Zum Hauptinhalt wechseln
Endlich Urlaub! 1947 Franz Blaha

Urlaub

Ohne Gewerkschaft kein Urlaub!

Das Konzept des Urlaubs kannten bereits die alten Griechen und auch in Rom vor 4000 Jahren haben Sklaven und Sklavinnen freie Tage bekommen, um sich zu erholen. Urlaub für alle hat sich aber nicht durchgesetzt- im 19. Jahrhundert konnten sich nur Reiche die Sommerfrische, Kuren oder Kavalierstouren leisten. Auch bestand das Narrativ, dass nur „Geistesarbeiter:innen“ unter Auszehrung der Kräfte sowie zerrütteten Nerven leiden würden und dies nur durch Urlaub zu heilen sei.  

Für die Arbeiter:innen in den Fabriken galt dies nicht, die Unternehmer investierten in die Industrialisierung und die Maschinen mussten laufen, um rentabel zu produzieren. Die vorherrschende Meinung war, dass die Beschäftigung gesund sei, an der frischen Luft oder in der schönen Fabrik. Deshalb bräuchten Arbeiter:innen keine Erholung von den 16-Stunden-Arbeitstagen, sechs Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr. Freie Tage wie Sonn- und Feiertage galten damals als Hungertage, weil sie unbezahlt waren und der Lohn meist nur für einen Tag reichte. Urlaub gab es nur bei besonderen Ereignissen und dann auch nur unbezahlt. 

Arbeiterin bei Austria Email, o.J. Kammler/ÖGB-Archiv

Völlig erschöpfte Arbeiter:innen 

Erst mit dem Erstarken der Gewerkschaften entstand auch die Forderung, dass Arbeiter:innen Urlaub brauchen, damit die völlig erschöpften Arbeiter:innen wieder zu Kräften zu kommen. Die Gewerkschafter:innen griffen ab 1900 zu einem bis heute bewährten Mittel, um ihre Forderungen in Taten umzusetzen: dem Kollektivvertrag. Die ersten Berufsgruppen waren die gut organisierten Buchdrucker:innen und Metaller:innen. In den folgenden Jahren stand das Wort Urlaub immer öfter in Betriebskollektivverträgen, im Jahr 1911 schon in 536 in unterschiedlichen Branchen, wie etwa der chemischen Industrie, der Gold- und Silberwarenerzeugung, der Nahrungs- und Textilindustrie.  

Angestelltenurlaub 

Dagegen hatten die kleine Gruppe von Arbeitnehmer:innen, die Angestellten schon seit 1910 einen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Im Handlungsgehilfengesetz stand, dass sie je nach Beschäftigungsdauer zwischen zehn Tagen und zwei Wochen Urlaub nehmen können. Sie wurden als Fachkräfte in der Wirtschaft dringend gebraucht und daher mit zahlreichen Vorteilen angelockt bzw. gehalten.

Eine Familie beim Bergurlaub Kammler/ÖGB-Archiv

 

Endlich Urlaub für Arbeiter:innen

Im Jahr 1917 pochten die Reichskommission der Freien Gewerkschaften und die Reichskommission der Krankenkassen in einer Denkschrift auf Erholungsurlaube für alle Arbeitnehmer:innen. Am 30. Juli 1919 war es so weit. Die konstituierende Nationalversammlung verabschiedete das Arbeiter-Urlaubsgesetz. 

Nach einem Dienstjahr gab es einen Rechtsanspruch auf eine Woche bezahlten Jahresurlaub, ab fünf Jahren auf zwei Wochen, Jugendliche unter 16 Jahren bekamen gleich zwei Wochen. 

Das Urlaubsgeld 

Aber viele Arbeiter:innen verzichteten auf ihren Urlaub oder wurden kurz vor dem Erreichen des ersten Dienstjahres und somit des Urlaubsanspruchs entlassen. Allerdings berichtete bereits fünf Jahre später der Gewerbeinspektor , dass das Arbeiterurlaubsgesetz meist eingehalten würde, es nur im Kleingewerbe zu Vorenthaltungen oder Kürzungen käme – vornehmlich bei Jugendlichen. Aber die Gewerkschaften verhandelten sofort weiter, damit alle sich den Urlaub auch leisten können. Dafür brauchten sie Urlaubsgeld.  

Die Angestellten waren hingegen schon seit 1910 an Urlaub gewöhnt und das Angestelltengesetz von 1921 erweiterte ihre Ansprüche. In Etappen steigerte sich die Anwartschaft bis zu fünf Wochen pro Jahr. Ähnliches galt für Journalist:innen, Schauspieler:innen und Gutsangestellte und schließlich auch für Beschäftigte im öffentlichen Dienst. 

Faschisten sind gegen Urlaub

Mit der Weltwirtschaftskrise in den frühen 1930er-Jahren versuchten Unternehmer:innen immer wieder diese Remunerationen weg zu verhandeln. Aber die Arbeiter:innen wehrten sich, so traten im Jahr 1931 die Fleischarbeiter:innen in Graz in Streik. 

