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Den Rechtsruck in vielen Ländern Europas nehmen die Gewerkschaften nicht widerstandslos hin sibway - adobe.stock.com

Internationales

Gewerkschaften gegen Rechts – wer hält Europas Arbeitswelt zusammen?

Weniger Rechte, mehr Profit: wie Regierungen Arbeitnehmer:innen schwächen wollen

Kürzungen bei Arbeitslosen-, Wohnungs- und Elterngeld, Lockerung des Kündigungsschutzes, kein Lohn am ersten Krankheitstag, Betriebsvereinbarungen ohne Gewerkschaften – die Liste der Vorhaben, mit denen die konservativ-rechtspopulistische Regierung in Finnland 2023 ihre Arbeit aufnahm, war lang.

Dem Protest der Gewerkschaften wollten die Regierungsparteien mit einer Einschränkung des Streikrechts den Wind aus den Segeln nehmen: Politische Streiks dürfen mittlerweile nur noch einen Tag dauern, Solidaritätsstreiks wurden ebenso eingeschränkt. 

Manche Verschlechterungen sind bereits realisiert, die Regierung hat ihre Rechnung aber ohne den Kampfgeist der Gewerkschaften Finnlands gemacht. „Wir arbeiten engagiert gegen sie! Wir hatten politische Streiks, wir machen Arbeitnehmer:innen und Mitgliedern klar, was diese Regierung für ihre Rechte, ihre Leistungen, ihre Löhne und ihr Arbeitsleben tut“, berichtet Jarkko Eloranta, Präsident des finnischen Gewerkschaftsbunds SAK. 

Politische Wende durch Betroffenheit

Zwar haben Gewerkschaften und andere Kritiker der finnischen Regierung nicht die Möglichkeit, sie zur Rückkehr zu bewegen, räumt er ein, „aber wir sind uns ziemlich sicher, dass alle unsere Mitglieder mittlerweile wirklich verstehen, was vor sich geht.“ Die Gewerkschaften konzentrieren ihre Informationskampagne also schon jetzt auf die nächsten Parlamentswahlen, die in zwei Jahren stattfinden werden. „Wir brauchen eine arbeitnehmerfreundlichere Politik und eine gewerkschaftsfreundlichere Regierung“, so Eloranta, „eine Regierung, in der die Wahren Finnen oder eine andere rechtsextreme Partei nicht vertreten sind.“ 

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Mehr Arbeit, weniger Krankenstände?

Auch in Belgien, wo seit Anfang Februar eine Koalition unter rechtsnationalistischer Führung im Amt ist, zeichnen sich unter dem Deckmantel von Reformen des Arbeitsmarkts und des Sozialsystems gravierende Verschlechterungen ab: Kürzungen des Arbeitslosengelds, Aus für das Sonntagsarbeitsverbot und Änderungen für Langzeitkrankenstände – hier sollen Arbeitnehmer:innen, Arbeitgeber und Mediziner:innen in die Pflicht genommen werden.

Arbeitgeber sollen zwei Monate lang 30 Prozent der Leistungen für Langzeitkranke zahlen müssen. Ärzten, die zu viele Krankschreibungen ausstellen oder ihre Patienten zu lange zu Hause bleiben lassen, drohen Geldstrafen. Die in Belgien übliche Indexierung der Löhne bleibt erhalten, allerdings müssen die Sozialpartner einen Reformvorschlag vorlegen.

„Du musst arbeiten, mehr arbeiten und vielleicht verdienst du dann ein bisschen mehr. Das ist es, was sie den Arbeitnehmer:innen in Belgien versprechen“, fasst Marie-Helen Ska, Generalsekretärin des belgischen Gewerkschaftsbundes ACV-CSC die Reform, die Maßnahmen für den Arbeitsmarkt im Koalitionspakt zusammen und kündigt Widerstand an: „Es ist unsere Aufgabe, das Beste für die Arbeitnehmer:innen zu verhandeln, und wir werden sie auch weiterhin erfüllen.“

Auch die belgischen Gewerkschaften starten eine Informationskampagne, die sich an alle Beschäftigten richtet: „Wir organisieren Versammlungen. Wir organisieren digitale Kontakte mit den Mitgliedsorganisationen, aber auch mit allen Arbeitnehmer:innen, die nicht unserer Organisation angehören. Sie haben ein Recht darauf zu erfahren, wie es mit ihrem Arbeitsplatz und ihren Arbeitsbedingungen weitergeht.“ Mitte Februar fand bereits ein erster Generalstreik statt. 

Bedrohung für ganz Europa

„Die extreme Rechte ist eine Bedrohung für ganz Europa, alle Gewerkschaften arbeiten und kämpfen gegen die rechtsextremen Parteien und die rechtsextremen Regierungen“, sagt Eloranta. Das wäre sehr hilfreich in Finnland: „Wir haben während unseres Kampfes viel Unterstützung und Solidarität von den österreichischen Gewerkschaften, aber auch von anderen Gewerkschaften in ganz Europa bekommen. Und natürlich bekunden wir in jedem Fall unsere Solidarität für jede Gewerkschaft im Kampf gegen die extreme Rechte und gegen rechtsextreme Regierungen“, so der finnische Gewerkschaftsboss mit Blick auf Österreich und Deutschland.