Pensionen
Sind die Pensionen sicher?
Fünf Gründe, warum das Pensionssystem auf stabilen Beinen steht.
Die Jungen werden später einmal keine Pension mehr bekommen. Die Sozialversicherung ist mehr oder weniger pleite. Private Versicherer können besser wirtschaften als der Staat – Mythen und Märchen, die man in den Medien so oft findet, dass man fast schon selbst daran glaubt. Der ÖGB erklärt, welche Wahrheiten hinter den Pensionsmärchen stecken.
Mythos Nr. 1: "Der Staat kann nicht wirtschaften, deshalb sind nur private Pensionen sicher"
Wahrheit: Die Pensionsversicherung arbeitet wirtschaftlich
Die gesetzliche Pensionsversicherung kann sehr gut wirtschaften: Sie schafft es, gerade einmal ein Prozent der Beiträge für den Verwaltungsaufwand zu verbrauchen. Der Vergleich macht sicher: Bei den privaten Versicherern gehen bis zu 30 Prozent, also fast ein Drittel, für Verwaltungskosten, Werbung, Vertrieb, Inserate … drauf. Und nicht zuletzt wollen sie auch noch Gewinn erwirtschaften.
Wahrheit: Die privaten Pensionen sind nicht sicher
Viele Menschen, die eine Firmenpension bekommen, haben das in den vergangenen Jahren schmerzhaft erfahren müssen. Betriebspensionen mussten seit 2008 mehrfach gekürzt werden. Denn das Geld, das für die Privat- und Firmenpensionen veranlagt wird, bringt weniger Zinsen ein, als für die ursprünglich versprochenen Pensionen notwendig gewesen wäre. Niemand kann vorhersagen, ob sich die Wirtschaft und die Aktienmärkte so gut entwickeln werden, dass nach dreißig oder vierzig Jahren genug Geld vorhanden sein wird, um davon Pensionen auszuzahlen.
Wahrheit: Sicherheit bietet nur die gesetzliche Pension
Die heutige Generation finanziert mit ihren Beiträgen nicht ihre eigene Altersversorgung, sondern diejenige ihrer Eltern und Großeltern. Das ist der Generationenvertrag. Die Pensionsbeiträge werden also nicht angespart, somit können sie auch nicht verspekuliert werden, und sie können nicht weniger Zinsertrag einbringen als erwartet. Das Geld, das in private Pensionen investiert wird, ist hohen Risken ausgesetzt. Für gesetzliche Pensionen gibt es diese Risken nicht.
Wahrheit: Nur gesetzliche Pension bietet sozialen Ausgleich
Nicht nur Wirtschaftskrisen und Kursschwankungen an den Börsen gefährden die Privatpensionen, sondern noch etwas anderes: dass man sich die Beiträge dafür auf einmal nicht mehr leisten kann, weil man zum Beispiel arbeitslos wird oder krank. Die gesetzliche Pension hat hingegen auch eine soziale Komponente: Man bleibt auch während Krankheit, Arbeitslosigkeit oder der Kindererziehungszeiten pensionsversichert. Und nicht zuletzt gibt es die Ausgleichszulage, also so etwas wie eine "Mindestpension".
Mythos Nr. 2: "Eine Pensionsautomatik macht die Pensionen sicher und berechenbar"
Die "Agenda Austria", eine von der Industrie gesponserte neoliberale "Denkfabrik", hat immer wieder verkündet, dass Österreich eine Pensionsautomatik brauche. Also zum Beispiel, dass ein Computer die von jemandem eingezahlten Beiträge durch die statistische Lebenserwartung dividiert, und dann kommt die monatliche Pension heraus.
Wahrheit: Pensionsautomatik ist Umverteilung in die falsche Richtung
Eine automatische Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters würde bedeuten, dass die Altersarbeitslosigkeit weiter in die Höhe schießt. Außerdem wäre jede Form der Pensionsautomatik eine Umverteilung von unten nach oben, denn die Lebenserwartung ist je nach Einkommen sehr unterschiedlich. Schlechte Jobs machen nämlich krank – und senken die Lebenserwartung. Die Entscheidungsgewalt über das Pensionssystem muss daher bei PolitikerInnen bleiben, die sich vor ihren WählerInnen verantworten müssen – und darf nicht an StatistikerInnen und ihre Computer abgegeben werden.
Wahrheit: Die wenigsten können länger arbeiten, wenn sie mehr Pension wollen
Durch die Automatik wisse man, wie viel Pension man zu erwarten hätte, wird behauptet. Wer mehr Geld wolle, solle ganz einfach später in Pension gehen, meint man bei "Agenda Austria". Das Problem dabei: Nur die allerwenigsten Arbeitnehmer:innen können es sich aussuchen, ob sie ein paar Jahre länger arbeiten. Manche Firmen versuchen alles Mögliche, um ältere Beschäftigte loszuwerden. Und manche Jobs sind so belastend für die Gesundheit, dass es kaum möglich ist, sie bis zum Regelpensionsalter durchzuhalten.
