Zum Hauptinhalt wechseln
Pcess609 – stock.adobe.com

Positionen

Grundlegende Beschlusslage

Allgemeine Beschlüsse zur Klimapolitik aus Arbeitnehmer:innen-Perspektive als kurze Themendossiers auf Basis der zwei grundlegenden Positionspapiere

Hintergrund: Grundlage der folgenden Themendossiers sind das "Klima-Positionspapier aus Arbeitnehmer:innen-Perspektive"  (2021) und das zentrale Kapitel 1 im Beschluss des 20. ÖGB Bundeskongresses (2023). 

Just Transition Rahmen

Die Herausforderung

Die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft bringt viele Änderungen in der Arbeitswelt mit sich. Während es dabei einerseits zu Jobverlusten kommen kann, stehen auf der anderen Seite neue Chancen für qualitativ hochwertige Beschäftigung in einer ökologisch und sozial nachhaltigen Wirtschaft. Zurzeit gibt es allerdings keine übergeordnete Strategie, wie dieser Übergang im Sinne der Arbeitnehmer:innen gestaltet werden soll. Aufgrund fehlender politischer Ziele und Strategien besteht derzeit die Gefahr, dass neue Wertschöpfungsketten sowie die damit verbundenen Arbeitsplätze an Österreichs Regionen vorbei entstehen und so die Potenziale des grünen Strukturwandels nicht genutzt werden können.

Die Position des ÖGB

Der ÖGB beruft sich hier auf zwei Slogans aus der internationalen Gewerkschaftsbewegung, und zwar „No Jobs on a Dead Planet“, also keine Arbeitsplätze auf einem zerstörten Planeten, und „Change by Design, not by Desaster“, was deutlich macht, dass die Transformation bewusst gesteuert werden muss und nicht den Kräften des freien Marktes überlassen werden darf. Aufgrund der klaren arbeitsmarkt- sowie verteilungspolitischen Zusammenhänge ist es entscheidend, klimapolitische und soziale Maßnahmen zusammenzudenken. Nur eine sozial gerechte Klimapolitik kann das gute Leben für alle auf einem intakten Planeten sicherstellen. Dabei fordert der ÖGB die breiten Einbeziehung aller Betroffenen, insbesondere Arbeitnehmer:innen, ihre Betriebsrät:innen und ihre Gewerkschaften.

Konkrete Forderungen

In einer breit angelegten „Just Transition”-Strategie dargelegt werden, wie Österreich sein Ziel einer Klimaneutralität 2040 erreichen will und mit welchen beschäftigungspolitischen und sonstigen Maßnahmen dieser Transformationsprozess begleitet werden soll.

Zur Umsetzung und Begleitung einer solchen Strategie soll eine eigene „Just Transition”-Agentur geschaffen werden. Diese Agentur soll Ministerien sowie Sozialpartner einbinden und regelmäßige Berichte erstellen.

Um auch auf betrieblicher Ebene eine „Just Transition“ sicherzustellen, müssen Betriebe gemeinsam mit Betriebsrät:innen mittel- und langfristige Pläne zur Dekarbonisierung erstellen. Neben technischen Maßnahmen müssen diese auch konkrete „Just Transition”-Maßnahmen enthalten.

Für jene Arbeitnehmer:innen, die von Veränderungsprozessen negativ betroffen sind, muss es eine staatliche Garantie in Hinblick auf ihre Weiterbeschäftigung geben. So soll bewirkt werden, dass die Transformation für Arbeitnehmer:innen im Hinblick auf Qualifikation, Arbeitsbedingungen und Bezahlung keine Verschlechterung bedeutet. Dazu bieten sich arbeitsmarktpolitische Instrumente wie etwa Stiftungen an.

Neben der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft üben auch andere Faktoren wie etwa die Digitalisierung in vielen Branchen Druck auf Arbeitsplätze aus. Daher führt an einer neuen Verteilung der Arbeit durch kluge Modelle der Arbeitszeitverkürzung kein Weg vorbei. So sollen auch bei Automatisierung von Prozessen oder sinkender Produktion in einem Betrieb Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Um einen guten Lebensstandard für alle Menschen zu sichern, ist die qualitätsvolle, öffentliche Daseinsvorsorge unerlässlich. Investitionen in Zukunftsbranchen wie der Pflege, dem öffentlichen Verkehr oder der Bildung sind notwendig für eine gerechte und solidarische Bewältigung der Klimakrise.

