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Johann „Hans“ Rusznak ist seit 17 Jahren mobiler Pfleger

Pflege

Mobile Pflege

Wenn das Engagement an die Belastungsgrenze führt

 „Es ist höchste Sensibilität und großes Einfühlungsvermögen gefragt. Bei der Pflege zu Hause dringe ich ja in die Intimsphäre der Menschen ein“, bringt die Grazerin Karoline Patterer die Herausforderung bei der mobilen Pflege auf den Punkt. Sie ist seit mehr als sieben Jahren beim Roten Kreuz beschäftigt und betreut ‚ihre‘ PatientInnen in unterschiedlichen Zeiträumen. „Manche brauchen mich nur einmal in der Woche, meist zur Unterstützung pflegender Angehöriger, andere täglich“ – es gibt aber auch PatientInnen, zu denen sie zwei oder auch drei Mal täglich kommen muss.

Digitalisierung erhöht Arbeitsdruck

Inzwischen hat die Digitalisierung auch im Bereich der Pflege Einzug gehalten: Digitale Dienstpläne dokumentieren mittlerweile jede Minute der Arbeitszeit, Pausen sind kaum möglich. Das bestätigt auch Johann Rusznak aus dem niederösterreichischen Hohenau, seit mehr als 17 Jahren mobiler Pfleger. Zwar macht er seinen Beruf aus Leidenschaft – „man kriegt viel von den Menschen zurück“ – die neuesten Entwicklungen sieht er aber kritisch: „Die Zeit ist immer knapp und die soziale Komponente, die den meisten KundInnen sehr wichtig ist, kommt oft zu kurz“. Durch die Digitalisierung steige der Arbeitsdruck, die Beschäftigten seien ausgebrannt und am Rande ihrer Belastbarkeit.

„Dann dauert’s eben länger“

Auch Ursula Hable, Pflegerin und Betriebsrätin bei einem Wiener Pflegedienstanbieter, kennt die Probleme. Die Digitalisierung bringe auch Vorteile mit sich, etwa dass via Smart Phone die Pflegedokumentation sofort „in die Firma“ gesendet werden könne oder dass Änderungen beim Pflegebedarf und andere wichtige Informationen sofort abrufbar seien. Wie ihre KollegInnen betont sie aber, dass der digital vorgegebene Tagesplan Stress verursache. In ihrem Betrieb versucht Hable, ihren KollegInnen klarzumachen, dass es kein Problem sei, wenn sie beispielsweise die vorgegebenen Wegzeiten nicht einhalten: „Wenn die Straßenbahn vor der Nase davonfährt, dann dauert‘s eben länger.“

ÖGB fordert 20 Prozent mehr Personal

Beinahe 70.000 Menschen sind bei Pflegediensten beschäftigt, viele in der mobilen Pflege. Sie arbeiten unter schwierigsten Bedingungen und großer psychischer und physischer Belastung – und in den letzten Jahren hat der Arbeitsdruck weiter zugenommen. Neben der wichtigen Aufklärungsarbeit und Mitbestimmung durch die BetriebsrätInnen braucht es vor allem überbetriebliche Ansätze, um die Beschäftigten in der (mobilen) Pflege zu entlasten.

Deshalb fordern ÖGB und Gewerkschaften 20 Prozent mehr Personal, eine strukturelle Verbesserung der Arbeitszeiten und der Entlohnung sowie eine intensivere Ausbildung. Nur so kann man den Pflegeberuf auch für junge Menschen wieder attraktiver machen. Zudem braucht es dringend einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit. Denn in Österreich wird nach wie vor gut die Hälfte aller Pflegebedürftigen von Angehörigen zu Hause versorgt.