Betriebsrat
„In dreißig Jahren habe ich noch nie erlebt, dass ein Arbeitgeber so mit einem Betriebsrat umgeht“
Die Gewerkschaft Bau-Holz klagte erfolgreich gegen die Entlassung eines Betriebsrates – ein paar Stunden später wurde dieser erneut entlassen
Was gerade im oberösterreichischen Braunau vor sich geht, hat der zuständige Gewerkschafter „in 30 Jahren noch nicht erlebt“: Bei der Firma Optimo ist vor einigen Wochen der Vorsitzende des Betriebsrats entlassen worden. Die Gewerkschaft ist dagegen vor Gericht gezogen und das Gericht hat die Entlassung als nicht rechtens beurteilt. Damit war der Betriebsrat wieder ganz normal bei Optimo beschäftigt. Als allerdings der Geschäftsführer von der Entscheidung des Gerichts erfahren hat, hat er denselben Betriebsrat kurze Zeit später erneut entlassen. oegb.at hat mit Harald Dietinger, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft Bau-Holz, über die Hintergründe dieses außergewöhnlichen Falls gesprochen.
oegb.at: In den letzten Wochen ist der Matratzen- und Lattenrosthersteller Optimo aus Braunau gleich mehrfach negativ aufgefallen. Kannst du uns mehr darüber erzählen?
Harald Dietinger: Vor einigen Monaten ist der Betriebsratsvorsitzende entlassen worden. Bis heute sind ihm keine konkreten Vorwürfe oder Gründe, was er gemacht haben soll, mitgeteilt worden. Deshalb ist davon auszugehen, dass er der Geschäftsführung einfach ein Dorn im Auge ist.
Aber man kann ja einen Betriebsrat nicht so einfach rausschmeißen …
Nein, das kann man nicht. Die Entlassungsgründe sind im Gesetz dezidiert aufgeführt. Und bei einem Betriebsratsvorsitzenden werden diese generell nochmal härter ausgelegt. Sonst hätten wir ja das Problem, dass ein Firmenchef einfach jeden Betriebsrat entlassen kann. Da hat also der Gesetzgeber vorgesorgt, hat gewisse Gründe eingezogen, und wenn die nicht erfüllt sind, ist es auch keine Entlassung.
Und in diesem Fall ist keiner dieser Gründe erfüllt?
Genau.
Was hat also die Gewerkschaft gegen die Entlassung unternommen?
Wir haben die Entlassung natürlich bei Gericht angefochten. Dann war am 12. März die erste Verhandlung. Am 22. März, bei der zweiten Verhandlung, hat der Richter das Verfahren geschlossen. Das heißt: Die Entlassung ist rechtswidrig ausgesprochen worden und somit rechtsunwirksam. Somit ist die Entlassung nicht gültig und es besteht das normale aufrechte Dienstverhältnis.
Aber damit war es nicht getan ...
Richtig. Denn nachdem der Arbeitgeber am 22. März zu Mittag erfahren hat, dass das Verfahren geschlossen und die Entlassung vom Tisch ist, hat er am Nachmittag eine neuerliche Entlassung für den Betriebsratsvorsitzenden ausgesprochen. Wieder ohne Angabe von Gründen und ohne,dass irgendwas vorgefallen ist.
Ich glaube, in der gesamten Gewerkschaftsgeschichte kam so etwas bisher sehr selten vor.
Fast schon skurril. Ist dir ein derartiger Fall schon öfter untergekommen?
Nein, das ist das erste Mal. In meinen dreißig Jahren habe ich noch nie erlebt, dass ein Arbeitgeber so mit einem Betriebsrat umgeht. Ich glaube, in der gesamten Gewerkschaftsgeschichte kam so etwas bisher sehr selten vor. Ich kenn jedenfalls keinen zweiten Fall, der so angelegt ist wie dieser.
Wie geht es jetzt weiter? Zieht die Gewerkschaft Bau-Holz wieder vor Gericht?
Wir werden natürlich die Entlassung wieder anfechten. Und sie wird wieder nicht rechtskonform sein. Das heißt, die Entlassung wird wieder nicht durchgehen. Wir werden wieder gewinnen.
Du wirkst sehr zuversichtlich. Es hört sich aber auch danach an, als könnte dieses Spiel jetzt noch eine Weile so weitergehen …
Ja, das ist auch meine Befürchtung. Weil der Arbeitgeber anscheinend nicht bereit ist, eine Gerichtsentscheidung zu akzeptieren.
Dabei scheint der Umgang mit dem Betriebsrat nicht der einzige Punkt zu sein, bei dem sich die Geschäftsführung nicht an geltendes Recht hält. Kürzlich drang nach außen, dass bei Optimo auch regelmäßig unerlaubte Sonntagsarbeit angeordnet werden . Was weißt du darüber?
Ja, das hat der Geschäftsführer sogar offen zugegeben. Er hat gesagt, ja, wir haben auch sonntags gearbeitet, aber das war alles freiwillig. Hier ist erstens zu sagen: Diese„Freiwilligkeit“ kennen wir. Übersetzt heißt das: „Wenn du es nicht tust, hast du keine Arbeit mehr.“ Und in der Corona-Zeit und mit der aktuellen Rekordarbeitslosigkeit musst du erstmal eine Arbeit finden. Zweitens kommt hier dazu: Selbst wenn es wirklich freiwillig passieren würde, braucht es dafür eine Betriebsvereinbarung. Aber die gibt es bei Optimo nicht. Zusammengefasst bleibt also: Illegale Beschäftigung am Sonntag.
Wollt ihr diesbezüglich auch vor Gericht gehen?
Wir werden jetzt, wie gesagt, die Entlassung anfechten. Und wenn das erledigt ist, werden wir mit der Firma darüber verhandeln, wie man mit der Sonntagsarbeit umgeht.
Der nächste Schritt ist also, dass der Betriebsrat wieder ganz normal ins Unternehmen zurückkommt. Dann soll sozialpartnerschaftlich mit der Geschäftsführung verhandelt werden …
Ja genau, das wäre der Plan – soweit es mit solchen Geschäftsführern überhaupt möglich ist.
Und wie muss das Ergebnis am Ende ausschauen, damit du als zuständiger Gewerkschafter zufrieden bist?
Alles, was die Geschäftsführung tut, muss sich im gesetzlichen Rahmen bewegen. So einfach ist das.