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Umfrage

Sexuelle Belästigung: Arbeitgeber in der Pflicht

Eine neue Online-Umfrage der AK Wien und der Gewerkschaft vida zeigt, dass sexuelle Belästigung im Tourismus gang und gäbe ist

8 von 10 Arbeitnehmerinnen im Tourismus sind bereits mit Belästigung konfrontiert gewesen. Diese erschreckende Zahl zeigt eine aktuelle Online-Umfrage der Arbeiterkammer Wien, durchgeführt von L&R Sozialforschung.  881 Arbeitnehmer:innen nahmen an der Umfrage teil, darunter 72 Prozent Frauen und 26 Prozent Männer. Einige Personen wollten sich keinem Geschlecht zuordnen. Die Umfrage wurde von November bis Dezember 2023 durchgeführt. Es ist die erste quantitative Erhebung zu sexueller Belästigung von Arbeitnehmer:innen in der Gastronomie im deutschsprachigen Raum.

„Wer nichts tut, macht sich mitschuldig!” 

Noch mehr Frauen im Servicebereich, nämlich 80 Prozent, haben schon einmal sexuelle Belästigung durch Gäste oder Mitarbeiter:innen im eigenen Betrieb erlebt. Bei den Männern sind es 54 Prozent, die angegeben haben, sexuelle Belästigung erlebt oder beobachtet zu haben. „Insgesamt sagten 72 Prozent der Arbeitnehmer:innen, dass sie sexuelle Belästigung erlebt oder beobachtet haben, mit 62 Prozent gibt die überwiegende Mehrheit an, dass das sogar mehrfach geschehen ist“, so AK-Bereichsleiter Ludwig Dvořák: „Wer nichts tut, macht sich mitschuldig!“  

„Uns ist es bei der Umfrage aber weniger um eine repräsentative Erhebung des Ausmaßes gegangen, als um die Frage, was da eigentlich genau passiert, wenn etwas passiert, damit wir wissen, wo wir bei einem Schutzkonzept ansetzen müssen“, erklärt Dvořák: „Und leider hat sich auch hier wieder gezeigt, dass Arbeitgeber ihrer gesetzlichen Verantwortung, ihre Mitarbeiter:innen vor sexueller Belästigung zu schützen, nicht nachkommen.” 60 Prozent der Arbeitnehmer:innen geben nämlich an, dass die Arbeitgeber bei Fällen von sexueller Belästigung nichts getan haben, obwohl ihnen diese Fälle gemeldet wurden. 28 Prozent der Fälle wurden erst gar nicht gemeldet, weil sich die betroffenen Mitarbeiter:innen keine Unterstützung erwarteten.

 Nur wenige werden des Lokals verwiesen 

„Manche Arbeitgeber sind in Fällen von sexueller Belästigung vielleicht im ersten Moment ein wenig hilflos. Aber es ist eine gesetzliche Verpflichtung, vor der man sich nicht drücken kann: Arbeitgeber müssen Abhilfe schaffen, am besten, indem sie Täter:innen und Betroffene räumlich trennen - also einen Gast des Lokals verweisen oder Lokalverbot erteilen-, den Täter versetzen, oder, wenn das nicht möglich ist, kündigen. All das geschieht trotz gesetzlicher Verpflichtung in einem erschreckend geringen Ausmaß“, so Dvořák. In den Fällen, wo die sexuelle Belästigung gemeldet wurde, gaben nur 21 Prozent der Arbeitnehmer:innen an, dass der belästigende Gast des Lokals verwiesen wurde. In nur 11 Prozent der Fälle gab es ein Lokalverbot, in nur 6 Prozent wurde der Täter gekündigt und versetzt wurde der Belästiger in nur zwei Prozent der Fälle.  

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Belästigung geht von allen aus 

35 Prozent der Arbeitnehmer:innen gaben außerdem an, dass Arbeitgeber oder deren Vertreter:innen selbst die Täter:in waren. In der Spitzen- und Massengastronomie, wo es mehr Hierarchien gibt, ist der Anteil sogar noch höher. 48 Prozent erfuhren Belästigung, die von Kolleginnen und Kollegen ausging. 78 Prozent der Arbeitnehmer:innen sagten, dass Gäste die Täter:innen waren. Dabei sagt das Gesetz klar: Arbeitgeber müssen in jedem Fall im Rahmen ihrer gesetzlichen Fürsorgepflicht Abhilfe schaffen. Egal, ob die Täter gut zahlende Gäste, leistungsstarke Kollegen oder enge Vertraute auf Führungsebene sind. Dass der Arbeitgeber nichts unternimmt, ist schlicht ein Gesetzesverstoß, für den die AK vor Gericht – im Regelfall erfolgreich – Schadenersatz einfordert. „Die Zahlen allein sind erschreckend hoch“, sagt Olivia Janisch, Frauenvorsitzende der Gewerkschaft vida. „Wir wollten von den Arbeitnehmer:innen wissen, wie sie ihre Situation in ihren eigenen Worten beschreiben. Und das hat uns einen Einblick in einen Arbeitsalltag gegeben, der von systematischer Verletzung der Menschenwürde von Frauen gekennzeichnet ist.“  

Damit die sexuelle Belästigung umgehend aufhört, erarbeiten die AK Wien, die Gewerkschaft vida und die Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer gemeinsam ein Schutzkonzept. „Um die Elemente dafür zu identifizieren und Prioritäten zu setzen, haben wir bei der gemeinsamen Online-Umfrage die Menschen gefragt, was ihnen helfen würde“, so Janisch. 81 Prozent der befragten Arbeitnehmer:innen, dass sie sich eine klare Haltung im Betrieb wünschen und dass sexuelle Belästigung nicht toleriert wird. Eine Arbeitnehmerin brachte es folgendermaßen auf den Punkt: Sie wünscht sich Info-Material unter dem Titel ,No respect, no service!‘. Auch bei den Arbeitgebern steht der Wunsch nach Material, das direkt vor Ort eingesetzt werden kann, an erster Stelle.

Hol dir Unterstützung!

Wenn du oder jemand in deinem Umfeld von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen ist: Zögere nicht, Hilfe zu holen! Am besten bei der Arbeiterkammer oder der

Gewerkschaft vida.

 

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