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Die Teuerung bestimmt unser Leben Drazen – stock.adobe.com

Kollektivvertragsverhandlungen

Was bedeutet „rollierende Inflation“?

In Kollektivvertragsverhandlungen wird mit einem eigenen Inflationsmaß gerechnet – wir erklären, was dahintersteckt

Was ist die „rollierende Inflation“?

Bei der rollierenden Inflation betrachtet man nicht nur die aktuelle monatliche Inflationsrate, sondern man berechnet den Durchschnitt über die letzten zwölf monatlichen Inflationsraten. Üblicherweise wird dieser Wert dann als Verhandlungsbasis für Kollektivvertragsverhandlungen herangezogen.

Da die Verhandlungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten starten, ändert sich auch die rollierende Inflationsrate, die den unterschiedlichen Kollektivvertragsverhandlungen zugrunde liegt. Dadurch kommt es teilweise zu sehr unterschiedlichen Verhandlungsergebnissen zwischen den Branchen, je nach Verhandlungsbeginn. Das heißt, der Erfolg einer Verhandlung lässt sich nicht nur an der Höhe des Abschlusses messen. Aus dem Gehaltsplus allein weiß man nämlich nicht, mit welcher Inflationsbasis verhandelt wurde.

Wie wird die rollierende Inflation berechnet?

Für die Berechnung wird folgende Formel verwendet:
(Summe der Inflationsraten der letzten 12 Monate) / 12 = rollierende Inflationsrate

Beispiel: Einigt man sich zu Beginn einer Verhandlung auf die rollierende Inflation im August 2024, müsste man sie wie folgt berechnen:

  • (Summe der monatlichen Inflationsraten von August 2023 bis August 2024) / 12 = rollierende Inflation im August 2024
  • Konkret heißt das in diesem Beispiel: (6,0 + 5,4 + 5,3 + 5,6 + 4,6 + 4,1 + 4,1 + 3,5 + 3,3 + 3,0 + 2,9 + 2,3) / 12 = 4,2 
  • Für die angenommenen Verhandlungen im August 2024 wäre die Verhandlungsgrundlage also eine rollierende Inflation von 4,2 Prozent. 

Warum wird bei Kollektivvertragsverhandlungen die rollierende Inflation verwendet?

Die Lohnverhandlungen in Österreich sind „rückwärtsgewandt“, das heißt, sie sollen die Preissteigerungen der Vergangenheit abdecken – und zusätzlich den Arbeitnehmer:innen einen gerechten Anteil an den Produktivitätsgewinnen ermöglichen. Außerdem liegen die monatlichen Inflationsraten zum Start der Lohnrunden schwarz auf weiß vor, Verhandlungsbasis sind also gesicherte Daten und nicht Prognosen.

Und: Verwendet man den Durchschnitt der Inflationsraten mehrerer Monate, kann nicht ein einzelner Wert – also eine zufälligerweise besonders hohe oder niedrige Inflationsrate – die Verhandlungsergebnisse stark beeinflussen.

Werden Arbeitnehmer:innen durch die rollierende Inflation nicht auch benachteiligt?

Nein. Wenn nach dem Abschluss des Kollektivvertrags die Inflation noch weiter in die Höhe schießt, wie es letztes Jahr bei vielen der Fall war, wird diese Teuerung bei der Verhandlungsrunde im folgenden Jahr schlagend. Die Verhandlungsgrundlage erhöht sich und die Teuerung kann zeitversetzt abgegolten werden.

Natürlich gilt das unter der Bedingung, dass nicht ein Partner plötzlich die Regeln ändert; aus diesem Grund lehnen Gewerkschaften das Heranziehen anderer Richtwerte (BIP-Deflator, aktuelle Inflationsrate etc.) genauso ab wie längere Laufzeiten oder reine Einmalzahlungen.

 

 

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