Der VIF-Indikator in Österreich: Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Fokus
Die Entwicklung, Bedeutung und Auswirkungen auf die österreichische Familienpolitik
Wenn in der österreichischen Innenpolitik von der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie die Rede ist, fällt oft die Abkürzung VIF – die Abkürzung steht für Vereinbarkeitsindikator Familie und Beruf. Der Indikator – erstmals von der Arbeiterkammer ins Leben gerufen – beurteilt, ob Kinderbetreuungseinrichtungen Vollzeitbeschäftigung der Eltern möglich machen.
Ursprünglich waren die Arbeiterkammer-Kriterien als Monitoring-Instrument konzipiert, wobei sie nicht zu restriktiv sein sollten, um möglichst viele Einrichtungen einzubeziehen. Die festgelegten Anforderungen umfassten:
- Mindestens 40 Stunden wöchentliche Öffnungszeit und mindestens acht Stunden täglich.
- An mindestens vier Tagen in der Woche muss die Einrichtung bis 17 Uhr geöffnet sein.
- Ein Mittagessenangebot.
Mit der ersten „Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und die Einführung der verpflichtenden frühen sprachlichen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Schaffung eines bundesweiten vorschulischen Bildungsplans" wurden die Kriterien verschärft.
Sie hatten nun Einfluss auf die Fördermittel für Betreuungsplätze, und es wurden höchstmögliche Qualitätsstandards angestrebt. Die wöchentliche Mindestöffnungszeit wurde auf 45 Stunden erhöht, wobei an vier Tagen 9,5 Stunden erreicht werden müssen. Zusätzlich wurde ein neues Kriterium eingeführt: Die Einrichtung darf höchstens fünf Wochen im Jahr geschlossen sein, was dem Urlaubsanspruch von unselbstständig Beschäftigten entspricht.
Entwicklung und Verbreitung des VIF-Indikators in Österreich
Der VIF-Indikator wurde ursprünglich von der Arbeiterkammer Wien (AK Wien) für Analysen und Pressearbeit eingeführt. Im Laufe der Zeit haben auch andere Bundesländerkammern diesen Indikator übernommen und in ihren eigenen Veröffentlichungen genutzt.
Später fand der VIF-Indikator Eingang in die sogenannten 15a-Vereinbarungen zwischen dem österreichischen Bund und den Bundesländern zur Weiterentwicklung der Kinderbetreuung. Diese Vereinbarungen regeln die Bundeszuschüsse für die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen, wobei die Höhe der Fördermittel an die Öffnungszeiten gekoppelt ist. Besonders hohe Fördersätze gelten für sogenannte VIF-Plätze. Die Effektivität dieser Zuschüsse wurde für den Zeitraum von 2007 bis 2010 von der Statistik Austria im Auftrag des österreichischen Familienministeriums evaluiert. Mittlerweile findet sich die Erhebung VIF-konformer Kinderbetreuung auch regelmäßig in der Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria.
„Nur mit einem Rechtsanspruch auf beitragsfreie Kinderbetreuung ab dem 1. Geburtstag des Kindes haben Frauen echte Wahlfreiheit, wenn es um Vollzeitarbeit geht“, sagt Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende. „Der VIF-Indikator ist ein gutes Instrument, um aufzudecken, wie weit wir davon aber noch entfernt sind und wie viele Einrichtungen eben die Möglichkeit für Kinderbetreuung bei gleichzeitiger Vollzeitarbeit nicht bieten“, so Schumann weiter. Die Regierung sei hier seit Jahren Lösungen schuldig. „4,5 Milliarden Euro für die Kinderbetreuung sind gut und richtig, die To-Do-Liste ist richtig lang: Der Weg hin zu flächendeckenden, qualitätsvollen, leistbaren und VIF-konformen Kinderbildungsplätzen mit guten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigen ist noch ein weiter. Und eines ist klar: Einen Marketingschmäh der Bundesregierung auf Kosten der Eltern werden wird nicht akzeptieren. Auf Worte müssen endlich Taten folgen.“