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Jacob Lund - Adobe Stock
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Profitgier

Gier frisst Hirn - auch im Spital

In Deutschland macht ein Beispiel Schule, das auch in Österreich bald möglich sein könnte: Die größte private Krankenhauskette baut Stellen für medizinisches Personal ab und streift gleichzeitig hohe Gewinne ein

Mitten in der Pandemie erwirtschafteten die privaten Helios-Kliniken in Deutschland im Jahr 2020 mehr als 600 Millionen Euro Gewinn vor Steuern. Stephan Sturm, der Vorstandschef der Privatkliniken, sagt, man habe 2020 "gut gemeistert". Somit wird den Anteilseignern der Privatklinikgruppe eine höhere Dividende in Aussicht gestellt. Trotzdem wird dort, wo es wichtig ist, gespart: nämlich beim Personal. Krankenhäuser werden mehr und mehr zu gewinnorientierten Unternehmen, in denen manche Leistungen öfter durchgeführt werden als andere.

Teure Operationen steigen, Qualität sinkt 

Die ZDF-Rechercheplattform „Zoom“ etwa hat Zahlen aus Deutschland, die diese Ökonomisierung im Gesundheitssystem darstellen. Laut dem dortigen Fallpauschalen-Katalog werden bestimmte Leistungen mit wesentlich mehr Geld vergütet als andere: Beispielsweise wird ein Herzschrittmacher mit 16.000 Euro vergütet und eine Operation an der Wirbelsäule mit 10.000 Euro. Derartige Operationen haben von 2007 auf 2015 um ganze 71 Prozent zugenommen.

Gleichzeitig findet sich im Katalog keine Vergütung für ausführliche Gespräche mit PatientInnen oder alternative Behandlungsmöglichkeiten. Anders formuliert: Gewinn wird lediglich mit Operationen und anderen Leistungen am Menschen gemacht; Gespräche und Betreuung hängen dann nur mehr von den Ressourcen des Krankenhauses ab. 

Schwere Folgen für PatientInnen und Personal

Daraus ergeben sich schwerwiegende Folgen: Krankenhäuser sparen an den falschen Stellen, das Personal wird weniger, wie im Fall der privaten Helios-Krankenanstalten, Pflegekräfte wechseln ihren Job früher und wollen sich nicht mehr damit auseinandersetzen, und schließlich leidet die Qualität der Betreuung und Behandlung darunter. Letzen Endes spüren dies auch die PatientInnen. Sie fühlen sich mit ihren Krankheiten und Beschwerden allein gelassen – es bleibt kaum Zeit, um wirklich auf sie einzugehen. 

ÖGB warnt schon seit Jahren vor einem Ausverkauf

Vor dieser Entwicklung warnt der ÖGB schon seit Jahren. Nicht aus „Angstmache” heraus, wie von Seiten der Wirtschaft gebetsmühlenartig propagiert wird, sondern aus erlebter Evidenz. Aus Geschichten, die die Menschen in Beiträgen und Kommentaren dem ÖGB fast wöchentlich mitteilen. Denn, was wir gerade erleben, ist tatsächlich nichts anderes als der schleichende Umbruch im Gesundheitssystem. Dazu gehört auch die Privatisierung und der Personalabbau im Gesundheitswesen

Sollte es so weitergehen, dann wird dieser Umbruch in einigen Jahren Auswüchse erreicht haben, wie wir sie aus Großbritannien kennen: Die Rede ist von verzweifelten Spendenaufrufen der britischen Regierung, um Geld für das öffentliche Gesundheitssystem bereitzustellen. Und dieses System ist wiederum nicht so weit entfernt vom amerikanischen Modell. Dort haben eine kleine Gruppe Superreicher und Privatunternehmer die Oberhand. Wer Geld hat, wird behandelt – wer nicht, nicht.

Zwei-Klassen-Medizin in Österreich angekommen

Eine Parallele ist hierzulande mittlerweile Realität: Durch den türkis-blauen Kassenumbau haben nun die Arbeitgeber die Kontrolle über die Krankenkassen. Und das hat einen guten Grund: Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hat ein Milliarden-Budget zur Verfügung, und ohne die Arbeitgeber kann das entscheidende Gremium, der Verwaltungsrat, keine Entscheidung treffen. Hinzu kommt, dass es im neuen Dachgremium sechs Arbeitgeber-VertreterInnen gibt, aber nur vier der ArbeitnehmerInnen. Dieses Gremium ist es, das zum Beispiel entscheiden könnte, dass alle Versicherten Selbstbehalte zahlen müssen.

Trotz schwerer Situation bleibt ÖGB standhaft

Durch diesen türkis-blauen Umbau haben es die Arbeitnehmer-VertreterInnen schwer, die hart erkämpften Rechte von ArbeitnehmerInnen zu schützen. Das fängt beim Widerstand gegen zusätzliche Selbstbehalte an, geht über den anhaltenden Einsatz für telefonische Krankmeldung und Risikogruppenregelung bis hin zur Beseitigung von Leistungsunterschieden im Gesundheitssystem. Aber wie schon in den vielen Jahrzehnten zuvor wird der ÖGB auch in Zukunft dafür sorgen, dass es in Österreich nicht zu englischen oder US-amerikanischen Zuständen kommt. Die Gewerkschaftsbewegung wird weiterhin Missstände aufzeigen und sich mit voller Kraft dafür einsetzen, dass sie behoben werden. Dafür braucht es so viel Unterstützung wie möglich - jetzt mehr denn je.

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