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs, bei laufenden Zahlungsverpflichtungen für Mieten und Energie sowie für Mobilitätskosten nicht mehr stemmen“, betont Stemmer.
Einmalaktionen verpuffen schnell und können mit Teuerung nicht mithalten
„Dem entstandenen Kaufkraftverlust und Konsumverzicht tragen die bisher angekündigten Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung (überwiegend Einmal- und Gutscheinaktionen) in keiner Weise Rechnung. Damit lassen sich keine laufenden Kosten decken. Man denke nur an Betroffene, die auch noch laufende Kredite begleichen müssen“, kritisiert Stemmer. Denn es sind ja nicht nur die Kosten für Strom rapide angestiegen. Auch die Kosten für Gas, Heizöl, Lebensmittel, Treibstoffe oder Baustoffe befinden sich in schwindelerregenden Höhen. Ein Zehntel der Haushalte gibt bereits fast die Hälfte seines Budgets für Wohnen aus und hat demnach auch entsprechend weniger für Mobilität, Lebensmittel und Heizen zur Verfügung. „Viele Menschen stehen schon vor dem Abgrund. Wir müssen daher jetzt vor dem Absturz bewahren und ihre Existenzen sichern“, bekräftigt Stemmer.
Beschäftigte entlasten – vida-Forderungen an die Bundesregierung
• Öffentliche Mobilität ausbauen und erschwinglicher machen
• Umsatzsteuer auf alle Öffi-Tickets abschaffen
• Armutsbekämpfung durch Sondersteuer auf Übergewinne von Energieunternehmen – bis zu 2,2 Mrd. Entlastungsvolumen
• Preiskommission „mit Biss“, die Lebensmittelpreise beobachtet und eingreifen kann.
• Senkung der Steuern auf Treibstoffe auf Zeit
• Neben dem Energiepreisdeckel für Strom, der von der Bundesregierung eingeführt wird, braucht es auch u.a. einen für Gas- und Ölrechnungen. Es geht auch um Warmwasser und Heizung und nicht nur um die Stromversorgung.
• Miet-Preisspirale bremsen durch Rücknahme der aktuellen Mietsteigerungen und
Einführung einer gesetzliche Mietobergrenze
• Erhöhung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld von 55 auf 70 Prozent
"Preise runter! Demo gegen die Kostenexplosion!“
Am 17. September wird mit Demonstrationen in allen Bundesländern die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. „Wir wollen ein klares Zeichen setzen, dass die Menschen in diesem Land dringend Entlastung brauchen“, betont ÖGB-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer. „Immer mehr Menschen haben große Existenzängste. Genau deshalb gehen wir am 17. September in ganz Österreich auf die Straße und demonstrieren (Start in Vorarlberg: 14 Uhr beim Bahnhof Bregenz). Wir werden bei diesen Demonstrationen die längst überfälligen Lösungen mit Nachdruck einfordern“, erklärt Stemmer.