Arbeitsmarktpolitik
Sozialplan und Arbeitsstiftung?
Gewerkschaftliche Unterstützungsmaßnahmen für den Krisenfall
Wenn Unternehmen ihren Betrieb verlegen, zusperren oder es zu Übernahmen kommt und Personal abgebaut wird, gibt es verschiedene Maßnahmen. Oft kommt es zu einem Sozialplan oder es werden Arbeitsstiftungen eingerichtet.
Was ein Sozialplan ist und was eine Arbeitsstiftung damit zu tun hat, haben wir Toni Steinmetz, Landesekretär der Gewerkschaft PRO-GE in Wien, gefragt. Er erklärt im Interview die Grundbegriffe.
oegb.at: Bei Schließungen von Betrieben wird oft über einen Sozialplan verhandelt. Was bedeutet das für die Beschäftigten? Was ist das genau?
Wenn es in einem Betrieb wesentliche Änderungen wie Übernahmen, Fusionen oder Schließungen gibt, bei denen die Gefahr besteht, dass Personal abgebaut wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ehestmöglich den Betriebsrat zu informieren. Dieser handelt dann eine Betriebsvereinbarung aus und vereinbart Maßnahmen, die die negativen Auswirkungen für die Beschäftigten möglichst geringhalten sollen. Die Betriebsvereinbarung nennt man in diesem Fall Sozialplan. Weigert sich der Arbeitgeber, kann der Betriebsrat die Erstellung eines Sozialplans vor Gericht erzwingen.
oegb.at: Was beinhaltet ein Sozialplan im Detail?
Ziel ist es natürlich, möglichst viele Personen in Beschäftigung zu halten. Daher wird zuerst geschaut, ob man die Beschäftigten anderweitig im Betrieb einsetzen kann.
Zusätzlich werden Kriterien festgelegt, welche Lebensumstände der Beschäftigten bei Kündigungen besonders zu berücksichtigen sind wie Sorgepflichten für Kinder oder pflegebedürftige Personen, Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Qualifikation und Nachfrage am Arbeitsmarkt oder auch spezielle Bedürfnisse. Menschen mit Behinderung oder im Alter von 50+ haben es am Arbeitsmarkt beispielsweise viel schwieriger. Anhand der im Sozialplan festgelegten Kriterien stehen den Mitarbeiter:innen je nach persönlicher Lebenssituation und Betroffenheit finanzielle Ansprüche zu – in Form einer freiwilligen zusätzlichen Abfertigung vom Betrieb. Im Gegenzug verzichten die Mitarbeiter:innen auf eine Kündigungsanfechtung vor Gericht.
oegb.at: Welche Rolle spielt dabei die oft erwähnte Arbeitsstiftung?
Arbeitsstiftungen bieten im Krisenfall zusätzliche Möglichkeiten zur beruflichen Umschulung und Qualifizierung für von Arbeitslosigkeit betroffene Personen. Sie müssen vom Arbeitgeber mitfinanziert werden und je mehr dieser investiert, desto mehr Leistungen können für die betroffenen Mitarbeiter:innen zur Verfügung gestellt werden.
Nach einer Orientierungsphase von maximal sechs Wochen können im Rahmen der Arbeitsstiftung bis zu drei Jahre lang Weiterbildungen und Ausbildungen wie eine Lehre oder ein Studium absolviert werden. So haben auch hochqualifizierte Spezialisten und Spezialistinnen die Chance, wieder in anderen Bereichen am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und ihren Lebensstandard zu halten.
Die Arbeitsstiftungen werden über Stiftungsträger abgewickelt. In Wien ist beispielsweise der waff (= ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds) gemeinsam mit dem AMS (=Arbeitsmarktservice) dafür zuständig. In den Bundesländern ist das unterschiedlich geregelt. Zusätzlich gibt es auch dauerhaft eingerichtete Stiftungen wie die Stahlstiftung der voestalpine, die Mitarbeiter:innen, die aus strukturellen Veränderungen ihre Arbeitsplätze verlieren, ein Auffangnetz bieten. Die erste große Arbeitsstiftung, die Aufleb-Stiftung, wurde bereits 1995 im Zuge des österreichischen EU-Beitritts als Stiftung für die gesamte Lebensmittelbranche eingerichtet.
Von starken Betriebsräten profitieren alle: Betriebsräte können unter anderem höhere Einkommen und Sozialleistungen verhandeln, für mehr Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität sorgen und sich für bessere und gesündere Arbeitsbedingungen einsetzen. Und: Auch ein Sozialplan kann nur mit einem Betriebsrat verhandelt werden.
Podcast "Betriebsrat: Die starke Stimme im Job"
Wir besprechen mit Arbeitsrechtsexpertin Charlotte Reiff und Betriebsrat Oliver Weissgerber, was die rund 70.000 Betriebsrät:innen antreibt, wie man einen neuen Betriebsrat installiert und was Betriebsrät:innen schlaflose Nächte bereitet.