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Ab 2024: Nachhaltigkeitspflichten – Mitbestimmung für sozial gerechte Veränderungen. Naiyana – stock.adobe.com

Werkzeuge der Mitbestimmung

Nachhaltigkeitsreporting

Darum gehts: 
Ab 2024 gelten verschärfte Vorgaben für das Thema Nachhaltigkeit in der Unternehmensberichterstattung, wo Arbeitnehmervertreter:innen wichtige Punkte für sozial gerechte Veränderungsprozesse im Betrieb einbringen können

1. Was sind Nachhaltigkeitsberichte?

Nachhaltigkeitsberichte sind detaillierte Aufzeichnungen von Unternehmen, die deren Aktivitäten im Bereich Ökologie, Soziales und Unternehmensführung transparent darlegen. Damit sollen Transparenz für Arbeitnehmer:innen, Konsument:innen und Anleger:innen erhöht, „Greenwashing“ verhindert und vor allem Finanzströme in eine «nachhaltige Richtung» umgelenkt werden. Im Zentrum stehen also Kapitalmärkte bzw. das Investitionsverhalten, wie in der Grafik vereinfacht dargestellt.  

EU Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Kommission.

2. Welche Themen werden für den Betriebsrat relevant?

Der Nachhaltigkeitsbericht, der als gesonderter Abschnitt in den (Konzern-)Lagebericht integriert wird, ergänzt den bekannten Finanzbericht um wichtige nicht-finanzielle Informationen.Er dient dazu, die Leistungen und Auswirkungen des Unternehmens hinsichtlich ökologischer, sozialer und Governance-Aspekte (ESG) umfassend zu dokumentieren und zu bewerten. 

Dafür gibt es jetzt einen europaweit einheitlichen Katalog mit Berichtsindikatoren – die „Europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung“ (ESRS). mit einer Vielzahl von Unterkriterien. Hier ein vereinfachter Überblick:

ESRD Kriterien für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG)

3. Welche Unternehmen müssen Nachhaltigkeitsberichte erstellen?

In Österreich erstellen bereits knapp hundert österreichische Unternehmen regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht. Dahinter steht das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG).

Die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) weitet die Pflichten nun stark aus. Alleine in Österreich betrifft dies schätzungsweise über 2000 (direkt betroffene) Unternehmen. Die Anforderungen an Inhalt, Umfang und Verankerung in der Unternehmensführung sowie -kontrolle werden zudem deutlich erhöht. Diese Vorgaben gelten vor allem für «große Unternehmen», die mindestens zwei der drei folgenden Punkte erfüllen:

Große Unternehmen

Zusätzlich sind auch folgende Unternehmen ab einem späteren Zeitpunkt umfasst:

Sonstige Unternehmen

 

4.  Ab wann muss mein Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht erstatten?

Die Ausweitung der Regelung tritt in drei Stufen ab Jänner 2024 in Kraft. Der erste Nachhaltigkeitsbericht muss demnach in folgendem Jahr abgegeben werden:

ESRD Kriterien für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung
Quelle: Eigene Darstellung (*ab 2027 zudem neben börsennotierten KMU kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen.)

 

Ausnahme "Konzernprivileg". Tochtergesellschaften können unter bestimmten Voraussetzungen von der eigenständigen Berichtspflicht befreit sein, wenn sie in den konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht des Mutterunternehmens einbezogen werden.

5.  Welche Rolle spielt die Arbeitnehmer:innenvertretung?

Unternehmen müssen ein Nachhaltigkeitsmanagement und entsprechenden Prozesse aufbauen. Entscheidend ist dabei die Verankerung von Strategien in der Unternehmensführung, wie Geschäftsführung und Aufsichtsrat. Die Firmen müssen betriebliche Mitbestimmungsakteure hier früh in sämtliche Prozesse einbinden (Betriebsrat und Arbeitnehmer:innenvertretung im Aufsichtsrat). 

«Die Unternehmensleitung unterrichtet die Arbeitnehmervertreter auf geeigneter Ebene und erörtert mit ihnen die einschlägigen Informationen und die Mittel zur Einholung und Überprüfung von Nachhaltigkeitsinformationen. Die Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter wird gegebenenfalls den zuständigen Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganen mitgeteilt.»

Wichtig sind vor allem die Stakeholderprozesse (Umfragen, Interviews und Workshops) im Rahmen der sogenannten "doppelten Wesentlichkeitsanalyse", die bestimmt, welche Aspekte im Nachhaltigkeitsbericht offengelegt werden. Die Arbeitnehmer:innenvertretung sollte sich hier aktiv einbringen und ihre Expertise nutzen, um die Interessen der Beschäftigten zu vertreten und relevante soziale Themen zu platzieren

«Arbeitsbedingungen, einschließlich sicherer Beschäftigung, Arbeitszeit, angemessene Löhne, sozialer Dialog, Vereinigungsfreiheit, Existenz von Betriebsräten, Tarifverhandlungen, einschließlich des Anteils der Arbeitnehmer, für die Tarifverträge gelten, Informations-, Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie Gesundheit und Sicherheit;»

Die Vorlaufzeit beachten: Die genaue Umsetzung der EU-Richtlinien in österreichisches Recht steht noch aus. Der Prozess startet in den Unternehmen auf Basis der EU Richtlinien bereits deutlich früher bzw. ist schon im Gange. Es ist daher wichtig sich frühzeitig einzubringen und zu informieren!

6.  Was ist der konkrete Nutzen für die Beschäftigten?

Der Nachhaltigkeitsbericht ist kein Allheilmittel für den betrieblichen Klimaschutz. Er wird das Thema Nachhaltigkeit im Betrieb aber verstärkt in den Vordergrund rücken und für interne und externe Akteure transparenter machen. I

nwiefern das zu positiven betrieblichen Veränderungen führen kann, wird sich verstärkt in den nächsten Jahren zeigen. Grundsätzlich bekommen Arbeitnehmer:innenvertretungen einen neuen Hebel, um sich insbesondere bei der Ausgestaltung der sozialen Nachhaltigkeit einbringen zu können. 

Aufgepasst: Der Nachhaltigkeitsbericht gewinnt erheblich an Bedeutung und nähert sich dem Finanzbericht an. Dies betrifft sowohl die wirtschaftliche Relevanz als auch mögliche Konsequenzen wie Haftungsfragen. Der Bericht wird durch Wirtschaftsprüfer oder unabhängige Prüfdienstleister:innen kontrolliert. Einen eindeutigen "Berichtsstandart" gibt es aber (noch) nicht!

7.  Wo bekommen Arbeitnehmer:innenvertretungen weiterführende Unterstützung? 

VÖGB/AK bietet im Rahmen der IFAM-Ausbildung spezielle Seminare zum Thema «Nachhaltigkeitsberichterstattung im Aufsichtsrat» an: Lehrgang für Aufsichtsratsmitglieder | VÖGB (voegb.at).

Für intensivere Weiterbildungen stellen die Berufsförderungsinstitute eine Reihe digitaler und analoger Angebote zur Verfügung: z.B. das BFI Wien.

Weiterführende Informationen, Studien sowie Kontakte für Beratungsangebote gibt es auf der Seite der Arbeiterkammer: Spezialthemen im Aufsichtsrat | Arbeiterkammer Wien