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Nachhaltigkeit
Tag der Umwelt: Billigware kommt teuer
Transport, Produktion, Verkauf: Überall sparen Konzerne, um so billig wie möglich zu produzieren. Die Rechnung für schnellen Konsum zahlen Mensch und Planet
Ein Paar Damenschuhe um zehn Euro, Versand kostenlos. Der Schnitt war gerade erst auf den Laufstegen großer Modehäuser zu sehen, wenige Wochen später ist die Kunststoffkopie bereits im Online-Shop diverser Bekleidungsriesen zu finden. Unglaublich, dass das nur zehn Euro kostet. Es ist nicht nur unglaublich – es ist unmöglich, denn der Verkaufspreis gibt nur einen Bruchteil, der echten gesellschaftlichen Kosten wieder.
So ein Preis kommt nur durch Ausbeutung und verlagerte Kosten zustande. Eine kurze
Spurensuche zeigt, wer wirklich bezahlt:
Gut betucht: Die „billige“ Kunststofffaser
In den meisten Fällen handelt es sich bei dem klassischen „Fast Fashion“ -Teil um ein Produkt aus Kunstfaser, wie zum Beispiel Polyester oder Nylon. Diese Fasern werden aus Erdöl gewonnen, eine knappe Ressource, deren Gewinnung, Verarbeitung und Verbreitung enorm umweltschädlich ist. Der Anteil der Stoffe, die synthetisch, also aus Kunststoff gewonnen werden, steigt immer weiter an. Das bekommen auch die Ozeane zu spüren: Ein Drittel der Mikroplastik-Teilchen, die ins Meer gelangen, sind Fasern, die sich in der Waschmaschine von Kunststoffbekleidung lösen (Quelle: Greenpeace).
Verarbeitung: Solidarität unerwünscht
Die schöne Kunstfaser muss nun auch gefärbt werden, dabei werden im Schnitt für ein einziges T-Shirt 16 bis 20 Liter Wasser aufgewendet. Sobald der Stoff in der neuesten Trendfarbe strahlt, geht es auch schon ans Nähen. Die Näher:innen, meistens junge Frauen, arbeiten regelmäßig über die gesetzliche Arbeitszeit hinaus, 60 bis 70 Stunden Wochen sind die Norm. „Wenn Arbeiter:innen sich gewerkschaftlich organisieren wollen, werden sie auf die schwarze Liste gesetzt“, erzählt Nazma Akter, eine Gewerkschafterin aus Bangladesch, im Gespräch mit dem ÖGB.
Rana Plaza: Menschenrechte sind unbezahlbar
Wir erinnern uns an die Katastrophe der Rana-Plaza-Textilfabrik, als auf einen Schlag 1.100 Textilarbeiter:innen ihr Leben verloren. Namhafte Textilhersteller ließen unter widrigsten Bedingungen in der Fabrik ihre T-Shirts nähen, bis das baufällige Gebäude am 23. April 2013 tragischerweise kollabierte. Aber Rana Plaza ist kein Einzelfall. Unzählige Produkte, die wir hier in Europa konsumieren, werden fern ausgelagert produziert, mit schweren Abstrichen im Arbeitnehmer:innenschutz. Um die T-Shirts so billig wie möglich herzustellen, werden die Kosten bei denen gedrückt, die sich am wenigsten wehren können: bei armen Menschen, bei ihrer Sicherheit, bei ihren Arbeitsbedingungen.
Transport: Keine leeren Kilometer
Die Ausbeutung hört aber nicht bei der Produktion der Waren auf. Konzerne schicken ihre Waren oft über den halben Kontinent, meistens per Schiff, aber auch per Flugzeug. Von den Häfen zu uns kommen die Waren in der Regel über LKWs. Hier wird wieder am Menschen gespart, um den Preis niedrig zu halten.
Es gibt nämlich einen akuten Mangel an Berufslenkerinnen und -lenkern. Anstatt, dass Unternehmen jedoch dem Mangel von Kraftfahrerinnen und -fahrern mit höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen begegnen, werden stattdessen illegal Nicht-EU-Bürger:innen angestellt, die auf legalem Weg keine Möglichkeit haben, bessere Arbeitsbedingungen einzuklagen. Die Unternehmen besitzen massige Kapazitäten an Kraftfahrzeugen, die auch ausgelastet werden müssen, wenn sie mit dem Preisdruck nach unten mithalten wollen.
Nutze deine Stimme für mehr Gerechtigkeit
Als einzelne Konsumentin kann man sich diesen Konzernen kaum entgegenstellen. Nachhaltiger Konsum muss daher auf gesetzlichem Weg zur Norm werden. Erfreulicherweise gibt es, was das angeht, gute Neuigkeiten aus Brüssel: Das kürzlich beschlossene Lieferkettengesetz der EU ist ein erster wichtiger Schritt, um diese Verhältnisse zu begradigen. Demnach sind Unternehmen ab einer gewissen Größe verpflichtet, auf die Arbeits- und Klimaschutzbedingungen ihrer Zulieferer zu achten.
In seiner aktuellen Form ist das Gesetz jedoch noch zu schwach, es muss dringend nachgeschärft werden: Das Gesetz wird nämlich erst bei Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeiter:innen und einem Jahresumsatz von 450 Millionen Euro schlagend. Nach den kommenden EU-Wahlen wird es am neu gewählten Parlament liegen, schärfere Regelungen zu beschließen. Wer diesen Prozess mitgestalten möchte, muss am 9. Juni seine Stimme nutzen!