Elementarpädagogik
Kinderbildung (nicht) leichtgemacht
Ein Elementarpädagoge im Gespräch über den Arbeitsalltag, Probleme und Lösungen
Jedes Jahr am 24. Jänner, dem Tag der Elementarpädagogik, rückt die Kinderbildung in den Fokus. Dabei sind Kinderbildungseinrichtungen das ganze Jahr über essenziell, für die Kinder genauso wie für die Eltern, die ihren Jobs nachgehen müssen. Trotz dieser hohen gesellschaftlichen Bedeutung fehlt es in den Kindergärten und Horten an allen Ecken und Enden an Personal, was den Arbeitsalltag für die Beschäftigten vor allem in Zeiten von Krankenständen zu einer echten Herausforderung macht. Manuel Pöttler ist ausgebildeter Elementarpädagoge und erzählt im Interview, woran es hakt und wo es doch Lichtblicke gibt.
Wie ist der Joballtag als Elementarpädagoge? Was sind die drängendsten Probleme?
Manuel Pöttler: Gerade jetzt um den Jahreswechsel wird klar: Wir haben zu wenig Personal. Es gibt zu der Zeit immer viele Krankenstände, die nicht auszugleichen sind. Die, die da sind, kommen am Zahnfleisch daher, schleppen sich von einem grippalen Infekt zum nächsten. Irgendwie geht es sich aus, dass der vorgeschriebene Schlüssel erfüllt wird. Das nennt sich dann Notbetrieb. In so einer Situation ist es auch für junge Kolleginnen und Kollegen schwer zu starten. Je mehr Kinder und je weniger Erwachsene, desto mehr bleibt die Pädagogik auf der Strecke und es endet in der reinen Betreuung. Das ist ja nicht unbedingt schlecht, jedoch nicht das, was man sich als „elementare“ Fachkraft vorstellt. Wir wollen mit den Kindern arbeiten!
Hat man am Abend ein schlechtes Gewissen, seinen Job vielleicht nicht gut genug gemacht zu haben, weil die Umstände es nicht zulassen?
Das schlechte Gewissen kommt später. Zuerst kommt die Wut: „Warum kommt denn keiner, ich kann das doch nicht alles alleine ...“. Das sind eher die Fragen, die sich in der Praxis stellen. Aber man kann nicht laufend wütend sein, irgendwann ist man in der Resignation. Übrigbleibt dann, dass einfach nicht besser geht. Manche denken sich dann auch: „Das ist nicht das, was ich machen wollte.“
Was muss sich am dringendsten ändern?
Wir müssen es schaffen, als Bildungsinstitutionen wahr genommen zu werden. Dafür müssen wir uns transparent beim Arbeiten auf die Finger schauen lassen. Nur so können wir für Verständnis und Solidarität sorgen. So können wir als Bildungsinstitution wahrgenommen werden, auch ohne das „Machtinstrument“ der Noten. Denn im Kindergarten findet Bildung spielerisch statt.
Ich halte es, für einen sozialen, gesellschaftlichen, wenn nicht sogar politischen Auftrag, für Kinder und für Kolleginnen und Kollegen da zu sein.
Kannst du dir vorstellen, den Job zu wechseln, sollte sich nichts ändern?
Nein. Ich hatte mit knapp vierzehn Jahren beim Handballaktionstag in der Hauptschule ein „Erweckungserlebnis“. Ich durfte damals Volksschulkinder durch eine sportliche Veranstaltung führen. Schon damals brannte sich in mein Hirn und Herz ein, immer mit Menschen arbeiten zu wollen. So wurde ich Kindergarten- und Hortpädagoge und schließlich Personalvertreter und Gewerkschafter. Egal, wie schwer es ist: Ich halte es, für einen sozialen, gesellschaftlichen, wenn nicht sogar politischen Auftrag, für Kinder und für Kolleginnen und Kollegen da zu sein. Nur so kann Demokratie weitergehen. Erwiesenermaßen finden wir im Alter zwischen drei und sechs Jahren vom ICH zum WIR. Was gibt es Schöneres, als immer wieder dabei zu sein und mit einen Grundstein für die Zukunft eines Kindes zu legen? Wir sind oftmals der erste Berührungspunkt außerhalb der Familie mit der Gesellschaft.
Hat sich in den letzten Jahren etwas verbessert?
Gerade in der Steiermark bzw. in meinem Wirkungskreis der Stadt Graz ist in den letzten Monaten irrsinnig viel weitergegangen. Es sind kleine Schritte, aber wenn wir damit kontinuierlich weitermachen, sehe ich ein Licht am Ende des Tunnels. Man darf hier tatsächlich nicht vergessen, dass wir neun verschiedene Gesetze und Handlungsspielräume in den verschiedenen Bundesländern haben. Auch das ist eine Baustelle. Mit dem Neuen Bildungs- und Betreuungsgesetz der Steiermark und dem einheitlich besseren Besoldungsschema sind hier jahrelange Forderungen der Gewerkschaft umgesetzt worden. Sukzessive Reduktionen der Gruppengrößen, Ausbildungsoffensiven im pädagogischen Bereich und auch Leitungsfreistellungen sollen nicht unerwähnt bleiben. Hier müssen wir weiterhin Menschen und Politik in die Pflicht nehmen. So funktioniert Sozialpartnerschaft! Nur so kann es weitergehen – gemeinsam.“