Es braucht strategische Überlegungen, wie in Österreich nachhaltige Industriezentren gehalten und ausgebaut werden können. Nur so können die Beschäftigungspotenziale der Transformation voll ausgeschöpft werden.

 

Energie

Die Herausforderung

Um die Klimaziele zu erreichen, muss in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ein massiver Umbau des Energiesystems gelingen. Fossile Energieträger wie Öl und Gas müssen schrittweise durch erneuerbare Energiequellen wie Wind oder Solarenergie ersetzt werden. Dabei geht es auch um die Frage, wer die Energiewende bezahlen soll, und deshalb letzten Endes um Verteilungsgerechtigkeit.  Die Energiekrise hat deutlich gemacht, dass die Energie als lebensnotwendiges Gut nicht dem freien Markt überlassen werden kann. Eine Just Transition des Energiesystems braucht daher eine neue Leitlinie, die sich nach dem Gemeinwohl orientiert.

Die ÖGB-Position

Die Energiewende ist keine rein technische Frage, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, deren soziale Dimension im Mittelpunkt stehen und mit ökologischen Anforderungen verbunden werden muss. Sie ist daher aktiv zu gestalten, sodass am Ende sowohl die Nutzer:innen, als auch die Beschäftigten und das Klima profitieren. Dabei müssen allen von der Transformation betroffenen Beschäftigten attraktive Zukunftsaussichten im Arbeitsleben geboten werden. 

Konkrete Maßnahmen

 

Energieeffizienz isteine zentrale Maßnahme, die Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Leistbarkeit garantiert. Dabei sind nicht nur finanzielle Fragen relevant, sondern auch rechtliche Barrieren zu beachten, wie beispielsweise die Unterschiede bei Miet- oder Eigentumswohnungen. Um allen Menschen Zugang zu Energieeffizienzmaßnahmen zu ermöglichen, müssen daher auch neue Strukturen geschaffen werden.

Eine jährliche Klimamilliarde soll bis 2030 für saubere Heiz- und Kühlsysteme sowie für die thermische Sanierung von Wohnungen und die thermische Sanierung von Schulen, Krankenhäusern und öffentlichen Gebäuden zur Verfügung stehen.

Die Entstehung neuer grüner Branchen, wie zB der Wasserstoffproduktion, schafft neue Arbeitsplätze. Für den ÖGB ist zentral, dass diese „green jobs“ auch gute Jobs sind. Daher muss der Erhalt von Steuergeldern an Bedingungen für die Schaffung guter Arbeitsplätze geknüpft sein.

Zurzeit wird ein überproportional großer Teil der Netzkosten von Haushalten getragen. Erzeuger und Händler hingegen tragen wenig bis nichts zum dringend notwendigen Netzausbau bei. Eine faire, verursachungsgerechte Kostentragung durch alle Netznutzer:innen unter besonderer Berücksichtigung von schutzbedürftigen Gruppen soll hier zu mehr Gerechtigkeit führen. Außerdem braucht es für den Netzausbau dringend eine längerfristige, mit dem Klimaziel von Paris konforme Netzplanung.

Energie bedeutet Wärme und Mobilität; sie ist ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Der Staat darf daher die Verantwortung für ihre Bereitstellung nicht dem freien Markt überlassen. Die öffentliche Hand sollte ihre Unternehmensbeteiligungen sichern und ausbauen und so garantieren, dass Energieunternehmen langfristig sauberen, leistbaren und verlässliche Energie zur Verfügung stellen können.

Mobilität

Die Herausforderung

Der Verkehrssektor ist derjenige Bereich, in dem seit 1990 die bei Weitem größten Zuwächse an Emissionen zu verzeichnen sind. 30 Prozent aller Emissionen in Österreich stammen aus dem Verkehrssektor. Es gibt keine Lösung der Klimakrise ohne tiefgreifende Änderung im Verkehrssystem. Gleichzeitig sind die Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten im Verkehrsbereich mit der Klimafrage eng verknüpft. Im Verkehrswesen arbeiten rund 250.000 Beschäftigte, sie halten unser Land am Laufen. Ein ruinöser Wettbewerb im Transportbereich basiert jedoch auf billigen Arbeitsplätzen und verursacht dadurch mehr umweltbelastenden Verkehr.

