Internationales
Alle gegen Tesla: Streiks auf zahlreiche Branchen und mehrere Länder ausgeweitet
Auto-Konzern verweigert Tarifvertrag, Beschäftigte wehren sich mit Streiks, EGB sichert volle Solidarität zu
Was mit der Weigerung Teslas begann, für seine Arbeitnehmer:innen in Schweden einen Kollektivvertrag (Tarifvertrag) abzuschließen, führte zu einem beeindruckenden Streik, der sich im Lauf weniger Wochen über mehrere Branchen und zuletzt auch über die schwedischen Landesgrenzen hinweg ausweitete. Unterstützung kommt auch vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB), der den Streikenden „volle Solidarität” zusichert.
Wie alles begann: Tesla produziert in Schweden keine Autos, sie werden aber in Werkstätten im ganzen Land gewartet, mit Erfolg. In der Hauptstadt Stockholm und in sechs weiteren Städten haben sich seit dem Vorjahr Werkstätten etabliert. Das Geschäft läuft, die Zusammenarbeit der Geschäftsführung mit den Gewerkschaften hingegen nicht – seit mehr als einem Jahr verhandelt die schwedische IF Metall mit Tesla über einen Kollektivvertrag. Im Herbst ließ der Konzern schließlich wissen, dass Kollektivvertragsverhandlungen „aus Prinzip“ verweigert werden, das gewerkschaftliche Grundrecht würde nicht ins Unternehmenskonzept passen.
Protest nahm schnell Fahrt auf
Seither wehren sich die Betroffenen. Ende Oktober begannen 130 Mechaniker:innen einen Streik, unterstützt von den Gewerkschaften, die das Vorgehen Teslas auch als Angriff auf das schwedische Arbeitsmarktmodell werten. Immer mehr Beschäftigte aus anderen Branchen schließen sich aus Solidarität an den Streikenden an: So wurden Hafenblockaden, die zu Beginn nur in Städten mit Werkstätten stattfanden, mittlerweile auf alle schwedischen Häfen ausgeweitet; das bedeutet, dass keine Teslas mehr aus- und eingeladen werden. Teslas im Land können kaum noch geladen werden, weil die für die Wartung und Reparatur der Ladestationen zuständigen Beschäftigten mit Unterstützung der Gewerkschaft ebenso streiken. In den Tesla-Anlagen wird nur sporadisch saubergemacht, weil auch die Reinigungskräfte ihre Arbeit eingestellt haben. Lackierungen von Teslas wurden in nunmehr 53 Werkstätten gestoppt und die schwedische Post stellt dem US-Konzern keine Nummernschilder mehr zu.
Die Klage gegen den schwedischen Staat als Teileigentümer und gegen die Gewerkschaft Postnord, mit der Tesla darauf reagierte, ließ die Gewerkschaft übrigens kalt: Das Streikrecht ist in Schweden verfassungsrechtlich geschützt, lautet die knappe Antwort von Postnord.
Grenzüberschreitende Solidarität
Das Unternehmen scheint die Rechnung tatsächlich ohne den Kampfgeist und die grenzüberschreitende Solidarität der Gewerkschaften machen zu wollen: Seit Wochen laufen Gespräche der IF Metall mit Gewerkschaften in Dänemark und Norwegen. Der Streik soll auf Häfen in diesen Ländern ausgeweitet werden, damit Tesla nicht dorthin ausweichen kann. Die größte dänische Gewerkschaft 3F hat ihre Solidarität bereits zugesagt: „Hafenarbeiter und Spediteure werden keine Tesla-Autos mehr entladen oder nach Schweden transportieren.”
Dass immer mehr Gewerkschaften sich einschalten, kommt nicht von ungefähr. 90 Prozent der Arbeitsverhältnisse in Schweden sind durch Kollektivverträge abgesichert, ähnlich ist die Situation in ganz Skandinavien.
Entscheidender Kampf für Streikrecht und Tarifverträge
Tarifverträge sind die Grundlage des schwedischen und nordischen Arbeitsmarktmodells. Das bedeutet, dass die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände die Spielregeln auf dem Arbeitsmarkt bestimmen. „Unlauterer Wettbewerb bringt nichts als Schaden und prekäre Arbeitsbedingungen. Das nordische Modell basiert auf gegenseitigem Respekt und es gelten für alle die gleichen Regeln. Deshalb geht es in diesem Konflikt um eine Grundlage für den gesamten Arbeitsmarkt“, heißt es auch in einer am 9. Dezember verabschiedeten Resolution des EGB (Europäischer Gewerkschaftsbund): „Das ist nicht nur ein Kampf für die Tesla-Beschäftigten in Schweden, sondern ein entscheidender Kampf für das Streikrecht und das Recht auf Tarifverträge.“
Diese große internationale Solidaritätswelle tut gut und sie ist sehr wichtig. Wir werden weiterhin alles tun, um das Kollektivvertragssystem in Europa nicht zu gefährden.
Die europäische Gewerkschaftsbewegung steht geschlossen hinter diesen Grundsätzen und hinter den Beschäftigten von Tesla, bekräftigt ÖGB- und EGB-Präsident Wolfgang Katzian: „Diese große internationale Solidaritätswelle tut gut und sie ist sehr wichtig. Wir werden weiterhin alles tun, um das Kollektivvertragssystem in Europa nicht zu gefährden.“