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European Union 2021 - Source : EP

ÖGB Europa-Update

EU vernachlässigt in der Klimapolitik soziale Maßnahmen

Die EU hat sich – entsprechend dem Pariser Klimaabkommen – auf ambitionierte, klare Klimaziele geeinigt: 2050 soll Treibhausgarneutralität erreicht werden. Um im Zeitplan zu bleiben, sollen bis 2030 die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 55% reduziert werden. Die für diesen Etappenerfolg notwendigen Maßnahmen werden von der Kommission im Klimaschutzpaket „Fit for 55“ vorgezeichnet.

Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) steht voll hinter den Emissionszielen. Es ist jedoch zu befürchten, dass die dafür notwendigen Lasten nicht fair verteilt werden. Die Kommission unterschätzt die Auswirkungen auf den europäischen Arbeitsmarkt einerseits und will andererseits Privatpersonen für Heizen, Wohnen und Transport tief in die Tasche greifen lassen. Entgegen der Forderung der europäischen Gewerkschaften will die Kommission, dass diese Bereiche künftig in den Emissionshandel einbezogen werden. Die geplante Reform würde Unternehmen entlasten, aber vor allem finanzschwache Haushalte hart treffen.

Erste Berechnungen gehen davon aus, dass die von der Kommission angeregten Reformen die Transportkosten jährlich um 373 Euro und die Heizkosten um 429 Euro pro Durchschnittshaushalt erhöhen würden. Besonders ungerecht: Wohlhabende Regionen und Haushalte, die bereits in umfassende Sanierungen investieren konnten, kämen am billigsten davon.

Ludovic Voet, politischer Sekretär des EGB, sieht dadurch den Rückhalt in der Bevölkerung für die Klimaschutzmaßnahmen gefährdet: „Die Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems auf den Straßenverkehr und das Bauwesen wird in ganz Europa eine soziale Gegenreaktion im Stil der Gelbwesten auslösen – ohne dass der Klimaschutz dadurch verbessert wird.“

Sozialer Ausgleich, Just Transition - die EGB-Forderungen im Überblick:
 

  • Fairer Übergang (Just Transition): Am Arbeitsmarkt sind große Verwerfungen zu erwarten. Von den Beschäftigten wird aus Brüssel erwartet, dass sie flexibel sind und auf grüne Jobs umsatteln. Dafür müssen zuerst einmal die Rahmenbedingungen stimmen. Ausbildung und Umschulung muss möglich sein, ohne dass Betroffen in der Ausbildungszeit Einkommensverluste hinnehmen müssen. Um in den absehbar turbulenten Zeiten finanzielle Absicherung zu garantieren, müssen in Österreich und in vielen anderen EU-Ländern außerdem das Arbeitslosengeld erhöht werden.
  • Einbindung der Sozialpartner in die politische Strategiediskussionen aber auch auf der Betriebsebene
  • Energiearmut, steigende Transport- und Heizkosten. Die Bereiche dürfen nicht in den ETS-Handel einbezogen werden. Anders als Industriekonzerne haben die Betroffenen oft keine direkte Möglichkeit, Verbesserungen zu schaffen. Was hier nicht vergessen werden darf: Der Grüne Wandel muss von der Bevölkerung mitgetragen werden. 
  •  Investitionen in Infrastruktur und Zukunftstechnologien. Die aktuell vorgesehenen Mittel reichen dafür aus unserer Sicht nicht aus. Die Berechnungen der Kommission legen diesen Schluss ebenfalls nahe. à Die seit langem geforderte „Golden Rule“ würde das Problem lösen: Sinnvolle, notwendige Infrastrukturinvestitionen sollen nicht durch die starren EU-Verschuldungsregeln unterbunden werden.
  • CBAM: Die Gewerkschaften unterstützen das Konzept des Grenzausgleichs zum Schutz vor „Carbon leakage“ (= unfaire Konkurrenz von Unternehmen, die aus Wirtschaftsräumen, die keine strengen Klimaschutzvorschriften haben, billige Produkte in die EU importieren). Die Schwäche des Mechanismus ist, dass Exporte europäischer Unternehmen in Drittstaaten nicht geschützt sind. Nach dem Ausschleifen der Gratiszertifikate (=aktuelle Förderung für Unternehmen, die trotz vorbildlicher Bemühungen, einen hohen CO2-Ausstoß haben) müssten auch in anderen Wirtschaftsräumen ähnliche Modelle wie in Europa eingeführt werden. Das ist am besten über die Handelspolitik zu lösen.