Gesundheit
Krankenhauspersonal am Limit: „Irgendwann können wir nicht mehr!“
Die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich durch die Omikron-Welle weiter zu: Berichte aus zwei großen Krankenhäusern lassen aufhorchen
„Heute Nachtdienst, morgen Tagdienst auf einer fremden Station - das ist gelebte Flexibilität”, sagt Birgit Seidl, Zentralbetriebsratsvorsitzende der Tirol Kliniken. Sie und ihre KollegInnen sind schon längst am absoluten Limit. Sie tun ihr Möglichstes, um alle PatientInnen gut versorgen zu können: „Aber irgendwann können auch wir nicht mehr.“ Der Personalmangel macht sich auf allen Ebenen bemerkbar. Mittlerweile geht es nicht mehr darum, wer auf Urlaub gehen kann oder wer einmal eine Pause macht, es geht um Überstunden ohne Ende und Ausfälle in allen Bereichen.
Tirol: PatientInnenversorgung in Gefahr
Darunter leidet in Tirol auch die Versorgung der PatientInnen. Seidl warnt: „Die PatientInnenversorgung ist in Gefahr.“ Aber was braucht es, um gut arbeiten zu können? Bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal, ist sich Seidl sicher. Eine echte Pflegereform könnte die Situation nachhaltig verbessern. Doch passiert ist bisher eigentlich nicht viel, wie ÖGB-Recherchen ergeben. „Ich weiß nicht, wie lange das noch gut geht“, betont Seidl abschließend.
Die Tirol Kliniken GmbH (bis 24. Juni 2015 TILAK - Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH) wurde 1991 gegründet und ist der größte und vielfältigste Gesundheitsbetrieb Westösterreichs. Sie besteht aus verschiedenen Einrichtungen, die das Rückgrat der medizinischen Versorgung in Tirol bilden. Als Dach des Klinikverbundes betreibt und koordiniert die Tirol Kliniken GmbH die einzelnen Einrichtungen.
- Knapp 8.700 MitarbeiterInnen (70 % Frauen)
- 115.000 stationäre und 1,1 Mio. ambulante Behandlungen pro Jahr
- 65.800 operative Einzelleistungen pro Jahr
- 2.500 Betten mit 80 % Auslastungsgrad im Durchschnitt
Salzburg: Marathon und kein Ende in Sicht
Sabine Gabath ist Zentralbetriebsrätin bei den Salzburger Landeskliniken (SALK). Auch sie beobachtet eine zunehmende Verschärfung der Arbeitsbedingungen in Salzburg: „Das Personal ist müde und arbeitet weiter. Stell dir vor, du läufst einen Marathon von zwei Jahren und es ist kein Ende in Sicht.” Erschwerend kommt hinzu, dass Ausfälle rasch kompensiert werden müssen, Teilzeitkräfte und Vollzeitkräfte füreinander einspringen und die Erholungszeit verkürzt wird. Auch müssen KollegInnen in Bereichen einspringen, in denen sie üblicherweise nicht tätig sind. Manchmal wird durch das Einspringen für die KollegInnen die 45-Stunden-Marke in der Woche geknackt. „Die MitarbeiterInnen in der Pflege wollen auf einem hohen Level weiterarbeiten, dies ist derzeit aber kaum möglich, weil sie ausgebrannt, verzweifelt oder erkrankt sind”, zählt Gabath auf. Die Lage wird sich in den kommenden Wochen wohl kaum entspannen, fürchtet Gabath. Auch ihre KollegInnen werden weiterhin keine Verschnaufpausen haben.
AKH-Wien verschiebt Operationen, Baden und andere Städte im Notfallbetrieb
Die Lage spitzt sich auch in anderen Bundesländern und Städten zu. Im AKH-Wien werden laut Berichten der ZiB, die sich auf interne Papiere bezieht, „ab sofort eine Reduktion des OP-Programms auf Notfälle und nur auf absolut dringliche Notfälle erforderlich“. Die Situation würde sich, so das AKH-interne Papier, erst zu Ostern entspannen. Der Wiener Gesundheitsverbund bestätigte die Echtheit dieses Dokuments via Twitter. Aufgrund der zahlreichen Ausfälle bei ÄrztInnen und PflegerInnen gelte in den Spitälern Neunkirchen, Baden, Mödling und Wiener Neustadt derzeit auch Notfall-Betrieb.