Mythos Nr. 3: "Die Pensionen sind nicht mehr finanzierbar"
In regelmäßigen Abständen wird von neoliberalen Kräften vorgebracht und von diversen Medien übernommen, dass die öffentlichen Pensionen in Zukunft nicht mehr finanzierbar sind und Kürzungen im Pensionssystem unvermeidbar bzw. eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters auf beispielsweise 67 Jahre notwendig ist.
Wahrheit: Das Pensionsantrittsalter steigt laufend
Viel relevanter als das gesetzliche Pensionsantrittsalter ist, wann die Menschen tatsächlich in Pension gehen (faktisches Pensionsantrittsalter) und da geht die Kurve deutlich nach oben. Das durchschnittliche faktische Pensionsantrittsalter ist zwischen 2000 und 2023 bei Männern von 58,5 auf 62,2 und bei Frauen von 56,8 auf 60,2 Jahre gestiegen. Allein in den letzten 10 Jahren betrug der Anstieg somit sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen mehr als 2,5 Jahre.
Wahrheit: Alles zusammengerechnet, steigen die Aufwendungen nur moderat
Die Europäische Kommission veröffentlicht im Drei-Jahres-Abstand den sogenannten Ageing Report. Österreich hat im letzten Jahrzehnt für das öffentliche Pensionssystem inklusive der Beamtenpensionen jährlich etwas weniger als 14 Prozent des BIP aufgewendet. Laut dem EU Ageing Report 2024 werden die Aufwendungen bis 2070, gemessen am BIP, nur sehr moderat auf 14 % ansteigen, obwohl sich die Altersstruktur- mit wesentlich mehr älteren Menschen - verschieben wird. Die langfristige Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems ist laut diesen Daten somit in keiner Weise gefährdet.
Wahrheit: Das sind die Tricks, um eine angebliche Unfinanzierbarkeit unseres öffentlichen Pensionssystems darzustellen
Um eine angebliche Unfinanzierbarkeit unseres öffentlichen Pensionssystems darzustellen, gibt es zwei beliebte Tricks : Einerseits wird die Ausgabenentwicklung in Euro-Beträgen anstatt in Anteilen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) dargestellt und andererseits nur die Kostensteigerung der gesetzlichen Pensionsversicherung (Pensionen der ehemaligen Arbeitnehmer:innen, Selbständigen und Bauern) aufgezeigt und dabei ausgeblendet, dass sich gleichzeitig die Aufwendungen im Bereich der Beamtenpensionen deutlich reduzieren werden.
Werden Entwicklungen über lange Zeiträume in Eurobeträgen dargestellt, dann wird eine Dynamik suggeriert, die es gar nicht gibt. Allein durch die Inflation wachsen Eurobeträge über lange Zeiträume erheblich, ohne dass sich notwendigerweise real irgendetwas ändert. Außerdem werden wesentliche Aspekt wie das Produktivitätswachstum ignoriert. Wenn man also über viele Jahre eine Entwicklung in Absolutbeträgen darstellt, dann entsteht zwangsläufig der Eindruck, dass es zu einem massiven Anstieg der Ausgaben kommt, auch wenn der Anteil der Aufwendungen oder der Beitrag des Staates zum öffentlichen Pensionssystem im Verhältnis zum BIP nahezu gleichbleiben und somit überhaupt kein Grund zur Beunruhigung besteht.
Wenn man nur die Ausgabensteigerung im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung zeigt, dann werden nicht nur die Auswirkungen der Reformen in den Beamtensystemen völlig ausgeblendet, sondern auch bloße Ausgabenverschiebungen fälschlicherweise als Ausgabensteigerungen dargestellt. Es wird also eine Ausgabendynamik suggeriert, die es so gar nicht gibt. Aussagekräftig ist daher nur eine Gesamtbetrachtung der gesamten Alterssicherung (gesetzliche Pensionsversicherung und Beamtenpensionen) wie im Ageing Report der Europäischen Kommission, der erst kürzlich wieder präsentiert wurde.. Laut dem Report 2024 werden die Aufwendungen für das österreichische öffentliche Pensionssystem von 13,7 % des BIP im Jahr 2022 auf 14 % im Jahr 2070 ansteigen und somit äußerst moderat. Trotz einer erheblichen Verschiebung der Altersstruktur hin zu einer älteren Bevölkerung bleibt die langfristige Finanzierbarkeit des Systems laut diesen Daten somit stabil. Es ist eine Tatsache, dass in einer alternden Gesellschaft künftig mehr Mittel für die Alterssicherung bereitgestellt werden müssen. Der Bericht zeigt aber, dass Österreich auf die Herausforderung einer alternden Gesellschaft gut vorbereitet ist und das österreichische Pensionssystem gut dasteht.
Neoliberale Kräfte, die nicht aufhören , das öffentliche Pensionssystem als unfinanzierbar darzustellen, fokussieren sich oft ausschließlich auf die Kostensteigerung der gesetzlichen Pensionsversicherung und ignorieren die sinkenden Aufwendungen bei den Beamtenpensionen. Sinnvoll ist aber nur eine Gesamtbetrachtung der Alterssicherung und somit gesetzliche Pensionsversicherung und Beamtenpensionen gemeinsam, wie sie im EU Ageing Report erfolgt. Es steigen zwar die Kosten für die gesetzliche Pensionsversicherung, aber die Aufwendungen für die Beamtenpensionen nehmen deutlich ab.