Die ÖGB-Position

Für eine klimagerechte Mobilität der Zukunft braucht es daher geteilte Zielbilder sowie gezielte ordnungspolitische Maßnahmen. In Unternehmen braucht es ein Umdenken in Bezug auf Arbeitswege und Lieferketten. Eine „Wirtschaft der kurzen Wege“ muss im Vordergrund stehen.

Konkrete Maßnahmen

 

Es braucht eine geteilte Vision der Mobilität der Zukunft. Menschen müssen die Möglichkeit haben, Einrichtungen des öffentlichen Lebens öffentlich gut zu erreichen. Dazu soll zwischen 5.00 und 24.00 in allen Gemeinden ein halbstündiges Intervall sichergestellt werden.

Die niedrigen Preise von klimaschädlichen LKW-Transporten basieren vor allem auf der Ausbeutung von Arbeitnehmer:innen. Eine stärkere Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping sowie eine Versender- bzw. eine Auftraggeber-Haftung gegen Unterentlohnung und Sozialmissbrauch sind daher dringend angebracht.

Die Raumordnung muss danach ausgerichtet werden, dass wichtige Orte des täglichen Lebens (Arbeitsplätze, Bildungs- und Freizeitangebote, Gesundheitsversorgung etc.) klimaneutral ohne Auto und mit kurzen Wegen erreichbar sind. Außerdem muss im öffentlichen Raum Zufußgehen und Radfahren gegenüber dem motorisierten Individualverkehr konsequent bevorzugt werden

Als Anreiz zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel soll bei überwiegender Benutzung der Öffis der große Pendlerabsetzbetrag zustehen. Außerdem bevorteilt die derzeit bestehende Regelung Menschen mit hohem Einkommen. Hier muss ein gerechterer Zugang gewählt werden.

Unternehmen ab 50 Beschäftigten sollen verpflichtet werden, dafür zu sorgen, dass ihre Kund:innen und Arbeitnehmer:innen mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen können und die Logistikketten CO2-neutral werden.

Eine verpflichtende Verlagerung des Güterverkehrs von nationaler bis europäischer Ebene ab 500 Kilometer auf die Schiene wäre ein wichtiger Schritt, um die Anbindung strategischer Infrastruktur an Schienenlösungen, Investitionen in Industriegleise sowie die Einbindung großer Logistikunternehme zu fördern. Außerdem fordern wir die Einführung einer flächendeckenden LKW-Maut.

Wohnen

Die Herausforderung

Der Gebäudesektor ist einer der zentralen Hebel in der Erreichung der Klimaneutralität. Zwischen 1990 und 2022 sind die CO2 Emissionen hier bereits um 6 Millionen Tonnen gesunken. Um die Klimaneutralität zu erreichen, ist hier aber eine weitere Reduktion notwendig. Die steigende CO2-Bepreisung bedeutet, dass die Kosten für das fossile Heizen in Zukunft deutlich zunehmen werden. Einkommensschwacher Haushalte und / oder Mieter:innen können aber die hohen Kosten für eine Sanierung oder einen Heizungstausch oft nicht stemmen. Eine sozial gerechte Wärmewende ist daher unerlässlich.

Die ÖGB-Position

Der ÖGB hat sowohl in seinem Positionspapier Klimapolitik aus ArbeitnehmerInnen-Perspektive als auch in seinem Arbeitsprogramm 2023 – 2028 Forderungen für sozial und ökologisch nachhaltiges Bauen und Wohnen erarbeitet. Es gilt, durch Sanierungen und Heizungstausch Menschen und Klima zu entlasten. Gleichzeitig muss hier der soziale Ausgleich mitgedacht werden. Sanierungen dürfen nicht zu unkontrollierten Mietsteigerungen führen.

Konkrete Maßnahmen

Es ist eine deutliche Anhebung der Sanierungsrate bei öffentlichen Gebäuden sowie Wohnungen und Einfamilienhäusern notwendig. Um die Klimaziele Österreichs zu erreichen, soll bis zum Jahr 2030 mindestens eine Million Tonnen CO2 durch thermische Sanierung eingespart werden.

Es braucht geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen für den Umstieg auf erneuerbare Energiesysteme. Förderungen für fossile Heizungsanlagen bzw. für den Anschluss an fossile Netze (wie Erdgasnetze) sind jedenfalls auszuschließen, um „Lock-in-Effekte" zu vermeiden. Es braucht ein Erneuerbaren-Gebot, das Tausch von alten Ölheizungen auf neue Ölheizungen nicht mehr ermöglicht.

