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ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann spricht
Kostengünstige Sommerbetreuung gefordert ÖGB - Juliana Kraushofer

Ferien

Sommerbetreuung alles andere als leicht gemacht

Studie bestätigt Mangel: ÖGB und AK fordern Gipfel

Endlich Ferien – doch die große Erholung für alle bedeutet das nicht. Die Ergebnisse der Elternbefragung im Zuge der AK-Schulkostenstudie 2024 zeigen, dass Schulferien eine finanzielle und organisatorische Herausforderung darstellen, die die Familien großteils privat stemmen. Die Eltern äußern Vereinbarkeitsprobleme von Erwerbsarbeit und Familie. Und nicht jedes Kind und jede:r Jugendliche:r bekommt wünschenswerte Ferienerlebnisse. 

„Jedes Kind und alle Jugendlichen sollen sich in den Ferien erholen und sich abseits des schulischen Lernens auf die eigenen Interessen konzentrieren können. Die Befragung zeigt uns aber, dass das nicht jeder und jede kann, denn wieder ist entscheidend, wie dick das Geldbörserl der Eltern und Großeltern ist“, sagt Korinna Schumann, Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende des ÖGB.

AK-Bildungsexpertin Elke Larcher und ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann sprechen
Ferienbetreuung ist für viele Familien unfinanzierbar ÖGB - Juliana Kraushofer

Große Ferien, große Herausforderungen

Bald beginnen in Österreich für mehr als 1,1 Millionen Schüler:innen die Sommerferien. Lange Sommerferien sind für viele eine schöne Kindheitserinnerung. In der Praxis werfen sie jedoch zahlreiche Probleme auf: Sie stellen für berufstätige Eltern eine echte Betreuungsherausforderung dar und verstärken familienbedingte Bildungsungleichheit. Sollten die Ferien doch Freizeit, spannende Erlebnisse, Zeit für Freund:innen, Familie und Erholung bringen, so werden die Ferienzeiten insbesondere für berufstätige Eltern immer auch zur Managementaufgabe. Damit die Schüler:innen in den Ferien gut betreut sind, organisieren erwerbstätige Eltern oft schon Monate im Voraus ein Betreuungsnetz aus Großeltern, Bekannten, Feriencamps und nehmen sich selbst Urlaub oder Zeitausgleich. Teils wird als Notlösung Homeoffice eingesetzt, was für die die betroffenen Eltern eine massive Doppelbelastung bedeutet - in 17 Prozent der Haushalte übernehmen ältere Geschwister und damit Kinder Betreuungsaufgaben.

Bei der aktuellen Befragung von Eltern mit Schulkindern geben 81 Prozent der befragten Eltern an, die Sommerferien bereits durchgehend geplant zu haben. Im Durchschnitt über alle Schüler:innen hinweg gehen Kinder und Jugendliche

  • eine Woche in eine öffentliche Ferienbetreuung
  • eine Woche in eine private Ferienbetreuung wie bspw. ein Feriencamp
  • eine Woche sind die Schüler:innen allein, unbetreut zu Hause und sechs Wochen betreuen Eltern, Großeltern und Bekannte die Kinder.
  • Ältere Schüler:innen verbringen längere Zeit alleine zu Hause und besuchen kaum öffentliche Ferienbetreuung. Hier wird von den Eltern auch das fehlende leistbare Angebot für Teenager beklagt.

Die Betreuung der Kinder in den Ferien zeitlich und organisatorisch gut abzustimmen, kann eine echte Mammutaufgabe werden. Sechs von zehn Eltern beschreiben die Organisation der Sommerferien als große Herausforderung. Jeder fünfte befragte Elternteil (19 Prozent) findet diese Organisation sehr belastend, weitere 39 Prozent ziemlich belastend. Insgesamt ergibt sich auf Basis der Elternbefragung in etwa eine Betreuungslücke in den Sommerferien von zwei Wochen, für die die Eltern sich mehr kostengünstige und erlebnisorientierte Angebote für ihre Kinder wünschen.

Eltern wünschen sich darüber hinaus bei Betreuungsangeboten:

  • Planungssicherheit bei angemeldetem Betreuungsbedarf (rechtzeitige Zusagen, vor allem bei Angeboten, die vom gemeldeten Bedarf abhängen)
  • Einheitliche Anmeldezeiten bei Angeboten für unterschiedliche Altersstufen
  • Flexibilität, die aufgrund der Berufstätigkeit erforderlich ist (Dienstpläne stehen oft erst nach den Anmeldefristen fest)
  • Bessere Information über Angebote, Kosten und Anmeldeprozedere

Sommerschule

Seit 2020 gibt es in den letzten beiden Ferienwochen die sogenannte Sommerschule. Diese steht allen Schüler:innen grundsätzlich offen. Ziel ist u.a., dass Lerninhalte wiederholt und Kinder auf Prüfungen oder den Übertritt in eine neue Schule vorbereitet werden. Ein zielführendes Angebot, um den Schulstart zu erleichtern, doch an den wenigsten Standorten ist dieses Angebot ganztägig und bietet daher selten Betreuungssicherheit. Eine Ausnahme bietet u.a. das Burgenland, hier wurde die Sommerschule mit Ferienbetreuungsangeboten ergänzt. Die Befragung der Eltern zeigt außerdem, dass das Angebot der Sommerschule vielen Eltern noch nicht bekannt ist oder nicht ihrem Bedarf entspricht. Beispielsweise wünschen sich Eltern wohnortnahe Angebote, denn besonders außerhalb der Städte sind die Wege für die Kinder nicht alleine mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen, aber gleichzeitig die Bring- und Holzeiten nicht mit den Arbeitszeiten vereinbar.