Wahrheit: Beschäftigung ist der Kernpunkt zur Sicherung des Pensionssystems
Wir brauchen mehr Chancen für ältere Arbeitslose und/oder gesundheitlich beeinträchtige Menschen, denn die Beschäftigungsquote ist einer der wesentlichen Kernpunkte für die nachhaltige langfristige Absicherung des Umlage-Pensionssystems. Solange es nicht mehr Chancen für ältere Arbeitslose und/oder gesundheitlich beeinträchtige Menschen gibt, hat es keinen Sinn, über eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters zu diskutieren, die die Zahl der Arbeitslosen in die Höhe treiben.
Mythos Nr. 4: "Es ist ein großer Nachteil für Frauen, dass sie früher in Pension gehen dürfen."
Immer wieder wird gefordert, das gesetzliche Pensionsantrittsalter der Frauen (derzeit 60,5 Jahre) schneller an das der Männer (65 Jahre) anzugleichen. Die einen wollen das, weil sie die Männer dadurch benachteiligt sehen. Die anderen hingegen sehen einen Nachteil für die Frauen, der endlich beseitigt gehört: Frauen, die gerne länger arbeiten möchten, so wird argumentiert, könnten dies nicht aufgrund ihres früheren Pensionsantrittsalters. Und Frauen mit 50 Jahren würden nicht mehr befördert – früherer Pensionsantritt als Karrierehindernis.
Wahrheit: Das Frauenpensionsalter wird ohnehin angeglichen
Bereits seit 2024 wird die reguläre Alterspensionsgrenze von Frauen in Halbjahresschritten angehoben..
Wahrheit: Frauen gehen nicht viel früher in Pension als Männer
Auf dem Papier, beim gesetzlichen Antrittsalter, liegen Frauen und Männer um fünf Jahre auseinander. Beim tatsächlichen Antrittsalter ist der Unterschied schon heute viel geringer: Frauen gehen mit durchschnittlich 60,2 Jahren in Pension, Männer mit 62,2 Jahren (2023). Außerdem ist es für Frauen nicht verboten, länger als bis 60 zu arbeiten: Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass die Kündigung einer Frau aufgrund ihres früheren Pensionsalters eine Diskriminierung darstellt und vor Gericht angefochten werden kann.
Wahrheit: Später in Pension gehen heißt nicht länger arbeiten
Gerade Ältere werden von manchen Unternehmen bei der erstbesten Gelegenheit auf die Straße gesetzt. Für ältere Arbeitslose und/oder gesundheitlich beeinträchtige Menschen ist es dann nach wie vor schwierig, einen neuen Job zu bekommen. Eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters würde daher für viele Menschen nur bedeuten, dass sie einfach länger arbeitslos sind.
Wahrheit: Frauenpensionen steigen, wenn die Arbeitsbedingungen besser werden
Die Hauptgründe dafür, dass die Frauenpensionen deutlich niedriger als jene der Männer sind: Frauen bekommen weniger Lohn/Gehalt, und sie sind oft zu Teilzeitarbeit gezwungen. Weil die Kinderbetreuung bei ihnen hängen bleibt und weil viele Firmen nur Teilzeitjobs anbieten. Gleichstellungspolitik muss also bei den Arbeits- und Lohnbedingungen ansetzen, muss dafür sorgen, dass auch am Land genug ganztägige Kindergartenplätze vorhanden sind, …
Mythos Nr. 5: „Wer früher in Pension geht, soll hohe Abschläge zahlen: Dann arbeiten die Menschen länger.“
„Die Leute gehen bei der erstbesten Gelegenheit, die sich bietet, in Pension. Warum auch nicht, denn wenn sie länger arbeiten, haben sie ja nichts davon“, heißt es immer. Und die Lösung, die dann in den Raum gestellt wird: höhere Pensionen für diejenigen, die länger bleiben, und deftige Pensionskürzungen für alle, die vor dem gesetzlichen Pensionsalter (Regelpensionsalter) in den Ruhestand wechseln wollen.
Wahrheit: Nicht alle gehen freiwillig in Pension
Viele gehen nicht aus dem Arbeitsleben in Alters- oder Invaliditätspension, sondern aus Arbeitslosigkeit oder Krankenstand. Dürften die Betroffenen nicht in Pension gehen, wären sie länger arbeitslos bzw. im Krankenstand. Und wer arbeitslos ist, wird von höheren Abschlägen auch nicht vom Pensionsantritt abgehalten.
Wahrheit: Abschläge gibt es längst – und zwar nicht zu knapp
Abschläge für vorzeitigen Pensionsantritt zu verlangen ist lächerlich – es gibt sie schon längst. Je nach Pensionsart muss mit 4,2 bis 5,1 Prozent Abschlag pro Jahr gerechnet werden, und sogar bei der Schwerarbeitspension muss man auf 1,8 Prozent der Pensionshöhe verzichten – pro Jahr, das man früher in Pension geht.