Am Beginn des Austrofaschismus stand nicht nur das Ende der Freien Gewerkschaften, die Beschneidung vieler Sozialgesetze, sondern auch, dass Unternehmen sich an keine Arbeitsgesetze mehr hielten. Noch schlimmer wurde es während des NS-Regimes. Zuschläge für Mehrarbeit, Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie Urlaubszuschüsse gab es nicht mehr. Mehr Urlaub bekamen nur Jugendliche, vor allem wenn sie an Ferienlager der Nationalsozialisten teilnahmen, bei denen sie ideologisch indoktriniert wurden.

ÖGB-Wandzeitung 1967 ÖGB-Archiv

Wildwuchs der Urlaubsgesetze

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes begann sofort die Arbeit der Umsetzung vieler sozialpolitischen Forderungen und Verabschiedung des Kollektivvertrags-, Betriebsrats-, Bauarbeiter- und Arbeiterurlaubsgesetzes. Für Angestellte und Arbeiter:innen galten wieder die Regelungen der Ersten Republik und somit die unterschiedlichen Urlaubsansprüche. Im Jahr 1946 beschloss der Nationalrat die beiden Urlaubsgesetze. 

Das Arbeiterurlaubsgesetz: Jedem/r Arbeiter:in gebührte pro Jahr ein ununterbrochener Urlaub von zwölf Tagen, dieser erhöhte sich je nach ununterbrochener Dienstdauer bis auf 24 Werktage (nach 15 Jahren). Jugendliche Arbeiter:innen erhielten bis zum 18. Lebensjahr 18 Urlaubstage.  

Dass war den Jugendvertrauenspersonen zu wenig. Sie forderten vier Wochen und es gelang dies vor allem in den gut organisierten Metallerbetrieben durchzusetzen. Der Druck machte sich bezahlt, im Jahr 1947 verabschiedete der Nationalrat, dass Jugendliche 24 Urlaubstage pro Jahr haben. 

Bleib informiert über deine Arbeitswelt!
Jeden Freitag: Das Wichtigste aus einer Woche


Urlaubsgeld

Arbeiter:innen erhielten während ihres Urlaubs Lohnfortzahlung, aber das war den Gewerkschaften zu wenig. Also forderten sie bei den Kollektivvertragsverhandlungen zusätzliche Wochenlöhne als Urlaubsgeld. Im Jahr 1956 gelang dies etwa im Kollektivvertrag der Metaller. Bald folgten Verhandler:innen aller Branchen diesem Vorbild und bis heute gibt es Urlaubs- und auch Weihnachtsgeld nur, wenn sie in Kollektivverträgen stehen. Gut, dass es in Österreich eine 98-prozentige Abdeckung gibt.

ÖGB-Plakat 1970 ÖGB-Archiv

Mehr Urlaub

Die Gewerkschaften forderten die Verlängerung des Urlaubs und während sie auf die diesbezügliche Gesetzesänderung warteten, verankerten sie höhere Ansprüche in Kollektivverträgen. Als im Jahr 1964 ein Initiativantrag im Parlament keine Mehrheit fand, verhandelten die Sozialpartner einen Generalkollektivvertrag für Arbeiter:innen und Angestellte aus. Ab 1. Jänner 1965 erhielten Arbeitnehmer:innen im ersten Dienstjahr einen Urlaub von 15 Werktagen, nach einer regelmäßigen Steigerung je nach Dienstjahren erhöht er sich nach 25 Jahren auf 30 Werktage. 

Am 13. Juli 1971 folgte der Gesetzgeber den Vorgaben des Generalkollektivvertrages und das Arbeiterurlaubsgesetz wurde geändert.

ÖGB-Plakat 1975 ÖGB-Archiv

Der große Wurf gelang im Juli 1976 mit dem Bundesgesetz betreffend der Vereinheitlichung des Urlaubsrechts und der Einführung der Pflegefreistellung. Das Gesetz trat am 1. Jänner 1977 in Kraft. Nun hatten Arbeiter:innen und Angestellte den gleichen Urlaubsanspruch. Der Mindesturlaub betrug nun 24 Werktage pro Jahr und die Urlaubsunterbrechung durch Krankheit wurde bei Inlands- und Auslandsaufenthalten gleichgestellt und es gab erstmals den Anspruch auf bezahlte Pflegefreistellung von einer Woche pro Jahr für die Pflege erkrankter Familienangehöriger.

ÖGB-Plakat ÖGB-Archiv

Fünf Wochen Urlaub 

Am 3. Februar 1983 erging das Gesetz zur etappenweisen Verlängerung des Mindesturlaubs bis 1986 auf fünf Wochen und nach 25 Dienstjahren im gleichen Betrieb auf 36 Werktage. Das Wechselspiel zwischen Kollektivvertrag und Gesetz ging weiter. Die Gewerkschaften forderten die leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche, die Regierungen stellten sich taub. Daher finden sich in den Kollektivverträgen eine Vielzahl von Regelungen, die wesentlich besser sind als die gesetzlichen.