Finanzielle Belastungen

Feriencamps sind für viele Familien eine spannende Ergänzung, um die Interessen und Stärken ihrer Kinder zu fördern und die Betreuung zu organisieren. Teilweise können diese jedoch sehr kostspielig werden. Im Durchschnitt geben Eltern 415 Euro pro Kind für die Ferienbetreuung aus. Die Hälfte der Eltern empfindet die Kosten für die Ferienbetreuung als Belastung (49 Prozent). Besonders belastend sind diese Zusatzkosten für Familien mit nur einem Elternteil. „Eine kostengünstige Ferienbetreuung würde den rund 500.000 Kindern, die von Armut betroffen sind, einen schöneren Sommer bescheren und vor allem die Mütter beim Jonglieren zwischen Arbeit, Betreuung und der Bewältigung der Teuerung unterstützen. Es ist unsere Pflicht, diese Kinder und ihre Familien nicht im Stich zu lassen“, so ÖGB-Vizepräsidentin Schumann

Vereinbarkeit

Während berufstätige Eltern in den meisten Fällen fünf Wochen Jahresurlaub haben, sind die Schulen in etwa 14 Wochen im Jahr geschlossen. Eltern müssen vielfach auf Großeltern und die Großfamilie zurückgreifen, um die Betreuung während der schulfreien Zeit zu bewältigen. Wenn sie diese Möglichkeit nicht haben, müssen sie auf andere – teils kostspielige – Betreuungsformen  ausweichen. Damit Eltern einen wesentlichen Teil der Ferien selbst ihre Kinder betreuen können, jonglieren insbesondere Frauen mit ihrer Arbeit.

„Eltern müssen in den Ferien oft abwechselnd Urlaub und Zeitausgleich nehmen oder parallel zum Homeoffice die Kinder versorgen, damit die gesamte Ferienzeit abgedeckt werden kann. Das ist weder fair noch sinnvoll“, so die Gewerkschafterin weiter. Viele Eltern konsumieren einen Großteil ihres Urlaubsanspruches in den Sommerferien und bauen Überstunden ab. Aber auch Homeoffice ist ein fixer Bestandteil der Ferienbetreuung geworden – jeder dritte Elternteil betreut Kinder und Jugendliche in den Sommerferien auch, während sie im Homeoffice arbeiten. Erschreckend insbesondere aufgrund des Fachkräftebedarfs ist, dass all diese Bemühungen nicht ausreichen und jeder zehnte Elternteil angibt, aufgrund der Betreuung die Arbeitszeit zu reduzieren, um auch die Ferienzeiten abdecken zu können. 

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Ferienzeit ist Freizeit

Kinder und Jugendliche wollen in den Ferien nicht primär schulische Lernziele verfolgen. Die meisten freuen sich auf Freund:innen, Familie, Urlaub, Zeit für Sport und ihre Interessen verfolgen zu können. Genau diese Motive sind für die Wahl der geeigneten Ferienbetreuung auch aus Sicht der Eltern entscheidend: Die Interessen des Kindes sowie die Qualität des Angebotes stehen bei der Wahl im Vordergrund (72 Prozent bzw. 69 Prozent). „Ferienangebote sollen der Motor für die Stärkung des Selbstwertes von Kindern und Jugendlichen sein. Sie sollen ihre Interessen vertiefen und entdecken können, und zwar ohne Leistungsdruck. Diese Ferien möchte ich für jedes Kind und alle Jugendlichen“, so Elke Larcher, Bildungsexpertin der Arbeiterkammer ÖGB und Arbeiterkammer fordern schöne Sommerferien für jede Familie, die es jedem Kind und allen Jugendlichen ermöglichen, sich zu erholen und die eigenen Interessen weiterzuentwickeln. Die Eltern brauchen Betreuungssysteme, die verlässlich, kostengünstig und für Kinder und Jugendliche ansprechend sind. 

  • Finanzielle Unterstützung für Ferienbetreuung: Die Ferienbetreuungsangebote werden oft von den Gemeinden finanziert und organisiert, diese sind sowohl personell wie auch finanziell damit überfordert und brauchen mehr Unterstützung, um ein breiteres Angebot zu setzen.
  • Teilhabe in der Freizeit sicherstellen: Es braucht niederschwellige Fördertöpfe, um im Bereich der Freizeitförderung Teilhabe von Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Geldbörsel der Eltern sicherzustellen.
  • Entlastungen für armutsgefährdete Familien und Alleinerziehende: Sie trifft die Teuerung in besonderem Ausmaß. ÖGB und Arbeiterkammer fordert die Bundesregierung auf, ein Entlastungspaket (Anhebung Arbeitslosengeld und Sozialhilfe; Unterhaltsgarantie) sowie spezifische Unterstützungsangebote (z.B. Ferien- und Lerncamps) zu schaffen. 
  • Eine sechste Urlaubswoche für alle – denn die Familien brauchen Erholung.
  • Arbeitgeber sind angehalten, Eltern mit schulpflichtigen Kindern mindestens drei Wochen Urlaub in den Sommerferien zu ermöglichen.
  • An einem Sommerbetreuungs-Gipfel führt kein Weg vorbei – die Betreuung für den Sommer muss schon im Herbst fixiert werden.