Depressionen
Corona-Pandemie: Junge Menschen leiden stark unter Depressionen
Laut neuen Studien steigen Depressionen bei jungen Erwachsenen stetig an - Behandlungsmöglichkeiten sind aber weiterhin rar
Egal, wohin man blickt - die Pandemie hat viele Menschen nicht nur gesundheitlich und wirtschaftlich, sondern auch seelisch getroffen. Jene, die diese Lage nur schwer oder gar nicht verarbeiten können, sind junge Erwachsene. Sie wissen kaum, welche Wege es aus der Depression gibt. Und auch ihre Eltern leiden und wissen oft nicht, was sie tun können. Die Direktorin der Innsbrucker Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kathrin Sevecke, richtete erst vor Kurzem einen dringenden Appell an die Politik: Der Zustand vieler Kinder und Jugendlichen in Zeiten der Pandemie sei „besorgniserregend“, man könne von einem „emotionalen Ausnahmezustand“ sprechen. Es ist Zeit zum Handeln.
Junge Erwachsene besonders belastet
Diese Entwicklung bestätigt auch das Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit. Schon seit dem Beginn der Corona-Pandemie untersucht das Department die psychische Gesundheit der Bevölkerung. Ein Anstieg depressiver Symptome zeigte sich bereits im April, Juni und September. Eine neuerliche Studie, gefördert vom Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP), bestätigt rund um den Jahreswechsel eine erneute Verschlechterung: Rund ein Viertel der Bevölkerung (26 Prozent) leidet demnach an depressiven Symptomen, 23 Prozent an Angstsymptomen und weitere 18 Prozent an Schlafstörungen. Bei jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren fallen die Ergebnisse besonders gravierend aus: Hier kam es zu einem sprunghaften Anstieg von rund 30 Prozent auf ganze 50 Prozent.
Keine Besserung in Sicht
Obwohl die Lage nicht besser wird, wird weiterhin viel zu wenig unternommen: Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind überlastet, kassenfinanzierte Therapieplätze bleiben weiterhin eine Seltenheit und auch die Selbstkosten für dringend benötigte Psychotherapie sind für viele Familien auf lange Sicht unbezahlbar. Hinzu kommt: Wenn es Jugendliche seelisch trifft, dann ist es auch ihr Umfeld, dass darunter leidet. Neben Eltern zählen dazu auch nahe Angehörige sowie Freundinnen und Freunde. Es braucht dringend einen Ausbau der Angebote für Kinder- und Jugendpsychiatrie und mehr Psychotherapieplätze für Kinder und Jugendliche auf Kassenkosten. Dafür setzt sich der ÖGB ein.
ÖGK mit 20.000 Psychotherapieplätzen
Die Österreichische Gesundheitskasse investiert in den Ausbau der psychosozialen Versorgung auf Kassenkosten. So werden zusätzliche 20.000 Psychotherapieplätze geschaffen und das Angebot damit um ein Drittel erweitert. Der Zugang zur Leistung wird mit beratenden und organisierenden Clearingstellen, die auch Gruppentherapien anbieten müssen, versichertenfreundlich gestaltet. „Wir setzen jetzt den Ausbau der Psychotherapie auf Kassenkosten um. Das ist ein Schritt, den die ÖGK bestimmen kann. Bei anderen Themen ist ein Zusammenwirken mehrerer Akteure für die Verbesserung der psychosozialen Versorgung in Österreich notwendig”, sagt Andreas Huss dazu.
ÖGB-Community: Es wird zu wenig unternommen
Auch bei einer aktuellen Facebook-Umfrage war eine große Mehrheit der ÖGB-Community der Meinung, dass im Hinblick auf das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen viel zu wenig unternommen wird. Silvana O. kennt diese Situation aus erster Hand, in ihrer Familie ist nicht nur sie als Elternteil, sondern auch ihre Kinder davon betroffen: „Wir sitzen alle deprimiert zuhause, wir als Eltern und unsere Kinder - und die Depression werden immer schlimmer.” Dass auch Erwachsene psychische Schäden davontragen, weiß auch Userin Alexandra V. zu berichten.
Bianca E. unterstreicht, dass es diese Risse in der Seele schon vor der Pandemie gegebenen hat, aber jetzt in dieser speziellen Pandemie-Situation es alle umso härter trifft: „Jetzt kriegen das auch mal Leute mit, die mit dem Feld eigentlich sonst weniger Kontakt haben.” Die größte Überschneidung in all den Statements der Community ist der Zeitpunkt. Gerade jetzt ist es besonders wichtig zu handeln. Der ÖGB macht den ersten Schritt und nimmt dieses Thema ernst.
Der ÖGB bietet für ArbeitnehmerInen, die sich in der Arbeit mit seelischen Schwierigkeiten konfrontiert sehen, eine kostenlose Beratung beim Chancen Nutzen Büro an. Akute Hilfe erhält man unter der Notrufnummer von Rat auf Draht 147.