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Kassenfusion

Ein Jahr türkis-blauer Pfusch

Projekt Kassenfusion von ÖVP und FPÖ hatte ein Ziel: Die Entmachtung der ArbeitnehmerInnen. Darunter leidet die Gesundheitsversorgung.

Was kann man nach einem Jahr Kassenfusion sagen? Verbessert hat sich nichts, ganz im Gegenteil: In vielen Bereichen hat es sich sogar verschlechtert. Dabei hatte es sich die türkis-blaue Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben, die Krankenkassenlandschaft grundlegend zu erneuern. Nach nur wenigen Monaten der Vorbereitung wurde ein massiver Umbau des Gesundheitssystems umgesetzt. Von 21 Sozialversicherungsträgern sind fünf übriggeblieben. Die größten Einschnitte gab es bei den Gebietskrankenkassen: Aus neun wurde eine einzige Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK). Daneben wurden berufsspezifische Krankenkassen - wie etwa für BeamtInnen - gegründet.

Akt, um ArbeitnehmerInnen zu entmachten

Zwar wurde von Seiten der damaligen Bundesregierung ständig wiederholt, dass die Sozialversicherung zu teuer sei, faktisch belegbar war dies jedoch zu keinem Zeitpunkt, wie Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin im ÖGB, betont. Vielmehr ging es um eine historische Machtverschiebung - von den ArbeitnehmerInnen hin zu den Arbeitgebern. „Das war ein Akt, um ArbeitnehmerInnen zu entmachten”, unterstreicht Reischl, die jahrelange Erfahrung im Bereich Sozialversicherung hat.

Durch die sogenannte Parität wurde ein Instrument geschaffen, bei dem nun die Arbeitgeber das Sagen haben, wenn es um wichtige gesundheitspolitische Entscheidungen geht. Doch was hat die Kassenfusion eigentlich ausgelöst? Oegb.at mit einem Überblick:

Was die Kassenfusion bislang gebracht hat: 

Milliardengrab statt Patientenmilliarde: Versprochen wurde eine Patientenmilliarde und die Harmonisierung der Leistungen, aber zu spüren ist davon knapp ein Jahr nach der Fusion noch nichts -> es ist ein Milliardengrab geworden. 
Unterschiedliche Leistungskataloge: Weiterhin gelten nicht nur für die Versicherten der BVAEB und der SVS unterschiedliche Leistungskataloge, auch ÖGK-Versicherte haben – je nach Bundesland – unterschiedlichen Zugang zu Kassenleistungen. Das betrifft auch das Leistungsangebot bei ÄrztInnen. Selbst wenn natürlich viele Untersuchungen und Behandlungen durch KassenärztInnen in allen Bundesländern durchgeführt werden, gibt es nach wie vor manche Untersuchungen, die nicht überall Teil des so genannten Leistungskatalogs sind.
Rückerstattung von Beiträgen sind unterschiedlich: Die unterschiedlichen Leistungskataloge haben aber nicht nur Auswirkungen darauf, welche Behandlungen und Untersuchungen Versicherte in den einzelnen Bundesländern mit der e-card erhalten: Sie haben auch Auswirkungen darauf, welchen Betrag sie nach einem Besuch bei WahlärztInnen rückerstattet bekommen. Anders als erwartet sind nämlich auch diese Beträge ein Jahr nach der Fusion noch nicht vereinheitlicht.
Keine Harmonisierung in Sicht: Es ist auch nicht zu erwarten, dass es hier bald zu einer Harmonisierung kommt. Der Grund dafür liegt darin, dass auf Basis der jetzigen Rechtslage auch diese wichtige Vereinheitlichung erst dann erfolgen kann, wenn es einen österreichweit einheitlichen Leistungskatalog gibt.
Unterschiedliche Honorare bei ÄrztInnen: Das hat zur Folge, dass nicht nur die ÄrztInnen für eine bestimmte Untersuchung je nach Bundesland ein anderes Honorar erhalten. Auch ein Versicherter erhält für dieselbe Untersuchung, die von einer/einem Wahlärztin/Wahlarzt durchgeführt wird, je nach Bundesland einen anderen Betrag erstattet.
Keine gleichen Leistungen für gleiche Beiträge: Von dem von türkis-blau versprochenen Grundsatz „Gleiche Leistung für gleiche Beiträge“ ist man daher ein Jahr nach der Fusion meilenweit entfernt. Nicht nur Beamte und Selbständige bekommen mit ihren Beiträgen einen anderen Zugang und andere finanzielle Gegebenheiten – auch die zahlreichen unselbständig Beschäftigten behalten zwischen Bodensee und Neusiedlersee unterschiedliche Leistungen. Eine rasche Vereinheitlichung erscheint weit entfernt, selbst der Gesundheitsminister sagt, „das wird noch einige Zeit dauern“.
Leistungsharmonisierungspaket wurde bereits beschlossen: Besonders schwerwiegend ist: Bereits vor einigen Jahren haben die damaligen Sozialversicherungsträger unter Führung des Hauptverbands ein Leistungsharmonisierungspaket beschlossen, wesentliche Schritte zur Angleichung wurden damit eingeleitet, zahlreiche Verbesserungen und Annährungen auf den Weg gebracht. Hier gab es ein Commitment über alle Träger und Interessensvertretungen gemeinsam dafür zu sorgen, dass sich die Leistungen schrittweise (am höchsten Niveau) angleichen. Was daher 18 Krankenversicherungsträger geschafft haben, schaffen drei offenbar nicht mehr.
Veränderung im Dachverband: Auch der Dachverband scheint seinen Gestaltungspielraum als Koordination über die einzelnen Träger aufgegeben zu haben. Gab es in der Mustersatzung des damaligen Hauptverbands noch zahlreiche Bestimmungen, die verbindlich von allen SV-Trägern in deren Satzungen umzusetzen gewesen sind – darunter auch einige aus dem Leistungsbereich -, zeigt die neue Mustersatzung des Dachverbands dies nicht mehr.