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Vorsorgeuntersuchungen

40 Prozent weniger Vorsorgeuntersuchungen im Corona-Jahr

Nicht durchgeführte Untersuchungen in der Pandemie haben heftige Folgen, wie eine aktuelle Studie zeigt

Vieles läuft in der Pandemie anders - besonders, was die Gesundheit betrifft. Im Vergleich zu 2019 sind im Pandemiejahr 2020 die Vorsorgeuntersuchungen drastisch zurückgegangen: Allein im zweiten Quartal 2020 waren es um 40 Prozent weniger Leistungen. Die rückläufige Inanspruchnahme von ärztlichen Untersuchungen führte - anders als noch im August 2020, als die Sozialversicherung ein Minus von 558 Millionen Euro für das Jahr prognostizierte - zu einem vergleichsweise kleinen Minus: Bei der Österreichischen Gesundheitskasse fehlen 2020 vorläufig 11 Millionen Euro.

Nebenwirkung: Weniger Leistungen

„Das kleinere Minus ist trügerisch und zeigt nur eine Momentaufnahme. Denn die meisten Versicherten haben aufgrund der Pandemie 2020 deutlich weniger ärztliche Hilfe in Anspruch genommen oder TherapeutInnen aufgesucht“, erklärt Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin im ÖGB. Das habe mehrere Gründe: Einmal sei es die Angst vor einer Ansteckung, dann das teilweise Auf und Zu der Praxen und schließlich auch die Verunsicherung von PatientInnen und ÄrztInnen selbst. In der Gegenüberstellung der Prognose vom Februar 2020 (also vor den ersten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie) mit der aktuellen vom Februar 2021 zeigt sich, dass die Leistungen für ÖGK-Versicherte um 337 Millionen Euro zurückgegangen sind. Die Beitragsentwicklung blieb auch unter den Erwartungen; positiv ist jedoch, dass eine negative Beitragsentwicklung dank Kurzarbeit vermieden werden konnte.

Viele Untersuchungen rückläufig

Ein Blick auf die detaillierten Rückgänge zeichnet ein besorgniserregendes Bild. Besonders ausgeprägt waren die Rückgänge im Allgemeinen Untersuchungsprogramm (Gesundenuntersuchung), bei der Vorsorgekoloskopie und den Vorsorgemammographien. Auffällig war zusätzlich auch der Rückgang bei den Hörgeräten. Im Herbst wurden einige Untersuchungen nachgeholt, aber insgesamt bleiben auch über das Jahr gerechnet signifikante Rückgänge in der Versorgung übrig.

Die Zahlen im Detail:

Vorsorge Koloskopie: -13 %

Vorsorge Mammographie: -13 %

Allgemeines Untersuchungsprogramm: -11 %

PAP-Abstriche: -8 %

Hörgeräte: -12,5 %

Warum das Minus trotzdem kommen wird

Obwohl die ÖGK im Jahr 2020 aufgrund zurückgegangener Arztkontakte und Leistungen finanziell mit einem blauen Auge davongekommen ist, fehlen strukturell in den kommenden Jahren jährlich ca. 200 Mio. Euro. „Die Inanspruchnahme von ärztlichen und anderen Leistungen wird sich ab Mitte 2021 wieder auf das Normalmaß einpendeln, die Einnahmensituation wird sich aber nur unwesentlich verbessern. Kumuliert fehlen der ÖGK laut von der Generaldirektion vorgelegter Vorschau bis 2023 rund 600 Mio. Euro”, analysiert ÖGK-ArbeitnehmerInnen-Obmann Andreas Huss.

Huss warnt: „Einen heute unabschätzbaren Anstieg der Leistungen werden wir aber auch in der psychosozialen Versorgung zu stemmen haben. Dazu braucht es in Zukunft auch multidisziplinäre Versorgungsstrukturen wie psychosoziale Versorgungszentren und den Ausbau der Frühen Hilfen.“

Krankheiten abseits von Corona nicht außer Acht lassen

Für den Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres ist es vor allem wichtig, das große Ganze im Blick zu behalten: „Bei all der medialen Aufmerksamkeit für die COVID-19-Pandemie dürfe man die Krankheiten abseits von Corona nicht außer Acht lassen.” Denn der Lockdown hatte zur Folge, dass PatientInnen aus Angst vor Ansteckung Vorsorge- und Routineuntersuchungen, sowie Termine für Impfungen nicht wahrgenommen haben.

Das bedeute vor allem für die PatientInnen einen unnötig höheren Leidensdruck. In zweiter Linie bedeute es eine zusätzliche Belastung der Spitäler, die nicht notwendig gewesen wäre und damit verbunden höhere Kosten für das Gesundheitssystem. Alle Beteiligten würden also entscheidend davon profitieren, Routine- und Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrzunehmen.

Appell: Vorsorgeuntersuchungen nicht aufschieben!

Die Leitende ÖGB-Sekretärin Ingrid Reischl appelliert daher: „Die Auswirkungen nicht durchgeführter Vorsorgeuntersuchungen können verheerend sein. Deshalb ist es so wichtig, jetzt Vorsorgeuntersuchungen zu machen. Es wird Zeit, sich wieder einmal durchchecken zu lassen!“ Speziell an Frauen ergeht Reischls Aufruf: „Liebe Frauen, geht bitte wieder zur Mammografie!“