Es braucht geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen für den Umstieg auf erneuerbare Energiesysteme. Förderungen für fossile Heizungsanlagen bzw. für den Anschluss an fossile Netze (wie Erdgasnetze) sind jedenfalls auszuschließen, um „Lock-in-Effekte" zu vermeiden. Es braucht ein Erneuerbaren-Gebot, das Tausch von alten Ölheizungen auf neue Ölheizungen nicht mehr ermöglicht.

Thermische und energetische Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs sollen prinzipiell als Erhaltungsarbeiten gelten. Dadurch verursachte Mieterhöhungen, die durch unzureichende Hauptmietzinsreserven nicht beglichen werden können, sollen, abhängig von der Bestandsdauer, auf einen längeren Zeitraum verteilt werden – von zehn auf 20 Jahre.

Es braucht eine Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung und der Darlehensrückflüsse, entweder durch landesgesetzliche Regelungen oder durch eine Art.15a-Vereinbarung. Darüber hinaus sind allerdings auch zusätzliche finanzielle Mittel notwendig.

 

Arbeitsrecht

Die Herausforderung

Die steigende Anzahl sowie Intensität der Hitzetage im Sommer bedeuten eine extreme Belastung für viele Arbeitnehmer:innen. Bei Arbeiten auf Dächern oder in Baugruben werden teilweise Temperaturen von über 50°C erreicht. Aufgrund des massiven Stress, dem Arbeitnehmer:innen ausgesetzt sind, steigt während Hitzeperioden die Anzahl der Arbeitsunfälle merklich. Dies betrifft neben Menschen, die ihre Arbeit im Freien verrichten, auch Branchen wie zB den Verkehr oder auch frauendominierte Branchen wie Wäschereien. Das Arbeitsrecht in seiner derzeitigen Form bietet betroffenen Arbeitnehmer:innen keinen ausreichenden Schutz vor der zunehmenden Bedrohung durch die Hitze oder die intensive UV-Strahlung. Andere Länder wie Deutschland sind hier schon weiter.

Die ÖGB-Position

Um das Arbeitsrecht fit für die wachsende Klimakrise zu machen, braucht es rasch praxistaugliche und zeitgemäße gesetzliche Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer:innen vor Sonnenstich, Hitzeschlag, Sonnenbrand und Hautkrebs. Es müssen Temperaturobergrenzen definiert werden, über denen Arbeit nicht mehr möglich ist und hitzefrei angeboten werden muss. Der ÖGB hat hier sowohl in seinem Positionspapier Klimapolitik aus ArbeitnehmerInnen-Perspektive als auch in seinem Arbeitsprogramm 2023 – 2028 konkrete und praktikable Forderungen entwickelt.

Konkrete Maßnahmen

Ab der Temperatur von über 30°C in Arbeitsstätten, an auswärtigen Arbeitsstellen und auf Baustellen bezahlt hitzefrei, solange keine kühlere Alternative von der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber angeboten wird.

In allen Innenräumen ist eine eindeutige Definition von Temperaturgrenzwerten im Sinne einer Maximaltemperatur von 30C° inkl. dazugehörigem verpflichtenden Maßnahmenkatalog ab einer Raumtemperatur von 25°C sowie Strafbestimmungen vorzusehen. Dabei gehen organisatorische und technische vor personenbezogene Maßnahmen.

Zur effektiven Durchsetzung der Arbeitnehmer:innenschutz-Bestimmungen sind neben der Konkretisierung der gesetzlichen Strafbestimmungen auch die Aufstockung zuständigen Kontrollorgane notwendig. Während Hitzeperioden sollen verstärkt vor-Ort-Kontrollen stattfinden.

 An Tagen, an denen absehbar ist, dass die Temperatur 30°C überschreiten wird, hat der Arbeitgeber im Vorhinein bei der Planung die Arbeitszeit auf maximal acht Stunden zu begrenzen.

Arbeiten in der prallen Sonne birgt neben der Hitze auch die Gefahr von langfristigen Schäden durch UV-Strahlung, allen voran Hautkrebs. Je früher Hautkrebs entdeckt wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten. Wir fordern deshalb, in die Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz jährliche verpflichtende Hautuntersuchungen für gefährdete ArbeitnehmerInnen aufzunehmen.

 

Downloadbereich