Geschlechtergerechtigkeit
„Vielen Frauen droht der Absturz in die Armut“
Niedrige Einkommen und eine hohe Teilzeitquote machen Frauen zu den Hauptbetroffenen der explodierenden Preise
Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende, erklärt, welche Maßnahmen es braucht, um Frauen zu entlasten.
Solidarität: Warum trifft die Teuerung Frauen besonders hart?
Korinna Schumann: „Im Durchschnitt verdienen Frauen in Österreich noch immer 18,5 Prozent weniger als Männer. Werden Teilzeit- und nicht ganzjährig Beschäftigte inkludiert, liegt der Einkommensunterschied sogar noch höher. Die explodierenden Kosten in den Bereichen Mobilität, Energie, Wohnen und Lebensmittel stellen für Frauen und speziell für Alleinerzieherinnen daher eine besondere Belastung dar. Viele Frauen arbeiten in niedrig bezahlten Berufen und haben bereits jetzt finanzielle Probleme. Durch die steigenden Energiekosten droht ihnen der Absturz in die Armut."
„Durch die steigenden Energiekosten droht ihnen der Absturz in die Armut."
Was muss die Politik machen, damit Frauen aus dieser Teilzeit- und Armutsfalle kommen?
„Viele Frauen tragen bereits jetzt die Mehrfachbelastungen der Kinderbetreuung, des Haushalts und der Pflege und Betreuung von Angehörigen. Laut einer aktuellen Studie der WU Wien leisten Frauen ganze elf Stunden unbezahlte Arbeit pro Woche mehr als Männer. Um Familie und Job unter einen Hut bringen zu können, liegt einer der Schlüssel in der Kinderbildung. Das Angebot an Kinderbildungsplätzen in Österreich ist aber nach wie vor nicht ausreichend, und so haben Frauen oft keine andere Möglichkeit, als in Teilzeit zu arbeiten. Die Lösung wäre ein Ausbau leistbarer Kinderbildungsangebote sowie ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag."
Und wie könnten Frauen jetzt – schnell und effizient – finanziell entlastet werden?
„Mit einer Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und Monatshygieneartikel wie Tampons oder Binden, der Erhöhung des Kilometergeldes sowie einer Anhebung des Mindestlohns auf 1.700 Euro würden wichtige Maßnahmen gesetzt, um die Teuerungswelle für Frauen abzufedern. Auch das Pendeln zur Arbeit ist durch die hohen Spritpreise besonders belastend. Darum wäre es wichtig, eine Anhebung des Kilometergeldes von 42 auf 50 Cent zu erreichen. Frauen brauchen dringend eine echte Entlastung, um nicht in die Armut zu rutschen."
„Uns reicht’s!” sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am Wiener Karlsplatz vor 20.000 Menschen. Österreichweit gingen mehr als 32.600 DemonstrantInnen auf die Straße, um den explodierenden Kosten und der Untätigkeit der Politik den Kampf anzusagen.