Gewerkschaftsgeschichte
80 Jahre ÖGB
Eine Erfolgsgeschichte der Solidarität und des Engagements
Von den Trümmern des Zweiten Weltkriegs bis ins digitale Zeitalter - der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat in den 80 Jahren seines Bestehens Geschichte geschrieben. Gegründet am 15. April 1945, legten sozialdemokratische, kommunistische und christliche Gewerkschafter den Grundstein für eine überparteiliche Gewerkschaftsorganisation. Diese Überparteilichkeit, die den ÖGB bis heute prägt, war von Anfang an zentral, um ausschließlich die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu vertreten und politische Gräben zu überwinden.
80 Jahre ÖGB bedeutet 80 Jahrzehnte engagierter Kampf und lautes Auftreten für faire Arbeitsbedingungen und Demokratie sowie gegen Rechtsextremismus und Faschismus! Die Arbeitnehmer:innen honorieren das, der Kampf wird weitergehen.
Meilensteine des Fortschritts
Der ÖGB hat sich in den vergangenen 80 Jahren ständig weiterentwickelt und sich immer wieder neuen Herausforderungen gestellt. Er hat Millionen von Mitgliedern durch Krisen geführt, ist unermüdlich für ihre Rechte eingetreten, hat Kollektivverträge erkämpft und war maßgeblich an der Einführung wichtiger Sozialgesetze beteiligt. Wie etwa das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (1955), das Arbeitszeitgesetz (1969), das Arbeitsverfassungsgesetz (1974), die Urlaubsverlängerung auf fünf Wochen (1983), den Gleichbehandlungspakt (1992), die Angleichung des Arbeitsrechts der Arbeiter:innen an jenes der Angestellten (2017) und aktuell die jährliche Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen.
Zukunft im Fokus
Die Zukunft bringt aber auch neue Herausforderungen: Die Digitalisierung verändert Arbeitsplätze und Berufsbilder grundlegend, der Klimawandel erfordert nachhaltige Lösungen in der Arbeitswelt und die wachsende soziale Ungleichheit macht den Kampf für faire Arbeitsbedingungen wichtiger denn je.
Der ÖGB war in den letzten 80 Jahren das wichtigste Stärkungsmittel der Arbeitnehmer:innen und wird es auch bleiben: Denn aufstehen, laut sein, unangenehme Wahrheiten aussprechen und für Ideale einstehen - das ist die DNA der Gewerkschaftsbewegung und hält jung.
ÖGB-Frauen: Kämpferinnen für Arbeiterinnenrechte
Die ÖGB-Frauen leisten seit acht Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Gleichberechtigung. Bereits 1945 gründeten sie die ÖGB-Frauensektion. Seither tragen sie einen schweren „Rucksack voller Forderungen“ in Gremien, zu Konferenzen und zu den Regierenden. Mit Erfolg, denn die Liste der abgehakten Forderungen ist lang: 1957 das Mutterschutzgesetz, 1961 die bezahlte Karenz, 1975 die Familienrechtsreform, die den Mann als alleiniges Familienoberhaupt abschaffte. 1979 wurde mit Maria Metzker erstmals eine Frau ÖGB-Vizepräsidentin und das Gleichbehandlungsgesetz beschlossen.
Mutterschutz, Karenz und Kinderbetreuungsgeld, Gleichbehandlungsgesetz oder auch Elternkarenz – wir haben als ÖGB-Frauen bereits vieles durchsetzen können, um das Leben der Frauen zu erleichtern. In Sachen Gleichstellung ist der Weg aber noch immer ein langer, es gibt auch in den nächsten Jahren noch viel zu tun.
Der Rucksack voller Forderungen
In jüngerer Zeit haben sich die ÖGB-Frauen 2006 erfolgreich für eine ÖGB-interne Quote zur Stärkung der Mitbestimmung von Frauen eingesetzt, 2019 den Rechtsanspruch auf den Papamonat durchgesetzt und waren in der Corona-Pandemie eine starke Stimme für die Entlastung von Frauen. 2024 gelang ihnen, dass Österreich die ILO-Konvention 190 zur Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt ratifiziert.
Die Liste der offenen Forderungen und notwendigen Regelungen bis zur Geschlechtergleichstellung ist lang: voller Lohnausgleich im Papamonat, die volle gesetzliche Anrechnung der Pflege- und Familienhospizkarenzzeiten auf alle dienstzeitabhängigen Ansprüche, Verbesserung der Wiedereinstiegsmaßnahmen nach Mutterschutz oder Karenzen, Anspruch auf Elternteilzeit für alle Mütter und Väter unabhängig von Betriebsgröße und Dauer der Betriebszugehörigkeit. Und natürlich: „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“.
