Bundeskongress: Rede von Sozialministerin begleitet von Protestaktion
Bekenntnis zur Sozialversicherung und „Effizienzhinterfragung“ bei AUVA
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein skizzierte in ihrer Rede die Herausforderungen der künftigen Arbeitswelt und nahm zu den geplanten Veränderungen im Bereich der Sozialversicherungen Stellung. Begleitet wurde ihr Auftritt von einer Protestaktion der Gewerkschaftsjugend, die während der gesamten Rede gefesselt und geknebelt auf der Bühne blieben.
Protest der Gewerkschaftsjugend
Bereits zu Beginn taten die anwesenden FunktionärInnen beim 19. ÖGB-Bundeskongress mit Schildern „JA zur EU-Arbeitsbehörde in ÖSTERREICH“ und „JVR muss bleiben“ ihre politischen Botschaften kund. Die Aktion der Gewerkschaftsjugend, bei der die jungen FunktionärInnen mit Klebebändern über Mund und Händen auf die Bühne kamen und dort während des gesamten Redebeitrags von Hartinger-Klein blieben, wurde von minutenlangem Applaus und Standing Ovations der Anwesenden begleitet.
Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0
Zu Beginn sah sich Hartinger-Klein genötigt, klarzustellen: „Ich respektiere diese Aktion, bitte umgekehrt aber auch um Respekt für andere Meinungen und Positionen.“ Sie betonte: „Ich bin auch eine Arbeitnehmervertreterin!“.
Anschließend skizzierte sie die Herausforderungen der Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt von morgen. „Gute Arbeit weist für mich vier Merkmale auf: Sie muss gute bezahlt und menschengerecht sein, wir brauchen Bildung und Qualifizierung, Arbeit muss tariflich geschützt sein und sie muss selbst- und mitbestimmt sein. Inwieweit wir die Herausforderungen der Zukunft erreichen können, hängt davon ab, inwieweit die Arbeitswelt gestaltbar ist. Darum brauchen wir künftig auch neue Formen der Mitbestimmung“, so die Ministerin und verwies unter anderem auf neue Arbeitsformen wie Crowdwork und Outsourcing.
Sozialversicherungen: gleiche Beiträge für gleiche Leistung
Zur aktuellen Debatte rund um die Sozialversicherungen meinte Hartinger-Klein: „Es ist mein Ansinnen, hier die gleichen Leistungen für gleiche Beiträge zu gewährleisten.“ Bei der AUVA wolle sie „eine gewisse Effizienz hinterfragen“. Für diese Ankündigung erntete die Ministerin laute Pfiffe der Anwesenden. Auf mehr Zustimmung stieß ihre Zusicherung, dass die Beitragserhebungen bei den Sozialversicherungen bleiben werden. Hartinger-Klein betonte zudem: „Neue Selbstbehalte sind für mich kein Thema!“
Kein Einlenken bei JVR, Warnung von Muchitsch
Die tägliche und wöchentliche Normalarbeitszeit bleibe zudem erhalten, so die Ministerin. Ihre Aussage „Wir ermöglichen zudem die Vier-Tage-Woche für jene, die es wollen“ sorgte für schallendes Gelächter im Saal. Hartinger-Klein sicherte zu, das System der Kollektivverträge aufrecht erhalten zu wollen, allerdings könne es in manchen Bereichen zu zusätzlichen Vereinbarungen mit den BetriebsrätInnen kommen. Die geplante Abschaffung des Jugendvertrauensrates kommentierte die Sozialministerin in Richtung der Österreichischen Gewerkschaftsjugend: „Das Wahlalter wird auf 14 gesenkt, der Betriebsrat wird euch künftig vertreten.“ Auch diese Aussage wurde mit lauten Pfiffen quittiert. Josef „Beppo“ Muchitsch bedankte sich abschließend bei Hartinger-Klein, gab der türkis-blauen Regierung aber zugleich eine Botschaft mit: „Je stärker ihr in die Mitbestimmung eingreift mit der Absicht zu schwächen, umso stärker werden wir als Gewerkschaft!“
Attacken auf SV-Beschäftigte inakzeptabel
Michael Aichinger, Zentralbetriebsratsvorsitzender der Wiener Gebietskrankenkasse, betonte die Bedeutung der Sozialversicherungen: „Die Beschäftigten der Sozialversicherungen versehen einen hervorragenden Dienst, sie garantieren die beste Betreuung der Versicherten in Österreich. In letzter Zeit werden hier allerdings die Grundprinzipien der Mathematik außer Kraft gesetzt. Das Ergebnis ist inakzeptabel: Es kommt ständig zu Attacken auf die Beschäftigten! Ich fordere Respekt für sie!“ Er betonte zudem seine Gesprächsbereitschaft. „Gesundheit ist kein verhandelbares Gut!“, stellte er abschließend klar.
„Sozialversicherung gehört keiner Regierung“
Ins selbe Horn stieß Albert Maringer, Obmann der Österreichischen Gebietskrankenkasse: „Mit der Sozialversicherung und ihrer 150-jährigen Geschichte wurde eine der tollsten Einrichtungen der Welt geschaffen. Wem gehört die Sozialversicherung? Sie gehört keiner Regierung, sie gehört den Versicherten!“. Zurzeit wird ein System verunglimpft, anstatt weiterentwickelt. „Wir lassen uns diese Errungenschaft nicht wegnehmen!“, gab sich Maringer kämpferisch.