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Digitalisierung

„System Amazon“ bekämpfen

Razzia im Verteilzentrum: 49 Verstöße. Amazon in Verantwortung nehmen.

Unvollständig geführte Fahrerlisten, geringfügig angemeldete Beschäftigte, die weit mehr arbeiten, monatelang ausstehende Sozialabgaben und weitere Verstöße. So das Ergebnis einer Razzia im Amazon-Verteiler-Zentrum bei Wien. ÖGB-Präsident Katzian fordert, den Online-Riesen mit einer Auftraggeberhaftung in die Pflicht zu nehmen.

Amazon beschäftigte eine Vielzahl von Transportunternehmen. 174 DienstnehmerInnen bei 36 dieser Subunternehmen wurden in Großebersdorf bei Wien nach einer Anzeige am 18. Februar von der Finanzpolizei kontrolliert, das Ergebnis sind 49 Verstöße.

Für zehn Unternehmen gab es Forderungsverpfändungen von insgesamt 185.000 Euro.

 

Für ein Unternehmen, das seit Mai 2019 keine Sozialabgaben mehr entrichtet hat, gab es einen Sicherstellungsauftrag in der Höhe von 105.000 Euro. Gegen Amazon wird nicht ermittelt, ein Konzernsprecher bedauerte die Umstände und betonte, dass Amazon Wert lege auf gute Zusammenarbeit mit den Behörden.

System Amazon

„Diese Razzia macht deutlich, wie das System Amazon funktioniert: Subunternehmen, die dann noch LeiharbeiterInnen beschäftigen, sorgen dafür, dass das Geschäft läuft“, sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian: „Sich hinzustellen und zu sagen, man kooperiert mit Behörden, und diesen Firmen gleichzeitig Vorgaben zu machen, die sie gar nicht erfüllen können, wenn sie nicht genau so vorgehen, wie sie vorgehen, das ist eine maximale Sauerei. Das werden wir bekämpfen.“

Mit dieser Vorgangsweise der Einzelunternehmen boomen versteckte und prekäre Dienstverhältnisse. Der ÖGB fördert deswegen eine gesetzliche Auftraggeberhaftung: Unternehmen, die Aufträge erteilt, sollen auch dafür haften, dass Menschen, die dort arbeiten, faire Arbeitsbedingungen haben.

Leiharbeit einschränken

Außerdem gehe es auch darum, die Leiharbeit bei Amazon eizuschränken, sagt Katzian. „Leiharbeit ist nichts schlechtes, und in Österreich auch durch einen Kollektivvertrag abgesichert, aber natürlich wollen LeiharbeiterInnen auch Anstellungen.“

Wenn Amazon den Beschäftigten etwas Gutes tun wolle, dann sollen mehr Menschen angestellt werden.

 

Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz sehe die Möglichkeit vor, die Zahl der LeiharbeiterInnen in einem Betrieb zu beschränken. „Das wird genauso wie unsere Forderung nach einer gesetzlichen Auftraggeberhaftung demnächst Thema bei einem Treffen mit der Arbeitsministerin sein“, kündigt Katzian an.

vida fordert mehr Kontrollen

„Solche Fälle von Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit wird man jetzt jedenfalls nicht mehr nur als Vergehen einiger schwarzer Schafe in der Branche abtun können“, sagt Karl Delfs, Bundesekretär des vida-Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft vida. Die Schattenwirtschaft müsse konkreter und wirksamer bekämpft werden. Redlich wirtschaftende Betriebe, die sich an die Gesetze halten, werden sonst im Wettbewerb immer weiter unter die Räder kommen, das gefährde auch Arbeitsplätze, so Delfs.

Die vida fordert eine personelle Aufstockung der Kontrollbehörden sowie eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht der Arbeits- und Ruhezeiten auch für Kleintransport-LKW unter 3,5 Tonnen. „Wir werden das Gespräch mit dem Zentralen Arbeitsinspektorat suchen, um österreichweite Überprüfungen des Transports im Onlinehandel sicherzustellen“, kündigt Delfs an.

Keine Almosenpolitik, faire Arbeitsverhältnisse

Dass Amazon-Chef Jeff Bezos unlängst eine Spende von 10 Milliarden Dollar für Klimaschutzprojekte angekündigt hat, mache die Sache alles andere als besser, kritisiert der ÖGB-Präsident. „Amazon soll Steuern zahlen und die Beschäftigten gut behandeln. Ich will keine Almosenpolitik, sondern faire Arbeitsverhältnisse!“