Österreichische Gewerkschaftsjugend: Die starke Stimme der Jugend
Die Österreichische Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) setzt sich seit ihrer Gründung 1945 für die Interessen junger Menschen ein. Sie setzt sich für bessere Ausbildungsbedingungen, faire Bezahlung und Lehrlingsrechte ein.
Wir als ÖGJ haben die Lehrausbildung in den letzten Jahren revolutioniert – fast um 180 Grad auf den Kopf gestellt! Lehrlinge müssen keine Internatskosten mehr zahlen, und wir haben das wichtigste Sprachrohr im Betrieb, den Jugendvertrauensrat, nicht nur eingeführt, sondern auch erfolgreich gegen die schwarz-blaue Regierung verteidigt. Zudem haben wir die Lehrlingseinkommen in allen Branchen massiv erhöht und für mehr Gleichberechtigung am Arbeitsplatz gekämpft. Junge Gewerkschafter:innen setzen sich täglich mit Leidenschaft für eine bessere Welt ein – in den Betrieben, den Berufsschulen und auf der Straße!
Jahrzehnte des Aktivismus
Aktionismus ist eines der zentralen Merkmale der ÖGJ. In den 1950er Jahren warb sie mit Kampagnen wie "Warum stehst du noch abseits?" und "Komm zu uns!" um Mitglieder. 1954 protestierten 6.000 Jugendliche erfolgreich gegen die Lehrzeitverlängerung, in den 1960er Jahren halfen sie im „Camp Solidarität“ beim Bau von Kinderheimen, mit der Aktion „M - wie Mitbestimmung“ erreichten sie die Verabschiedung des Jugendvertrauensratsgesetzes (1972). In den 80er Jahren prangerten sie mit der Aktion „ÖGJ deckt auf“ Missstände in Betrieben und Berufsschulinternaten an.
Zwischen Forderung und Erfolg
Das folgende Jahrzehnt stand ganz im Zeichen der Verbesserung der Lehrlingsausbildung. Mit dem ÖGJ-Bus wurden in den 2000er Jahren tausende Kilometer zurückgelegt, um die gewerkschaftliche Idee zu den Jugendlichen in die Betriebe zu bringen.
Die ÖGJ wehrte sich erfolgreich gegen die Abschaffung des Jugendvertrauensrates (2018-2019), machte während der Pandemie auf den Lehrstellenmangel aufmerksam (#Lost Generation) und startete danach die Kampagne „Bildungssystem upgraden“ für eine moderne Berufsausbildung.
Aktuelle Forderungen
Aktuell fordert die ÖGJ eine Mindestlehrlingsentschädigung von 1.000 Euro im ersten Lehrjahr und setzt sich mit der Kampagne „Qualität in der Lehrlingsausbildung belohnen“ für eine Koppelung der Basisförderung an Qualitätskriterien ein. Weitere Forderungen sind die Einführung eines Aus- und Weiterbildungsfonds (Fachkräftemilliarde), verpflichtende Kompetenzchecks zur Mitte der Lehrzeit und österreichweit einheitliche Fragen für die Lehrabschlussprüfung.
Globale Solidarität in Krisenzeiten
Der ÖGB ist seit 1945 Teil eines umfassenden internationalen Netzwerks von Gewerkschaftsorganisationen, das sich für globale Solidarität und die Stärkung von Arbeitnehmerrechten einsetzt. Als Reaktion auf Kriege und Krisen hat der ÖGB immer wieder Hilfe geleistet. Nach dem Zweiten Weltkrieg half er den Flüchtlingen aus Ungarn (1956) und der ČSSR (1968). In den 70er Jahren unterstützte er Nicaragua und half während der Jugoslawienkriege. Der ÖGB unterstützte auch während der Flüchtlingsbewegung ab 2014 und während des Krieges in der Ukraine 2022 die davon betroffenen Menschen.
Streik ist immer die letzte Maßnahme
Bei den Kollektivvertragsverhandlungen fordern Gewerkschaften gerechte Lohn- bzw. Gehaltserhöhungen und faire Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten ein. Gelingt das nicht auf der Verhandlungsebene, werden Betriebsversammlungen und Kundgebungen nötig, um die Forderungen zu stützen. Scheitern alle Versuche einer Lösung am Verhandlungstisch, greifen die Gewerkschaften zum mächtigen Mittel Arbeitskampf.
Happy Birthday and many more
Nach 80 Jahren unermüdlichen Einsatzes für die Rechte der Arbeitnehmer:innen blickt der ÖGB mit Zuversicht in die Zukunft. Mit seiner reichen Geschichte der Solidarität und des Engagements ist er bestens gerüstet, um auch künftige Herausforderungen zu meistern und weiterhin für faire Arbeitsbedingungen, soziale Gerechtigkeit und ein gutes Leben für alle zu kämpfen.