Zum Hauptinhalt wechseln
Jede und jeder Fünfte in Österreich erkrankt im Laufe seines Lebens an einer Depression – trotzdem wird die Krankheit unterschätzt
Betroffene aus Risikogruppen fühlen sich aktuell mit steigenden Infektionszahlen von der Regierung im Stich gelassen. Samuel Adobe Stock

Gesundheit

Angst, Depression, Einsamkeit: Das Leben ohne Risikogruppenregelung

Zuerst hat man Hochrisikopatientin Angela C. zurück ins Großraumbüro gezwungen, jetzt holt man ansteckende KollegInnen ohne Quarantäne zurück – ein Covid-Alptraum

Wenn Angela C.* über ihren Fall erzählt, dann muss sie immer wieder einen Moment durchschnaufen. Der Schock darüber, was gerade passiert, also die Aufhebung der Corona-Maßnahmen, das Quarantäne-Aus, keine Risikogruppenregelung mehr, der sitzt zu tief. “Ich gehöre zur Hochrisikogruppe, ich kann es mir nicht leisten, mich anzustecken”, sagt sie, während ihr Gesichtsausdruck langsam in sich zusammenfällt. 
  
Die 52-jährige leidet schon seit mehr als 25 Jahren, also fast ihr halbes Leben lang, an einer Dreifach-Lungenerkrankung. Angela C. erzählt: “Ich leide an COPD – das ist, wenn sich die Lunge dauerhaft verengt und entzündet – dann an einem Lungenemphysem, einer chronischen Aufblähung der Lunge durch Luft und an eosinophilem Asthma, einer Verlaufsform der chronisch entzündlichen Erkrankung Asthma.” Deshalb ist sie laufend in Immuntherapie, weshalb sie die vierte Impfung zurzeit auch nicht nehmen darf.  

Bleib informiert über deine Arbeitswelt!
Jeden Freitag: Das Wichtigste aus einer Woche


Rücksichtslose Regierung und Arbeitgeber  

Die Betroffene befindet sich immer wieder in einer sehr unangenehmen Lage: Die Corona-Infektionen steigen auf ein Rekordhoch, die Schutzmaßnahmen werden immer weiter runtergefahren. Gleichzeitig scheren sich auch viele Unternehmen nicht mehr um Einzelschicksale. Immerhin wurde nun mit dem Quarantäne-Aus die Risikogruppen-Regelung wieder eingeführt - und zwar bis zum 31. Oktober 2022. Ein Gewerkschaftserfolg. Trotzdem bleibt die Unsicherheit, denn die Regierung verlängert immer nur sehr zaghaft und mit kurzer Vorlaufzeit. 

Für Angela C.* ist das immer eine schwierige Situation, denn wenn die Regelung wieder ausläuft, dann heißt es: Ansteckung auf eigene Gefahr. “Ich müsste damit bald wieder ins Großraumbüro, wo viele Menschen kommen und gehen.” Schützen konnte sie sich bisher nur deshalb, weil sie ihren hart-verdienten Urlaub aufbraucht: “Das Schlimmste daran ist, dass der Schutz meiner Gesundheit nicht mehr in meiner Hand liegt. Ich kann mir nicht aussuchen, wie ich arbeite, und bin auf die Unterstützung meiner Firma angewiesen, die mich aber nicht unterstützen will.”  

Angst und Depressionen

In harten Stunden bekommt Angela C. auch Angstschübe und depressive Stimmungen. Die Angst hat sich manifestiert: “Ich habe Angst, dass ich auf der Intensivstation lande, habe aber den Eindruck, dass das niemanden so wirklich interessiert. Oftmals fühle ich mich zurückgelassen und einsam.” Hoffnung gibt ihr nur, dass die Regierung aufgrund der schnell steigenden Zahlen irgendwann einlenken muss. Von ihrem Arbeitgeber und der Regierung wünscht sie sich, dass man sie fragt, was sie braucht, damit sie den Eindruck hat, auch wirklich wertgeschätzt zu werden. “Stattdessen erlebe ich immer wieder ein komplett fahrlässiges Verhalten der Regierung. Ich denke mir dann oft: Wer schützt mich, wenn es mich dann erwischt?”

*Name von der Redaktion geändert.