ÖGB-Bundesfrauenkongress: Leitantrag beschlossen
Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und 1.700 Euro KV-Mindestlohn
Die Delegierten des 18. ÖGB-Bundesfrauenkongresses beschlossen heute den Leitantrag für die kommenden fünf Jahre. Einkommensgerechtigkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die soziale Absicherung von Frauen stehen dabei im Zentrum.++++
Besonderen Fokus legen die ÖGB-Frauen auf die Digitalisierung und die damit verbundenen Veränderungen in der Arbeitswelt. Wir erleben eine extreme Arbeitsverdichtung. Das Tempo am Arbeitsplatz hat sich erhöht, und es verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben. Die ÖGB-Frauen fordern daher eine bessere Verteilung von Arbeit durch eine Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich und das Erreichen der sechsten Urlaubswoche für alle Beschäftigten nach 25 Jahren Erwerbstätigkeit.
Gleiche Chancen für Frauen
Frauen sind nach wie vor am Arbeitsmarkt benachteiligt, sie verdienen weniger als Männer, arbeiten vermehrt in Teilzeit und in Niedriglohnbranchen. Daher fordern die ÖGB-Frauen einen Mindestlohn von 1.700 Euro brutto bei Vollzeitarbeit in allen Kollektivverträgen und eine Erhöhung des Mehrarbeitszuschlags bei Teilzeitbeschäftigten sowie einen Rechtsanspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit bei regelmäßiger Mehrarbeit. Für mehr Einkommensgerechtigkeit müssten zudem die Eltern-, Pflege- und Familienhospizkarenzzeiten auf alle dienstzeitabhängigen Ansprüche gesetzlich angerechnet werden. Dadurch hätten Frauen unter anderem einen schnelleren Anspruch auf die sechste Urlaubswoche.
Finanzielle, aber auch organisatorische Verbesserungen der Arbeitsbedingungen müsse es auch im Pflegebereich geben, in dem besonders viele Frauen arbeiten. Hier fordern die ÖGB-Frauen die Abschaffung der 24-Stunden-Betreuung auf selbstständiger Basis und einheitliche bundesweite Rahmenbedingungen sowie qualitätssichernde Regelungen bei der Besoldung und einen ausreichenden Personal- und Betreuungsschlüssel.
Um Frauen die gleichen Chancen und vor allem echte Wahlfreiheit zu ermöglichen, braucht es das Recht auf ein ganztägiges, flächendeckendes, leistbares und vor allem qualitativ hochwertiges Bildungsangebot für jedes Kind, ab dem ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt unter Schaffung der notwendigen finanziellen, organisatorischen und personellen Ressourcen. Dafür ist auch ein bundeseinheitliches Rahmengesetz notwendig, das u. a. Gruppengrößen, Öffnungszeiten und einheitliche Ausbildung definiert.
Tabuthema „Einkommen“ aufbrechen
Die ÖGB-Frauen wollen das Tabuthema „Einkommen“ ein Stück weit aufbrechen. Verpflichtende Einkommensberichte sind ein gutes Mittel dafür, es braucht jedoch Verbesserungen. Einkommensberichte müssen schon in Betrieben ab 100 Beschäftigten und für alle DienstgeberInnen, auch Länder und Gemeinden, gelten. Bei Nichterstellung sollte es spürbare Sanktionen geben, zum Beispiel hohe Geldstrafen. Um das Recht der Einzelnen zu stärken, ist aus Sicht der ÖGB-Frauen auch ein Lohntransparenzgesetz für die innerbetriebliche Offenlegung aller Gehälter und Löhne notwendig.
Soziale Sicherheit
Den ÖGB-Frauen ist es ein zentrales Anliegen, dass Frauen im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit und im Alter finanziell abgesichert sind. Um das Armutsrisiko zu verringern, fordern die ÖGB-Frauen u. a. die Erhöhung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld in einem ersten Schritt auf mindestens 60 Prozent und die Wiedereinführung eines bundesweiten Systems der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Eine frühere Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters lehnen die ÖGB-Frauen ab.
Gefordert werden u. a. auch Psychotherapieplätze auf „Krankenschein“, ausreichend finanzielle Mittel zur Absicherung und zum Ausbau von Frauenhäusern, Gewaltschutzzentren und Frauen- und Mädchenberatungsstellen.
Ausbau der Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten
Die Digitalisierung schreitet rasch voran – besonders in frauendominierten Branchen wie dem Handel ist diese unübersehbar. Das Recht auf und die Zeit für Qualifizierung sind ein Schlüssel, um den digitalen Umbruch gut zu meistern. Nicht nur, um mit strukturellen Veränderungen Schritt halten zu können, sondern auch, um in neu entstehende Berufsfelder umsteigen zu können. Die ÖGB-Frauen fordern einen Rechtsanspruch für ArbeitnehmerInnen auf bezahlte Weiterbildungsmaßnahmen im Ausmaß einer wöchentlichen Normalarbeitszeit pro Jahr und das Aufbrechen von traditionellen Rollenbildern, um Mädchen und Frauen für MINT-Berufe und Burschen und Männer für soziale Berufe zu gewinnen. Außerdem soll auch in Zukunft die Hälfte der AMS-Fördermittel für Frauen zur Verfügung stehen.