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6 von 10 Arbeitnehmer:innen in Österreich gehen trotz Krankheit zur Arbeit, das geht aus einer aktuellen AK-Klimaindex-Studie hervor.
6 von 10 Arbeitnehmer:innen in Österreich gehen trotz Krankheit zur Arbeit, das geht aus einer aktuellen AK-Klimaindex-Studie hervor. Angelo/peopleimages.com - stock.adobe.com

Präsentismus

Sick Guilt: Wenn das Schuldgefühl zum Problem wird

Immer mehr Arbeitnehmer:innen arbeiten trotz Krankheit, weil sie sich in der Pflicht sehen

Viele haben das schon erlebt: Man fühlt sich in der Früh krank, hadert mit sich, ob man in die Arbeit gehen sollte und entscheidet sich doch, im Bett bzw. zuhause zu bleiben – wenig später meldet sich das schlechte Gewissen. Man fühlt sich schuldig, nicht in der Arbeit zu sein und deswegen seine Kolleginnen und Kollegen mutmaßlich im Stich zu lassen. Dieses Phänomen wurde als „Sick Guilt”, also das „Sich-im-Krankenstand-schuldig-fühlen”, bekannt, und ist ein Teil bzw. eine Vorstufe des altbekannten Problems namens „Präsentismus”.  

Aktuelle Studie: 60 Prozent gehen krank zur Arbeit

6 von 10 Arbeitnehmer:innen in Österreich gehen trotz Krankheit zur Arbeit, das geht aus einer aktuellen AK-Klimaindex-Studie hervor. Dieser Wert ist ein Höchststand seit dem Erhebungsbeginn im Jahr 2008. Viele Betroffene haben Angst vor Kündigung und unangenehmen Fragen.

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„Sick Guilt” führt zu Präsentismus

Unter Präsentismus versteht man, dass Arbeitnehmer:innen trotz Krankheit oder anderer gesundheitlicher Probleme in der Arbeit erscheinen. „Sick Guilt” ist also die Vorstufe zu Präsentismus und dieser betrifft eine erschreckend hohe Anzahl von Arbeitnehmer:innen in nahezu allen Branchen. Vor allem Frauen und jüngere Menschen gehen in die Arbeit, obwohl sie krank sind.

 

Gründe für Präsentismus

Pflichtgefühl: Arbeitnehmer:innen möchten ihre Kolleginnen und Kollegen nicht „im Stich lassen” beziehungsweise nicht noch mehr belasten.

Angst vor Jobverlust: Vor allem junge oder schlecht qualifizierte Arbeitnehmer:innen haben oft Angst, leicht ersetzbar zu sein und bei häufigem Krankenstand ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Arbeit muss erledigt werden: Die Sorge über angestaute Arbeit ist vor allem in jenen Branchen groß, in denen viele Aufgaben nur von bestimmten Personen erledigt werden können oder bei denen es hohen Druck durch Führungskräfte gibt.

Keine Vertretung möglich: Dieser Grund ist für Arbeitnehmer:innen in leitenden Funktionen oft ein großes Thema. Aber auch kleine Unternehmen tun sich oftmals schwer, Vertretungen bereitzustellen.

 

Gefahren durch Präsentismus

Durch Präsentismus ergeben sich Gefahren für die eigene Gesundheit: Wer krank arbeitet, kann sich nicht auskurieren. Das kann zu langfristigen medizinischen Beschwerden führen und erhöht auch das Risiko von Arbeitsunfällen. Auch sinkt die Produktivität: Wenn man sich krank fühlt, kann man sich oftmals nicht auf seine Tätigkeiten konzentrieren. Wer also längere Zeit nur eingeschränkt mitarbeitet, unterstützt seine Kolleginnen und Kollegen weniger als jemand, der sich Zeit für die Genesung nimmt und danach wieder die volle Leistung erbringen kann.
Zu guter Letzt ist da noch die Ansteckungsgefahr: Wer krank in die Arbeit geht, setzt auch Kolleg:innen Viren oder Bakterien aus. Das gefährdet nicht nur die Gesundheit der anderen, sondern sorgt auch dafür, dass potenziell noch weniger Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz erscheinen können.

ÖGB: Wer krank ist, soll nicht arbeiten

Wer krank ist, braucht sich nicht schuldig fühlen, sondern soll sich in Ruhe auskurieren. Wenn man sich nicht gesund fühlt, sollte man so schnell wie möglich zum Arzt oder zu Ärztin gehen und sich krankschreiben lassen. Bei angeordneter Ruhe fällt auch das Homeoffice aus.